„Von dieser Welt“ ist der erste Roman des vor etwa 30 Jahren
verstorbenen US-Amerikaners James Baldwin. Die Erzählung wurde 1953 zum ersten
Mal veröffentlicht und ist inzwischen ein Klassiker der Weltliteratur. Jetzt
wurde sie neu ins Deutsche übersetzt von Miriam Mandelkow mit einem Vorwort von
Verena Lueken.
Die Geschichte trägt deutliche autobiographische Züge. James
Baldwin verarbeitet darin, ungefähr fünfzehn Jahre später, die Ereignisse an
dem Tag und der folgenden Nacht als er 14 Jahre alt wurde. Seinen Protagonisten
nennt er John Grimes, der so wie er in Harlem/New York der 1930er heranwächst. Dessen
Vater Gabriel verdient als Arbeiter gerade so viel um die Familie zu ernähren,
doch er ist ein streng gläubiger Laienprediger der Baptistengemeinde. Sein
Verhältnis zu den Weißen ist wie bei den meisten Schwarzen in Harlem von Hass
genährt. Elizabeth, die Mutter von John, ist verantwortlich für Haushalt und
Familie. Am Tag seines Geburtstags wird Johns jüngerer Bruder Roy auf der West
Side bei einem Streit mit weißen Jugendlichen von einem Messer schwer verletzt.
Zunächst fragt sich John warum Roy in der Gunst des Vaters
höher steht als er selbst und wieso Gabriel seine Frau wegen der angeblichen Vernachlässigung
ihrer Aufsichtspflicht so drohend zur Rechenschaft zieht. Der folgende Teil des
Romans lässt den Leser auf die Vergangenheit von Gabriels älterer Schwester
Florence, von Gabriel und von Elisabeth zurück blicken, deckt Geheimnisse in
der Familie auf und klärt dadurch viele Zusammenhänge.
Dieser eine Tag hat das Leben von John grundlegend geändert.
Er ist wohlbehütet aufgewachsen und zum Glauben und zur Gottesfurcht angehalten
worden. Sein Vater ist ein glühender Anhänger seiner Religion. Bei jedem Verhalten
gegen die von den Eltern gesetzten Regeln und Grenzen bleibt es meist nicht
beim Tadel, sondern Gabriel prügelt seine Kinder. Der pubertierende John setzt
sich unweigerlich mit Recht und Unrecht auseinander. John sieht seinen Vater als
Prediger im Auftrag der Kirche und deren Grundwerte vertretend. Seine
Auflehnung gegen ihn bringt gleichzeitig eine in Fragestellung seines Glaubens
mit sich. Währenddessen erlebt er täglich, dass sich die meisten Weißen
überlegen geben in vielen Dingen. Die Schwarzen suchen Trost in ihrer Religion,
die sie in der Gemeinschaft stark macht. Ohne die gebrochenen Lebenswegen
seiner Eltern und seiner Tante zu kennen hat die bedeutende Nacht seines
Geburtstags, die er in der Kirche im Kreis der Gemeinde verbringt, nachhaltigen
Einfluss auf seine Gedankenwelt und seine Zukunft.
Unter der Voraussetzung, dass das Leben von James Baldwin
dem von John sehr ähnlich ist, lässt sich feststellen, dass der Autor nicht zögert,
die ihn bewegenden Gedanken durch seinen Protagonisten auszusprechen. Aus der
Distanz vieler Jahre blickt er zurück auf seine Jugend und sucht sein Verhalten
in dieser Zeit und sein Verhältnis zu seinen Eltern, vor allem zu seinem Vater,
vor dem Hintergrund der Rassismus und der Glaubenstreue zu erklären. Es ist
eine Auseinandersetzung mit an den ihn gestellten Erwartungen, die mit der
Einnahme gewisser Rollen verbunden ist. Baldwins Roman bleibt jedoch nicht nur
auf den Protagonisten bezogen, sondern erzählt gleichzeitig so viel mehr mit
der exemplarischen Geschichte einer schwarzen Familie in den USA beginnend mit
der Abschaffung der Sklaverei.
„Von dieser Welt“ ist mit so viel Ausdruck geschrieben, dass
man die eigenen Gefühle des Autors zwischen den Zeilen zu spüren glaubt, seine
Ohnmacht sich gegen die gegebene Ordnung zu stellen und seine Hoffnung, einen
anderen Weg im Leben zu finden als sein von ihm gehasster Vater und dabei
authentisch zu bleiben. Der Roman ist intensiv, ergreifend, aufwühlend und
bleibt in Erinnerung.
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Titel: Von dieser Welt
Autor: James Baldwin
Übersetzerin: Miriam Mandelkow
Erscheinungsdatum: 28.02.2018
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen