Charlotte, genannt Charlie, ist 17 Jahre alt und wohnt in
Minneapolis/Minnesota in den USA. Sie ist „Das Mädchen in Scherben“ in dem
gleichnamigen Debütroman von Kathleen Glasgow. Der Titel auf dem Cover wirkt
blutigrot zerschnitten und spielt damit auf die Einschnitte an, die Charlie
sich meist an Armen und Oberschenkeln mit Glasscherben selber gesetzt, hat um förmlich
ihre Probleme raus zu schneiden. Der Schmerz übertönt ihre stummen Schreie nach
Hilfe und gleichzeitig werden Endorphine freigesetzt, die bei ihr ein
angenehmes Gefühl auslösen, das sie kurzfristig genießt. Doch nicht nur
äußerlich sind Narben zurück geblieben, die tief in Ihrem Inneren bleiben
unsichtbar.
Charlies Vater hat Selbstmord begangen als sie noch ein Kind
war, ihre beste Freundin hat sie verloren und ihre Mutter verletzt während sie
sich gegen deren Angriff gewehrt hat. Bei ihr wurden nicht suizidales
selbstverletzendes Verhalten, eine Impulskontrollstörung und eine
posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Verschiedene Medikamente,
die sie in den Vorjahren verschrieben bekommen hat, haben nicht die nötige
Wirkung gezeigt. Einige Monate hat sie ohne feste Unterkunft und von der Hand
in den Mund gelebt. Schließlich hat sie aufgrund ihrer desaströsen Situation
versucht sich umzubringen und wurde in Folge dessen auf der psychiatrischen
Station eines Krankenhauses eingewiesen. Nach dem Sozialrecht der USA kann sie
hier nur solange bleiben wir ihr Aufenthalt von jemandem bezahl wird. Während
ihres Aufenthalts meldet sich ein Freund bei ihr, der sie dazu einlädt
vorübergehend bei ihm in Tucson/Arizona zu wohnen, obwohl er selbst zunächst
nicht zu Hause sein wird. Charlie sieht darin ihre Chance. Wird es ihr
gelingen, ein von ihr gewünschtes eigenständiges Leben mit Wohnung, Job und
Freunden aufzubauen, ohne sich je wieder selber zu verletzen oder Suchtmittel
zu konsumieren?
Die Geschichte von Charlie geht unter die Haut, ihr
Schicksal hat mich betroffen gemacht. Um ihre Erzählung noch eindringlicher zu
gestalten, arbeitet Kathleen Glasgow mit dem Stilmittel der Hyperbel. Bereits
zu Beginn trifft ihre Protagonistin in
der Klink auf Jugendliche mit ähnlichen Erkrankungen. Sie stellt nicht nur
verschiedene Symptome heraus, sondern macht auch bewusst, dass es kein
Allheilmittel gibt. Im weiteren Verlauf ist das Glück auf Charlies Seite. Auf
ihrem neu eingeschlagenen Weg versucht sie, die Anweisungen und Ratschläge aus
der Klinik umzusetzen. Die Suche nach einem Job und nach einer eigenen Wohnung
beschreibt die Autorin durchaus glaubhaft. Die Menschen auf die sie in ihrem
Umfeld trifft haben allerdings durchweg psychische Probleme, was ich nicht
unbedingt realistisch, aber von der Einarbeitung in den Roman her interessant
fand. Die Handlungsweisen von Charlie versucht die Autorin zu begründen, obwohl
sie gerade in Bezug auf eine neue Liebesbeziehung nicht immer leicht
nachvollziehbar sind.
Kathleen Glasgow bringt im Roman mehrere Beispiele, warum
Jugendliche sich selbst verletzen oder Zuflucht in Alkohol und Drogen suchen.
Ihre Figur Charlie lässt sie einen möglichen Weg aus der Misere suchen. Der Roman ist mit so viel Einfühlungsvermögen geschrieben, dass die Vermutung der eigenen Erfahrung der Autorin nahe liegt. Depression, Drogen, Alkoholismus, Rauchen und Selbstmord sind Auswirkungen
davon, dass Menschen sich im Leben nicht zurecht finden, doch sie können mit professioneller
Hilfe überwunden werden. Die Autorin plädiert dafür, dass man sich nicht unterkriegen
lassen soll. Auch wenn ein Plan scheitert, wird es einen weiteren geben, den
man ausprobieren sollte. Dabei lernt man seine Fähigkeiten kennen und
vielleicht wird man wie im Falle von Charlie ein Talent an sich entdecken. Das
Buch ist für Jugendliche ab 14 Jahren gedacht. Gerade den jüngeren Lesern
empfehle ich mit Erwachsenen über den Inhalt zu sprechen.
„Mädchen in Scherben“ beschreibt intensiv das Desaster, in
jungen Jahren auf Abwege zu geraten. Obwohl Kathleen Glasgow nicht verschweigt,
dass Fehlschläge möglich sind, gibt sie ihrer Geschichte die Hoffnung mit, sein
Leben auch nach schrecklichen Erlebnissen wieder in den Griff bekommen zu
können. Der Roman ist ergreifend und bleibt in Erinnerung und daher vergebe ich
eine Leseempfehlung.
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Titel: Mädchen in Scherben
Autorin: Kathleen Glasgow
Übersetzerin: Yvonne Hergane
Erscheinungsdatum: 21.03.2018
Verlag: Fischer Kinder- und Jugendtaschenbuch ab 14 Jahren (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbrochur