Der Eiffelturm in der oberen rechten Ecke des Covers weist
den Leser schon beim ersten Betrachten des Buchs darauf hin, dass der Roman ihn
beim Lesen nach Paris entführen wird, denn hier lebt Vernon Subutex,
Protagonist und Titelgeber des gleichnamigen Buchs von Virginie Despentes.
Vernon hat mit seinem Plattenladen selbst erlebt wie es ist beliebt und bekannt,
„ganz oben“ zu sein, jetzt findet er sich gesellschaftlich gesehen ganz unten
am Rand der Gesellschaft, synonym dargestellt auf dem Titel durch den Einblick
in den U-Bahn-Schacht. Sein Name ist von der Autorin bewusst satirisch gemeint,
Subutex ist die Bezeichnung einer Ersatzdroge in Frankreich.
Der Vorname der Autorin ist auf dem Umschlag nicht zu finden.
Sie hat selbst ein ereignisreiches Leben geführt und Einblicke in die
unterschiedlichsten sozialen Schichten gewonnen, mit ihren Werken im Film und
im Buch hat sie vielfach schockiert und Diskussionen ausgelöst, gleichzeitig
wurde sie auch dafür ausgezeichnet. Ihr Nachname steht für Kontroversen, wie
auch die Farbgebung und deren Anordnung auf dem Cover.
Vernon hat mehr als zwanzig Jahre als Verkäufer im Schallplattenladen
in Paris gestanden, zunächst als Angestellter später dann als Besitzer, bis er
aufgrund der zu geringen Umsätze schließen mußte. Das ist schon ein paar Jahre
her und zuerst hat er noch durch den Verkauf von Restbeständen gelebt. Alex
Bleach, Rockstar und sein guter Freund, hat ihm seit geraumer Zeit seine Miete
bezahlt, doch jetzt ist er tot. In der Wohnung von Vernon hat er ein letztes
Interview aufgenommen. Die Kassetten sind Vernons größtes Vermögen. Er nimmt
sie mit als er seine Wohnung aufgrund des Mietrückstands räumen muss. Auf die
Idee sich eine anderweitige bezahlte Arbeit zu suchen kommt er nicht, lediglich
ein Dach über dem Kopf soll es sein. Daher nimmt er reihum, meist über
facebook, Kontakt zu Freunden und Bekannten auf, die er hauptsächlich aus
seiner Zeit als Plattenverkäufer kennt.
Mit Wehmut denkt er an den Tod einiger seiner besten Freunde
und stellt fest, dass diejenigen, die ihm Obdach gewähren, sich im Laufe der
Zeit geändert haben und wie er findet, nicht immer zu ihrem Vorteil. Für jeden
hat er eine kleine erfundene Geschichte bereit, warum er eine Unterkunft sucht.
Virginie Despentes bietet dem Leser eine bunte Mischung von Charakteren an, die
insgesamt die französische Gesellschaft gut abbilden. Dazu verlässt die Autorin
den Handlungsstrang über ihren Protagonisten und wendet sich dem Leben der
entsprechenden Person zu. Sex, Alkohol, Drogen und natürlich Musik, über die
sie die Verbindung zu Vernon meist hergestellt, sind fast in jeder Beschreibung
der Figuren mehr oder weniger zu finden. Es ist oft eine rauhe, ungeschliffene
Sprache die sie benutzt und die den Figuren Authentizität verleiht. Themen wie
beispielweise Vor- und Nachteile der zunehmenden Digitalisierung, häusliche
Gewalt und Ängsten vorm Älterwerden flechtet sie in die Hintergrunderzählungen
ihrer Charaktere ein.
Virginie Despentes hat mit Vernon Subutex einen Charakter
kreiert, der sich selbst noch nicht aufgegeben hat, aber im Laufe des Romans
tief in der gesellschaftlichen Anerkennung sinkt. Glücklicherweise geht seine
Geschichte weiter und ich bin sehr gespannt darauf, ob mit Hilfe seiner Freunde
ein sozialer Aufstieg für ihn möglich ist und ob er diesen überhaupt will.
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Titel: Das Leben des Vernon Subutex (1. von 3. Bänden)
Autorin: Virginie Despentes
Übersetzerin: Claudia Steinitz
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen