„Lovecraft Country“ ist ein Roman des US-Amerikaners Matt
Ruff, der in den 1950ern spielt und Elemente der Phantastik enthält. Er ist
benannt nach einem Landstrich in Massachusetts/USA, den sich Howard Phillips
Lovecraft ausgedacht und viele seiner Horrorgeschichten dort angesiedelt hat.
Der Ort Ardham liegt in dieser Gegend. Bereits die Titelgestaltung führte mich
dorthin, denn ebenda gibt es ein Haus auf einem Hügel, das schon mal gebrannt
hat und von einem Vorfahren des schwarzen Protagonisten Atticus Turner Ende des 18.
Jahrhunderts erbaut wurde. Zu Beginn der Erzählung treffen sich hier die
Logenmitglieder des Adamitischen Ordens von der Alten Morgenröte, allesamt
Weiße. Atticus gehört keinesfalls zu dieser Loge, soll ihnen aber als Mittel
zum Zweck dienen. Im unteren Bereich ist das Cover so düster gestaltet wie die
Grundstimmung im Roman und zwar nicht nur wegen dem schaurigen Inhalt sondern
auch wegen des vorherrschenden Rassismus.
Atticus Turner, 22 Jahre alt, hat in Jacksonville/Florida
gearbeitet und fährt aufgrund eines Briefs seines Vaters in seine Heimat nach
Chicago. Dort erzählt ihm sein Onkel George, dass sein Vater Montrose auf dem
Weg ist, ein Geheimnis um ein Geburtsrecht von Atticus zu lüften. Das Ziel von
Montrose war Ardham und er ist mit einem Weißen gemeinsam gereist. Atticus ist
so beunruhigt, dass er beschließt seinen Vater zu suchen. George, der sich mit
Reisen sehr gut auskennt, weil er einen Reiseführer verlegt, in dem Unterkünfte
und Gaststätten aufgelistet sind, in denen Schwarze mit weniger Ressentiments
zu rechnen haben, begleitet ihn. Außerdem schließt sich ihnen Letitia Dandridge
an, die unterwegs ihren Bruder besuchen möchte. Sie ist nur ein Jahr jünger als
Atticus und mit ihm von Kind an befreundet.
Nicht nur in Ardham, sondern in allen folgenden sieben
Kapiteln und dem Epilog geschehen phantastische, beunruhigende, horrende
Geschichten in denen immer ein Familienmitglied von Atticus oder Letitia im
Mittelpunkt steht. Als Gegenspieler begegnet man in fast jeder Erzählung dem
jungen weißen Caleb Braithwhite und der Loge, die die Weltherrschaft an sich
ziehen möchten. Matt Ruff verbindet auf überzeugende Weise eine lebhafte
Fantasie mit der Realität der Schwarzen im Nordwesten der USA in den 1950ern.
Weil der Autor es liebt, mit Gegensätzen zu spielen, hat er sich ausgerechnet den
Landstrich Lovecrafts, der als Rassist bekannt ist, als Ort für einige seiner
schaurigen Handlungen ausgesucht. Während mir in jeder Geschichte die unterwerfende
Behandlung der Schwarzen bedrückend vor Augen geführt wurde, war ich
gleichzeitig gruselig fasziniert von Spuk, einer anderen Welt, der Möglichkeit
zur Gestaltänderung und den Machenschaften des Ordens.
Geschickt verknüpft der Autor die Begebenheiten der
einzelnen Kapitel miteinander und führt sie stringent zu einem großen Ganzen,
wobei der Spannungsbogen nicht abreißt und es kapitelweise immer wieder zu Highlights
kommt. Bis in die Nebenhandlungen hinein spinnt er die Schilderungen
unterhaltsam aus. Die Charaktere haben ihre eigenen kleinen Geheimnisse, die
sie geschickt vor ihren Verwandten und Freunden verbergen und die den Roman
teils auch einen amüsanten Touch geben.
Es ist ein riesiges Kopfkino, das Matt Ruff in seinem
abenteuerlichen Roman beim Lesen in Gang setzt. Er spielt auf vielen Seiten
meiner Gefühle und konnte mich so in seinen Bann ziehen. Sehr gerne vergebe ich
eine Leseempfehlung für dieses Buch, vor allem an Leser die das Ungewöhnliche
in Form von phantastischen Elementen mögen.
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Titel: Lovecraft Country
Autor: Matt Ruff
Übersetzer: Anna und Wolf Heinrich Leube
Erscheinungsdatum: 14.05.2018
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag (Leseexemplar)