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Sonntag, 24. Juni 2018

[Rezension Ingrid] Im Kreis treibt die Zeit von Sigrid Damm


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Titel: Im Kreis treibt die Zeit
Autorin: Sigrid Damm
Erscheinungsdatum: 12.03.2018
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
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Sigrid Damm wurde 1940 in der thüringischen Stadt Gotha geboren. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Jena, promovierte und schrieb später einige fiktionale Romane auf der Basis biographischer Daten über Personen der Weimarer Klassik, die große Beachtung fanden. In ihrem Buch „Im Kreis treibt die Zeit“ macht sie sich auf die Suche nach den Spuren des Lebens ihres Vaters Willi Karl Och, das natürlich eng verbunden ist mit ihrem eigenen. Auf dem Foto des Covers ist er rot markiert Mitte der 1920er im Autobus bei einem Ausflug nach Berlin zu sehen.

Die Autorin hat kein besonders herzliches Verhältnis zu ihrem Vater, der 1903 in Gotha geboren wurde, entwickeln können. Erst zwei Jahre vor seinem Tod 1993 kamen sich die beiden näher. Sie sucht nach einem Grund dafür und erinnert sich an eine Szene mit ihrem Großvater der sie als Kind beiwohnte, in dem er seinen Schwiegersohn als Taugenichts ansieht. Aber auch die Beziehung der Eltern ist getrübt. Anteil daran hat der Wunsch des Vaters, lieber im Westen zu leben. Diese ihr nachhängenden Gedanken setzt Sigrid Damm an den Beginn ihres Romans und begibt sich danach zurück in die Vergangenheit nach Gotha zu einer Zeit nach dem Tod ihres Vaters, in der sie dachte, dass sie zu letzten Mal in ihrer Heimat sein würde.

Erst viele Jahre später schlüsselt sie anhand von Fotos und Dokumenten aus dem Nachlass den Lebensweg von Willi Karl Och auf. Bereits mit 15 Jahren beginnt er eine Ausbildung in einem Gothaer Bankhaus, das unter jüdischer Führung ist. Jahre später wird seine Loyalität zu seinen Arbeitgebern von den Nationalsozialisten geahndet. Er heiratet mit 33 Jahren die acht Jahre jüngere, mit ihren Eltern zugezogene Lotte. Im Herbst 1937 wird seine erste Tochter geboren, 1940 kommt Sigrid Damm zur Welt. Nach einer späten Einberufung zum Kriegsdienst gerät der Vater bei Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft und bleibt danach zunächst im Westen, findet Arbeit in der Nähe von Wolfsburg. Erst 1948 kehrt er zu seiner Familie nach Gotha zurück.

Aufgrund ihrer Veröffentlichungen folgt die Autorin den ausgesprochenen Einladungen, in Gotha daraus zu lesen. Sie besucht dort Straßen, auf denen ihr Vater gegangenen ist und Gebäude, die er besucht hat und versucht, ihm auf diese Weise näher zu kommen. Ihre präzise, detaillierte Erzählweise enthält etliche zeitgeschichtlich wichtige, mir bisher unbekannte und daher für mich interessante Daten aus der wechselhaften Historie Gothas. Ihre akribische Recherche bringt sie Jahrhunderte in der Zeit zurück. Die neueren Geschehnisse des vorigen Jahrhunderts in der thüringischen Stadt und der Welt formen das Leben der Familie der Autorin. Vor dieser Kulisse lässt sie die Ehe ihrer Eltern lebendig werden, hinterfragt das schwierige Verhältnis des Vaters zu seinem Schwiegervater, die Auseinandersetzungen in der Ehe, die Beziehung zu seinen Kindern und sieht sich selbst dort zur Schule gehen. Sigrid Damm zeigt, dass auch das gemeine Leben eines Gothaer Bürgers, verknüpft mit geschichtlichen Geschehnissen spannend, ansprechend und bewegend sein kann. Ich empfehle das Buch gerne an Leser von Biographien und an historischen Ereignissen Interessierte weiter.