Meine unten stehende Rezension wurde zur "Rezension des Monats Mai 2018" von der Lesejury (www.lesejury.de) gewählt. Das macht mich sehr stolz. Vielen Dank dafür.
Hinter dem kurzen schlichten Titel des Romans „Der Zopf“
verbirgt sich eine fulminante Erzählung. Das Buch ist das Debüt der Französin
Laetitia Colombani. So wie man zum Flechten eines Zopfs drei Stränge benötigt verwebt
sie in der Handlung geschickt die Geschichte von drei Frauen, die auf drei verschiedenen
Kontinenten leben. Kurz innehalten ließ mich die Autorin beim Lesen einer
Ballade, die das Knüpfen einer Perücke beschreibt und deren Strophen das
Geschehen immer wieder unterbrechen.
Die erst 20-jährige Guilia ist die Tochter des letzten
Perückenfabrikanten Siziliens. Als ihr Vater nach einem Unfall bewusstlos im
Krankenhaus liegt, übernimmt sie die Führung des Unternehmens und stellt schon
bald fest, dass die Firma kurz vor dem Konkurs steht, weil die benötigten Haare
aus Italien für die Produktion nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen. Sarah
ist 40 Jahre alt und eine erfolgreiche Anwältin, die im kanadischen Montreal
lebt und neben ihrem Vollzeitjob ihre drei Kinder alleine großzieht. Eine
schwere Krankheit schwächt sie, die Therapie zur Genesung lässt ihre Haare
ausfallen. Eine Echthaarperücke würde ihr Aussehen verbessern und dadurch ein
wenig ihres Selbstwertgefühls zurückgeben. Die Inderin Smita zählt in ihrem
Land zu den Dalit. Sie ist Schmutzsammlerin wie bereits Generationen vor ihr. Ihr
größter Wunsch ist es, dass ihre Tochter es einmal besser haben soll wie sie.
Dazu ist sie bereit ihr Haar dem Gott Vishnu, den sie verehrt, zu opfern.
Der Roman spielt in der Gegenwart und ist schnörkellos geschrieben,
mit spürbarem Ausdruck. Durch den Wechsel zwischen den drei Perspektiven
entstanden kleine Cliffhanger die mich zum schnellen Weiterlesen verführten. Jeder
der drei Frauen möchte ihren eigenen Traum von einem selbstbestimmten Leben verwirklichen,
dazu kämpft jede ihren eigenen Kampf. So sehr die Geschichten sich auch
unterscheiden mögen, so ähneln sie sich doch darin, dass die Erfüllung jedes Traums
von gesellschaftliche Erwartungen aufgehalten wird.
Am meisten hat mich die Stigmatisierung Smitas als Dalit
berührt und ihr Mut dazu, dem für sie und ihren Nachfahren vorgesehenen Leben zu
entkommen. Der Weg dahin ist steinig und mit sehr viel Hoffnung verbunden, aber
auch ohne über den Ausgang Gewissheit zu haben. Guilia ist eingebunden in die
Traditionen ihrer Familie und der Branche, ihre gesamte Familie ist vom Erfolg
des Unternehmens abhängig. Ihr Wagnis und das Risiko neue Wege zu gehen, sind
beeindruckend und führen sie weg von der Alternative einer Heirat mit einem
begüterten Mann. Sarahs Traum ist es, zum Partner in der Kanzlei aufzusteigen, die Anforderungen dazu
sind hoch. Die Krankheit bringt ihr eine unwillkommene Auszeit, die jedoch dazu
führt, ihren Wunsch zu überdenken, ihre Chancen abzuschätzen, weitere
Möglichkeiten zu erkennen und bewundernswerterweise mit neuer Energie und Courage
ihr Leben neu auszurichten.
„Der Zopf“ ist ein tief bewegender, ergreifender Roman, der
einen Ausschnitt aus dem Leben dreier Frauen einfängt. Sie zeigen Kraft und
Entschlossenheit von ihrem Lebensweg abzuweichen, um ihre Ziele zu verwirklichen.
Gerne vergebe ich hierzu eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Hannas Rezension zum Roman -> KLICK
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Titel: Der Zopf
Autorin: Laetitia Colombani
Erscheinungsdatum: 21.03.2018
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen