Sonntag, 29. Juli 2018

[Rezension Hanna] Das weibliche Prinzip - Meg Wolitzer

 

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Das weibliche Prinzip
Autorin: Meg Wolitzer
Übersetzer: Henning Ahrens
Hardcover: 496 Seiten
Erscheinungsdatum: 16. Juli 2018
Verlag: DuMont Buchverlag
Link zur Buchseite des Verlags

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Greer Kadetsky hat große Ambitionen, bei denen ihre Eltern eher hinderlich sind. Denn wegen eines Fehlers von ihnen kann sie nicht in Yale studieren, sondern nur am Ryland College, während ihr Freund Cory nach Princeton geht. Als das College Besuch von der berühmten Feministin Faith Frank bekommt, geht sie auf Drängen ihrer Freundin Zee zum Vortrag und ist fasziniert von dieser starken Persönlichkeit. Einige Jahre später wird ihr Traum wahr, als sie die Chance erhält, für Faith zu arbeiten. Greer wächst an ihren Aufgaben, gleichzeitig läuft bei weitem nicht alles nach Plan – weder bei ihr, noch bei Cory und Zee.

Der Leser trifft erstmals im Jahr 2006 auf Greer, die er bis ins Jahr 2019 begleiten wird. Sie studiert seit kurzem am Ryland College und trauert noch immer vertanen Chance hinterher, in Yale zu studieren. Aber auch hier bieten sich Chancen: In der politisch aktiven Zee findet sie eine erste Freundin, und animiert von ihr geht sie zum Vortrag von Faith Frank, der ihre Zukunft maßgeblich beeinflussen wird. Denn Faith wird ausgerechnet auf Greer aufmerksam und gibt ihr ihre Visitenkarte.

Greer, Cory und Zee scheinen als zielstrebigen Studenten alle Wege offen zu stehen. Gleichzeitig machen sie die ersten Erfahrungen, dass nicht immer alles nach Plan verläuft und sich nicht jeder an die Spielregeln hält. So erhält beispielsweise ein Student, der mehrere Kommilitoninnen belästigt, trotz großen Aufruhrs eine milde Strafe. Für die sonst eher zurückhaltende Greer ein Anlass, gemeinsam mit er politisch aktiven Zee laut zu werden und auf diese Fehlentscheidung hinzuweisen.

Als Greer sich nach ihrem Studium bei Faith meldet und tatsächlich einen Job erhält, scheint sie den Jackpot geknackt zu haben: Sie darf für ihr großes Vorbild arbeiten. Motiviert startet sie auf der untersten Stufe der Karriereleiter, während auch Cory und Zee ihre ersten Jobs antreten. Die Geschichte wechselt mehrfach die Perspektive und schildert den Weg der drei ins Berufsleben. Man erhält Einblicke, was sie antreibt und begleitet Cory und Zee durch schwierige Zeiten, in denen sie wegweisende Entscheidungen treffen müssen.

Greer hingegen befindet sich auf einem Höhenflug: Ihr Job bietet ihr die Gelegenheit, einen wirklichen Mehrwert für die Gesellschaft zu stiften. Doch etwas verändert sich über die Zeit. Schließlich muss sie feststellen, dass auch leuchtende Vorbilder nicht völlig frei agieren können und Entscheidungen treffen, die man selbst nicht gutheißt. Erneute Perspektivenwechsel geben tiefere Einblicke in die Hintergründe. Doch was leitet man daraus für sich selbst ab? Und wie geht man wiederrum mit eigenen Fehlern um? Welchen Weg können die Charaktere einschlagen, um sich selbst treu zu bleiben?

Das Buch greift durch Greers Erlebnisse als Mitarbeiterin von Faith sowie die alltäglichen Erfahrungen der drei jungen Erwachsenen viele Themen des Feminismus auf. Insgesamt ist die Geschichte für mich aber vor allem ein Buch übers Erwachsenwerden und der Suche nach einem Platz im Leben, der Selbstverwirklichung erlaubt. Greer, Cory und Zee sind drei authentische Stimmen der jungen Generation, deren Erlebnisse auch mir oftmals nicht unbekannt waren. Mich konnte dieses klug erzählte Buch sehr gut unterhalten.

Freitag, 27. Juli 2018

[Rezension Hanna] Undying. Das Vermächtnis - Meagan Spooner & Amie Kaufman

 

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Undying. Das Vermächtnis
Autorinnen: Meagan Spooner & Amie Kaufman
Übersetzerin: Karin Will
Hardcover: 496 Seiten
Erscheinungsdatum: 25. Juli 2018
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Amelia und Jules könnten nicht unterschiedlicher sein: Sie ist eine Highschool-Abbrecherin, die als Plünderin im halb zerstörten Chicago nach Dingen sucht, die sie zu Geld machen kann. Er ist wohlbehütet in Oxford aufgewachsen und ein wissenschaftliches Genie, das in die Fußstapfen seines Vaters treten will. Auf dem fremden Planeten Gaia treffen sie zufällig aufeinander und gehen eine Kooperation ein, um ihr Ziel zu erreichen. Amelia muss auch hier irgendetwas Wertvolles finden, während Jules ein uraltes Rätsel lösen will. Doch bald kommt alles anders als gedacht.

Die beiden Protagonisten trifft man zum ersten Mal kurze Zeit, nachdem diese auf dem fremden Planeten Gaia gelandet sind. Hier hat einmal eine Spezies gelebt, die sogenannten Unsterblichen, die mysteriöse Tempel und unglaubliche Technologie hinterlassen haben. Nach einem Zwischenfall ist das Geheimnis, wie man durch ein Portal im Nu zum Planeten gelangt, gelüftet. Deshalb rücken nun die ersten Plünderer an, während Wissenschaftler erst einmal mehr über die Hintergründe erfahren wollen und Bedenken haben, wie sicher der Planet ist.

Amelia, genannt Mia, gehört zu der Fraktion der Plünderer. Sie wurde allein abgesetzt und hat nur ein Ziel: Sie muss etwas finden, mit dem sie sich nicht nur den Rückflug, sondern auch die Freiheit ihrer Schwester erkaufen kann. Jules hingegen ist Wissenschaftler durch und durch. Er wird von der Motivation angetrieben, mehr über die Geheimnisse der Unsterblichen zu erfahren, und das nicht nur um des Wissens willen. Die beiden treffen in einer brenzligen Situation gleich zu Beginn aufeinander, in der ihnen wenig anderes überbleibt, als einander zu vertrauen. Zu zweit machen sie sich auf den Weg in die Richtung, von der Jules felsenfest behauptet, sie sei die richtige. Doch wirklich offen sind sie zueinander vorerst nicht, insbesondere Jules verheimlicht etwas Entscheidendes.

Das Buch startet schwungvoll und schon bald haben die beiden ihr erstes Ziel erreicht. Um weiter voranzukommen gilt es dann, Rätsel zu lösen. Hier wird immer grob beschrieben, um welche Art von Rätseln es sich handelt. Schnell wird klar, dass diese Rätsel ziemlich kompliziert sind – Jules kann sie mit seiner Genialität lösen, während Mia sich um die praktischen Fragen des Überlebens kümmert. Doch ein Miträtseln ist nicht mal im Ansatz möglich, weshalb mich die Rätsel-Episoden trotz eines hohen Tempos nicht fesseln konnten.

Mia und Jules müssen viel Zeit miteinander verbringen, in denen sie dem jeweils anderen von ihrem bisherigen Leben erzählen und hier stückweise mehr von sich preisgeben. Erwartungsgemäß kommen sich die beiden dabei näher. Für Romantik ist bei diesem Wettlauf gegen die Zeit allerdings nicht viel Platz und für mich wurde nicht ganz klar, was die beiden aneinander finden abgesehen davon, dass sie ganz allein sind und bald sterben könnten. Der Funke wollte nicht so recht überspringen.

Für Spannung sorgt die Tatsache, dass den beiden gefährliche Menschen auf den Fersen sind. Werden sie schnell genug sein? Und was wollen diese überhaupt? Die Handlung bietet einige dramatische Szenen und sorgt immer wieder für überraschende Erkenntnisse. Es ist nie ganz klar, in welche Richtung sich die Geschichte überhaupt entwickeln wird. Die allergrößte Überraschung haben sich die Autorinnen bis zum Schluss aufbewahrt, der alles in neuem Licht erscheinen lässt und neugierig auf den zweiten Teil dieser Dilogie macht.

In „Undying. Das Vermächtnis“ macht sich das ungleiche Duo Amelia und Jules auf den Weg, die Geheimnisse eines fremden Planeten und der Spezies, die dort gelebt hat, zu ergründen. Zahlreiche Fallen und Rätsel erwarten sie, während das ganze bald zu einem Wettlauf gegen die Zeit wird. Doch mich konnte die Story trotz hohem Tempo nicht so recht packen und auch die Liebesgeschichte bleibt ausbaufähig. So bleibt dieses Abenteuer auf einem fremden Planeten für mich nur guter Durchschnitt.

Mittwoch, 25. Juli 2018

[Rezension Hanna] Uns gehört die Nacht - Jardine Libaire


 

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Uns gehört die Nacht
Autorin: Jardine Labaire
Übersetzerin: Sophie Zeitz
Taschenbuch: 464 Seiten
Erscheinungsdatum: 25. Juli 2018

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 Elise Perez und Jamey Hyde sind Nachbarn in New Haven, stammen jedoch aus zwei ganz unterschiedlichen Welten. Elise hat keinen Highschool-Abschluss und ist mit zwanzig von zu Hause weggegangen, ohne sich zu verabschieden. Jetzt hält sie sich jetzt mit einem Job in einem Fischgeschäft über Wasser. Jamey studiert in Yale, er stammt aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie. An einem Tag im Januar 1986, Elise wohnt schon drei Monate neben der WG von Jamey und Matt, wird sie von den beiden hereingebeten. Von da an treffen sie und Jamey sich regelmäßig. Während Elise sich Hoffnungen auf mehr macht ist Jamey sich sicher, dass sie für ihn nur jemand ist, mit dem er eine Weile Sex haben kann. Doch die beiden kommen nicht mehr voneinander los. Das missfällt bald nicht nur Matt, sondern auch Jameys Familie.

Das Buch beginnt mit einer Szene im Juni 1987. Elise und Jamey befinden sich in einem Motel in Wyoming und sie drückt seit über zwei Stunden ein Gewehr gegen seine Brust. Was sind die Hintergründe dieser Szene? Um diese Frage zu beantworten springt die Geschichte zurück in den Januar 1986 und nimmt den Leser ab dort mit von Monat zu Monat.

Elise lebt in der heruntergekommenen Wohnung des schwulen Robbie, seit der sie schlafend im Auto seines Lovers aufgelesen hat. Sie hat ohne Plan ihre Familie hinter sich gelassen, wollte nur weg. Das weiße Townhouse nebenan hat sie immer im Blick, bis sie beschließt, mit einem kleinen Trick von den beiden Yale-Studenten hineingebeten zu werden. Das erste Aufeinandertreffen ist kurz und hinterlässt trotzdem Eindruck. Elise nimmt kein Blatt vor dem Mund und beleidigt Matt, der ihr das übel nimmt. Robbie kann nicht verstehen, was sie bei den reichen Jungs will. Doch Jamey hat keine Lust mehr, mit dem Strom zu schwimmen und das zu tun, was von ihm verlangt wird. Er ist fasziniert von der unvornehmen Elise, der auch er nicht mehr aus dem Kopf geht.

Die Autorin zeichnet mit ihren Worten Bilder von den dreckigen Seiten der Stadt und des Lebens. In kurzen Szenen werden oft Dinge wie dampfende Taubenkacke beschrieben genauso wie Sex-Einladungen von Fremden im Waschsalon per Griff an den Schwanz. Vor dieser trostlosen Kulisse kommen sich Jamey und Elise näher. Jamey handelt aus einer Mischung von Perspektivlosigkeit und Rebellion heraus, während Elise weiß, dass er nicht in ihrer Liga spielt und sich trotzdem wünscht, dass da mehr ist. Deswegen und vielleicht auch, weil das ihre Vorstellung einer Liebschaft ist, erniedrigt sie sich beim Sex, den die beiden ständig haben und der vor allem zu Beginn auch immer wieder geschildert wird. Mir persönlich waren das zu viele zu vulgäre Szenen, ohne dass die Handlung vorankam.

Die beiden sind nicht gut füreinander, das merkt der Leser und das spiegelt das Umfeld den beiden auch wieder. Doch während vor allem Jamey noch glaubt, dass er das Ganze jederzeit beenden kann ist klar, dass das nicht so einfach funktionieren wird. Dafür ist die emotionale Abhängigkeit zu schnell zu groß geworden. Und warum sollten die beiden auch nicht zusammen sein, wenn das ist, was sie wollen? Sie sperren sich gegen gut gemeinte und zunehmend energische Ratschläge, getrennte Wege zu gehen. Das wiederholt sich in ähnlicher Art und Weise mit zunehmend scharfen Konsequenzen. Zum Schluss hin gibt es eine besonders dramatische Entwicklung, auf die schon die Anfangsszene hindeutete. Auf mich machte das den Eindruck, als hätte die Autorin irgendwie noch etwas Spannung in die sonst dahinplätschernde Handlung bringen wollen.

Unterschicht trifft Oberschicht: In „Uns gehört die Nacht“ finden Elise und Jamey trotz gänzlich verschiedener Hintergründe zueinander und kommen nicht mehr voneinander los trotz aller Konsequenzen, die das hat. Eine Beziehung gegen alle Widerstände wird geschildert, für mich jedoch mit zu viel Sex und zu wenig Tempo.

Dienstag, 24. Juli 2018

[Rezension Hanna] Lempi, das heißt Liebe - Minna Rytisalo


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Lempi, das heißt Liebe
Autorin:Minna Rytisalo
Übersetzerin: Elina Kritzokat
Hardcover: 224 Seiten
Erscheinungsdatum: 23. Juli 2018

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Viljami lebt und arbeitet als Bauer in Lappland zur Zeit des 2. Weltkriegs. Als er in der kleinen Stadt Rovaniemi Lempi erblickt, die Tochter eines Ladenbesitzers, verliebt er sich sofort in sie. Kurz darauf heiraten die beiden und Lempi zieht zu Viljami auf den Hof. Als Unterstützung für Lempi holt er die Magd Elli ins Haus. Doch nach nur einem Sommer wird Viljami zum Kriegsdienst eingezogen. Dass Lempi schwanger ist erfährt er erst, als er schon an der Front kämpft. Als der psychisch versehrte Viljami schließlich gen Heimat aufbricht, weiß er aus Briefen, dass Lempi verschwunden ist. Was bleibt ihm ohne sie?

Das Cover zeigt hinter dem Titel eine Frau mit rotem Oberteil und grünem Rock. Sie tritt vor dem weißen Hintergrund deutlich heraus, ist aber nur verschwommen zu erkennen. Das könnte ein Sinnbild für die Abwesenheit Lempis sein, die in diesem Buch die zentrale Rolle spielt, ohne selbst zu Wort zu kommen.

Die ersten Seiten des Romans liefern Bruchstücke, die in Kombination mit späteren Informationen ein Bild ergeben. Der Prolog schildert das Eintreffen einer Frau, drei danach abgedruckte Briefe von Elli an Viljami berichten von Lempis Verschwinden – erst soll sie mit einem Deutschen mitgefahren sein, dann heißt es, sie sei tot. Als Viljami schließlich das Wort ergreift, begegnet der Leser einem von Verlust und Krieg gebrochenen Mann. Er befindet sich auf dem Weg in die Heimat, dabei lässt er sich viel Zeit und flüchtet sich in Erinnerungen aus besseren Tagen, vor die sich immer wieder das schmerzliche Erkennen schiebt, dass all das verloren ist.

Beim Lesen von Viljamis Worten spürte ich seinen Schmerz und wie bittersüß jede einzelne Erinnerung an Lempi für ihn ist in jeder Zeile. Das Buch besitzt eine emotionale Dichte, die mich seine Verzweiflung und innere Leere spüren ließ. Er berichtet von der ersten Begegnung, der Hochzeit und vielen glücklichen Momenten, aber auch von seinem Abschied, den sehnsuchtsvollen Briefen aneinander und der Zeit im Lazarett. Seine Gedanken springen hin und her, wollen schöne Momente festhalten und landen wieder in seinem trostlosen Jetzt.

Nach Viljami kommen zwei Frauen zu Wort, die das Bild von Lempi ergänzen. Die Magd Elli ist mit Lempis zwei Söhnen – der eine leiblich, der andere aufgenommen – schon wieder zurück auf dem Hof. Sie wartet auf die Rückkehr Viljamis, der endlich erkennen soll, dass eigentlich sie die richtige Frau für ihn ist. Ihre brennende Eifersucht auf Lempi ist mehr als offensichtlich. Was weiß sie über ihren Verbleib? Lempis Schwester Sisko erinnert sich insbesondere an die Zeit vor ihrer Hochzeit, als die beiden noch im selben Zimmer schliefen und sich die Zukunft ausmalten. Ihr Schicksal ist exemplarisch für das vieler Frauen aus Lappland, die sich in einen Deutschen verliebten. Trotzdem bleibt ihr Weg eng mit Lempis Geschichte verknüpft.

Jeder der drei Erzählenden hat ein ganz anderes Bild von Lempi und es bleibt dem Leser überlassen, aus den subjektiven Beschreibungen ein möglichst objektives Bild von dieser abwesenden Figur zu extrahieren. Was für ein Mensch ist das, dem so starke Liebe und gleichzeitig so enormer Hass gilt? Die Autorin lässt den Leser tief ins Innenleben der drei Lempi umkreisenden Akteure blicken und gibt ihnen jeweils eine ganz eigene, starke Stimme. Mich überzeugte der Roman vor allem mit seiner emotionalen Wucht, die mich beim Lesen dieser stillen Handlung traf. Ich gebe eine klare Leseempfehlung.

Montag, 23. Juli 2018

[Rezension Hanna] Die Hochhausspringerin von Julia von Lucadou


 

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Die Hochhausspringerin
Autorin: Julia von Lucadou
Hardcover: 288 Seiten
Erscheinungsdatum: 23. Juli 2018
Verlag: Hanser Berlin
Link zur Buchseite des Verlags

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In der Zukunft ist Hochhausspringen eine der beliebtesten Leistungssportarten. Die Massen schauen fasziniert zu, wenn eine Sportlerin auf die Absprungplattform tritt. Welche Kunststücke wird sie im Fallen zeigen, und wird sie rechtzeitig vor dem Boden wieder in die Luft abheben? Riva zählte zu den Erfolgreichsten ihrer Sportart, doch eines Tages will sie nicht mehr Springen, sondern sitzt schweigend in ihrer Wohnung. Hitomi ist Psychologin und wird damit beauftragt, Riva wieder auf Spur zu bringen. Sie beobachtet diese über Kameras und instruiert Rivas Freund Aston in Bezug auf Gesprächstaktiken. Als keine Wirkung eintritt, werden ihre Versuche immer drastischer, und ihr eigenes Leben beginnt, ihr aus der Hand zu gleiten.

Wer kennt sie nicht: Videos von wagemutigen Menschen, die sich in Wingsuits Klippen hinunterstürzen oder damit zwischen Hochhäusern entlanggleiten? Diese gefährlichen Aktionen faszinieren schon heute Millionen Zuschauer. Der Schritt, den die Autorin Julia von Lucadou in der von ihr geschilderten Zukunft macht, ist vor diesem Hintergrund gar kein allzu großer. Hier stürzt man sich im freien Fall ein Hochhaus hinunter und macht dabei Kunststücke, um im möglichst letzten Moment dank des Springanzugs wieder in die Luft abzuheben. Das geht nicht immer gut, und dieser Nervenkitzel reizt die Zuschauer im Buch nur noch mehr, zuzuschauen.

Warum die erfolgreiche Riva plötzlich nicht mehr springen will, versteht keiner. Doch der Druck der Investoren, das zu ändern, ist groß, schließlich steckt hinter ihren Aktivitäten ein riesiges Geschäft. Fast alles wird irgendwie gesponsort und vermarktet, das sieht man auch an den ständigen TM-Kennzeichnungen hinter Shows, Apps, Drinks und sogar Motivationssprüchen. Nun überwacht die Psychologin Hitomi Riva aus der Ferne, so wie alles überwacht wird. Kinder wachsen nicht in ihrer Bio-Familie, sondern in Heimen in den Peripherien auf, trostlosen Vororten. Wer einen guten Job will, muss Castings bestehen und wird fortlaufend in Bezug auf seine Gesundheit und Aktivitäten überwacht.

Die Idee einer Welt, in der alles fast nahtlos kontrolliert wird, ist nicht neu. Doch was passiert, wenn jemand nicht mehr funktionieren will? Und was macht das mit einem Menschen, dessen eigenes Schicksal davon abhängt, genau das wieder zu verändern? Die Autorin greift bekannte Ideen auf, verleiht ihnen ihre eigene Note und platziert dieses interessante Szenario hinein. Mit zunehmender Dringlichkeit setzt Hitomi alles daran, bei Riva den Schalter umzulegen, doch kein Plan will funktionieren.

Riva bleibt das passive Objekt öffentlichen Interesses, während der Leser Hitomis Reaktionen verfolgt. Es gibt in dieser perfekten Welt keinen Platz für jemanden, der nicht mehr funktioniert. Und so entwickelt Hitomi eine wachsende Verzweiflung und mit ihr eine Obsession für Riva, die Frau, die sie nur von den Kamerabildschirmen kennt und die mit ihrer stillen Rebellion Hitomi unwissend mit hinunter zieht. Rückblicke in Hitomis Kindheit zeigen parallel, was schon früh passiert, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält. So wird immer klarer, wie strikt das System nicht nur Entwicklung und Aufstieg kontrolliert, sondern auch den Umgang mit allen, die nicht mehr hinein passen. Für mich ist „Die Hochhausspringerin“ ein gelungenes dystopisches Debüt, das auf ein hochaktuelles Thema setzt und ein schleichendes, unausweichlich wirkendes Zerbrechen schildert, das der Leser hautnah miterlebt.

Sonntag, 22. Juli 2018

[Rezension Ingrid] Wo mein Herz dich findet von Kathryn Taylor


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Titel: Wo mein Herz dich findet
Autorin: Kathryn Taylor
Erscheinungsdatum: 29.06.2018
Verlag: Bastei Lübbe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen
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„Wo mein Herz dich findet“ ist großes Kino fürs Gefühl aus der Feder der Deutschen Kathryn Taylor. Mit Blumen und Schmetterlingen verziert wirkt das Cover des Taschenbuchs eher leicht und unbeschwert, doch die Protagonisten des Romans haben ihre ganz eigenen Probleme. Wünscht man sich bei einem Buch, das fürs Lesen am Strand ebenso geeignet ist wie für gemütliche Stunden auf Balkon und Terrasse oder einfach nur nebenher, ein bitteres Ende? Nein, ohne zu viel zu verraten, darf man zu diesem Roman greifen, wenn man sich mit den Hauptfiguren zum Schluss freuen möchte.

Kathryn Taylor hat in ihre Erzählung gleich zwei Liebesgeschichten eingeflochten, in die ein Geschwisterpaar involviert ist. Cara Connelly ist Jurastudentin in London und kehrt nach absolvierten Prüfungen nach Irland in die Heimat zurück zur bevorstehenden Hochzeit ihres älteren Bruders Patrick, der tatkräftig im Hotel seiner Eltern mithilft und es eines Tages übernehmen wird. Kurz vor ihrem Ziel hat sie eine Autopanne und findet Hilfe bei dem eigenbrötlerisch wirkenden Liam, der von seinem Onkel eine einsam gelegene Hütte geerbt hat. Cara fühlt sich von ihm angezogen, aber Liam hütet ein Geheimnis. Währenddessen bereitet Jessica, die Braut von Patrick, alles für ihre Heirat vor. Unruhe entsteht als Amy, eine Freundin aus Jugendtagen der Connelly-Geschwister, plötzlich vor der Tür des Hotels steht. Und sie kommt nicht allein.

Trotz eines stellenweise vorauszuahnenden Handlungsablaufs konnte mich der Roman durch gut aufgebaute, steigende Spannung mit mehreren Cliffhangern in seinen Bann ziehen. Schon das Setting mit altem Herrenhaus und Burgruine in der irischen Grafschaft Kerry mit Blick auf weite saftige Wiesen faszinierte mich. Es ist Sommer in Irland und Urlaubszeit, was dem Hotel von Caras Eltern viele Gäste bringt. Gerne hätte ich dazugehört.

Die Charaktere wirken glaubhaft und ihre Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse nachvollziehbar, auch wenn sie auf falschen Annahmen beruhen, die aber schließlich geklärt werden. Als allwissende Erzählerin wechselt die Autorin ihren Blickwinkel wenn nötig, um die Gedanken einer einzelnen Figur einzufangen. Auf diese Weise gelang es ihr, deren Gefühle besser zu übermitteln.

Der Roman liest sich schnell und leicht. Mit einer ordentlichen Portion Romantik verzaubert und bewegt er den Leser. „Wo mein Herz dich findet“ ist ein Liebesroman, der für einen lauschigen Zeitvertreib sorgt.

Freitag, 20. Juli 2018

[Rezension Ingrid] Der rote Swimmingpool von Natalie Buchholz


Titel: Der rote Swimmingpool
Autorin: Natalie Buchholz
Erscheinungsdatum: 14.05.2018
Verlag: Hanser Berlin (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
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„Der rote Swimmingpool“ ist das Debüt von Natalie Buchholz. Entsprechend dem Titel ist das Cover so gestaltet, als ob man auf den Grund des Pools, der rot gekachelt ist, sehen könnte. Einen roten Swimmingpool besitzen die Eltern des 17-jährigen Protagonisten Adam. Seine Freunde sind gerne bei ihm zu Besuch, nicht nur wegen des Swimmingpools, sondern auch wegen seiner Mutter Eva die sie bewundern. Die Ehe seiner Eltern erscheint perfekt, doch dann verlässt der Vater die Familie, ohne dass Adam den Grund nachvollziehen kann.

Dem Roman vorangestellt ist eine Urteilsbegründung aus der hervorgeht, dass der Angeklagte zu Arbeitsstunden in der Altenpflege verurteilt wird. Bald schon konnte ich als Leser Adam in dem Verurteilten erkennen. Seine Mutter ist Französin, sein Vater Pole, der nach Deutschland gekommen ist, um dort Erfolg zu haben. Nachdem sie sich in Frankreich kennengelernt haben, ist Eva ihrem Mann nach Niederbayern gefolgt. Adam hat in all den Jahren die kleinen Zärteleien seiner Eltern miteinander verfolgt, die für ihn auf eine funktionierende Ehe hindeuteten. Die Trennung schmerzt ihn, Verständnis dafür findet er keins. Er zieht aus dem Haus in eine Wohngemeinschaft, die ihn einige Umstellung kostet und überfordert. Aus jugendlichem Leichtsinn verbunden mit Impulsivität kommt es zu seinem Vergehen, das er anschließend bereut.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Im Wechsel erzählt Adam als Ich-Erzähler einerseits aus seinem derzeitigen Leben und andererseits schaut er zurück auf die Zeit vom Ehezwist mit der folgenden Scheidung bis hin zur Straftat. Inzwischen ist er Volljährig und lernt während des Ableistens der auferlegten Sozialstunden eine etwa gleichaltrige junge Frau kennen. Natalie Buchholz versetzt sich gekonnt in den jungen Mann Adam und beschreibt einfühlsam die Auseinandersetzung mit seinen Gefühlen. Die gewählte Erzählperspektive erleichterte es mir, diese nachzuvollziehen. Er fühlt das Vertrauen zu seinen Eltern verraten, er fühlt sich ausgenutzt und hilflos. Dabei war er bisher so stolz auf Mutter und Vater und den Zusammenhalt in der Familie. Coming-of-Age wird in diesem Roman nachvollziehbar beschrieben. Inzwischen steht Adam kurz vor seinem Studium. Die gemeinnützige Arbeit verlangt von ihm die Übernahme von Verantwortung. Eine aufkeimende Liebe lässt ihn reifer und selbstbewusster werden.

Trotz des problematischen Hintergrunds erzählt Adam den Roman aus einer unbefangenen jugendlichen Sicht, was ihm einen leichtgängigen Unterton mitgibt. Von Beginn an war ich gespannt, warum er verurteilt wurde und wie es überhaupt dazu kam. Einige unerwartete Wendungen und kleine Cliffhanger hielten den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht. Mit viel Empathie hat Nathalie Buchholz einen bewegenden Roman geschrieben, der besonders ist und im Gedächtnis bleibt. Ich empfehle ihn gerne weiter.

Mittwoch, 18. Juli 2018

[Rezension Ingrid] Hologrammatica von Tom Hillenbrand



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Titel: Hologrammatica
Autor: Tom Hillenbrand
Erscheinungsdatum: 15.02.2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
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In seinem dystopischen ScienceFiction-Thriller „Hologrammatica“ nahm Tom Hillenbrand mich mit in das Jahr 2088 genommen. In London lebt der Quästor Galahad Singh, der mir von seiner Grundeinstellung her schnell sympathisch wurde. Er stammt aus einer bekannten Unternehmerfamilie, soll eigentlich eines Tages die Führung dort übernehmen. Stattdessen geht er aber lieber seinem Job nach, verschwundene Personen zu finden. Das hat auch persönliche Gründe. Einer seiner Aufträge ist die Suche nach der Pariserin Juliette Perotte, einer Softwarentwicklerin. Sie arbeitet an Verfahren zur Verschlüsselung von MindUploads mit. Bald schon ändert sich der ursprünglich angenommene Hintergrund für das Verschwinden der Gesuchten und Galahad geht von einer Entführung aus. Neben den Fragen nach dem Aufenthaltsort und dem Warum stellt sich für ihn bald auch die Frage nach der Daseinsform des Entführers.

Hologrammatica ist ein durchgehend spannend geschriebener, sehr komplexer Thriller. Tom Hillenbrand entwirft ein realistisch erscheinendes Zukunftsbild von der Menschheit, ihrer Welt und auch darüber hinaus. Vieles ist Schein, das tatsächliche Aussehen ist nur noch über Brillen zu erkennen. Der Autor lässt seinen Protagonisten im Rückblick von den Ereignissen der vergangenen etwa 50 Jahre erzählen, aus denen ein Zwischenfall hervorsticht bei dem eine Künstliche Intelligenz dazu beitrug, die Bevölkerung zu dezimieren. Der Autor beschreibt stellenweise detailverliebt und dadurch nachvollziehbar. Die Fäden der Geschichte behält er in der Hand und gibt etwa auf der Hälfte der Erzählung nochmals einen Gesamtüberblick über die inzwischen aufgebaute Szenerie. Ich fand es sehr beeindruckend mit welcher Raffinesse er Möglichkeiten der Existenz beschrieben hat, bei denen letztlich schwer zu definieren ist, ob es sich dabei noch um Mensch oder Software in einem menschlichen Körper handelt.

Tom Hillenbrand hat mit Verve über die kommenden Jahrzehnte geschrieben und dabei etliche neuartige Ideen eingebaut. Dabei lässt er eine kritische Auseinandersetzung im Umgang mit Daten anklingen ebenso wie mit der Frage, woran man den Begriff Mensch verorten kann, wenn es möglich ist, sich in verschiedenen Daseinsformen zu zeigen. Ich fand „Hologrammatica“ spannend bis zum Ende, lesens- und unterhaltenswert und empfehle das Buch gerne weiter an Leser des Genres ScienceFiction.

Sonntag, 15. Juli 2018

[Rezension Hanna] Wo die Dünen schimmern - Patricia Koelle


Jessieanna lebt in Kalifornien, wo sie als Künstlerin Windräder baut und in der Kosmetikfirma ihrer Familie arbeitet. Dort verfolgt sie ein ehrgeiziges Projekt: Sie will eine Lotion herstellen, welche die Seele berührt und neue Zuversicht gibt. Als ihre chronische Bronchitis, die Konsequenz einer besiegten Leukämie in ihrer Kindheit, wieder schlimmer wird, will ihr Vater Pinswin sie zu seiner Familie nach Amrum schicken. Dort soll sie sich auskurieren. Doch für Jessieanna hieße das, ihre Hochzeit mit Ryan zu verschieben. Höchst widerwillig stimmt sie schließlich zu ohne genaue Vorstellung davon, was sie auf der Nordseeinsel erwartet.

„Wo die Dünen schimmern“ ist der zweite Teil der Nordsee-Trilogie, der sich jedoch auch ohne Kenntnisse des Vorgängers lesen lässt. Ich habe „Wenn die Wellen leuchten“ im letzten Sommer gelesen, muss aber zugeben, dass ich diesem zweiten Teil kritisch gegenüber stand. Eine Windräder bauende und Seelenlotionen herstellende Protagonistin namens Jessieanna - ist das vielleicht zu schräg für meinen Geschmack? Gleichzeitig freute ich mich auf das Wiedersehen mit aus Band 1 bekannten Figuren, was mich zur Lektüre bewegen konnte.

Die Geschichte beginnt in Kalifornien, wo der Leser Jessieanna, die Tochter von Pinswin, kennenlernt. Ihr großes Hobby ist das Bauen von Windrädern getreu dem Motto „Solange du etwas bewegst, lebst du.“. Eine ihrer engsten Freundinnen ist Katriona: Diese hat sie im Krankenhaus kennengelernt, als sie in ihrer Kindheit gegen die Leukämie kämpfte. Katriona geht es nun, Jahre später, wieder schlechter, sie gilt als austherapiert. Vor allem für sie will Jessieanna eine ganz besondere Lotion herstellen, die ihr Zuversicht gibt. Trotz der schönen Idee mit den Windrädern liest sich der Anfang eher bedrückend, denn nicht nur Katriona geht es schlecht, auch Jessieanna kämpft mit ihrer chronischen Bronchitis.

Eher widerwillig macht sich Jessieanna schließlich doch auf den Weg nach Amrum und lässt ihren Freund Ryan, über den man leider nicht allzu viel erfährt, in Kalifornien zurück. Auf der Insel lernt sie bald Filine, Rhea, Elvar und Skem kennen, was für mich ein Wiedersehen mit liebgewonnen Charakteren aus dem ersten Band war. Während alle sie freundlich aufnehmen hat der letzte trotz seiner abweisenden Art Jessieannas Neugier geweckt. Welche Geheimnisse hütet er in Bezug auf den Töveree Fisk und seine besonderen Zitronen, deren Duft perfekt in ihre Lotion passen würde?

Die Geschichte springt zwischendurch immer wieder zu Pinswin. Der Leser erfährt, warum er Archäologe geworden und nach Amerika ausgewandert ist, was einige offenen Fragen aus dem ersten Teil beantwortet. In der Gegenwart findet er neue Hinweise auf den Töveree Fisk, sodass die Suche nach der Wahrheit über dieses legendäre Tier auf beiden Seiten des Atlantiks voranschreitet. Denn auch Jessieanna ist nicht untätig und bohrt beharrlich nach.

In den Romanen der Autorin gibt es immer ein mystisches Element. Rund um das Geheimnis des Töveree Fisk ist es diesmal recht stark ausgeprägt und spielt eine zentrale Rolle für die Geschichte, was mir nicht so zusagte. Darüber hinaus passierte für meinen Geschmack in diesem Buch zu wenig. An die wunderbare Ostsee-Trilogie kommt diese Reihe leider nicht heran. Insgesamt ist es eine Feelgood-Geschichte, die sich im Liegestuhl ganz gemütlich lesen lässt mit einigen spannenden Momenten, die rasch aufgelöst werden, und Geheimnissen, die es zu lüften gilt.

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Wo die Dünen schimmern
Autorin: Patricia Koelle
Taschenbuch: 528 Seiten
Erschienen am 23. Mai 2018
Verlag: FISCHER Taschenbuch

Freitag, 13. Juli 2018

[Rezension Hanna] Launen der Zeit - Anne Tyler



Willa Drake führt von außen betrachtet ein ganz durchschnittliches Leben. Der Leser begleitet sie durch die Jahrzehnte: Im Jahr 1967 ist sie elf und ihre Mutter hat das Haus und die Familie wieder einmal wütend verlassen. 1977 stellt Willa ihren Eltern ihren Freund Derek vor. Auch wenn seine Eltern ihn nicht mögen und sie ihre eigenen Interessen zurückstellen muss, stimmt sie seinen Zukunftsplänen für sie beide zu. Sie nimmt die Rolle ein, die er für sie vorsieht, bis das Jahr 1997 alles verändert. Doch erst im Jahr 2017 trifft sie eine Entscheidung ganz allein deshalb, weil sie es für das richtige hält.

Das Cover zeigt zwei unbeschwert spielende Mädchen, im Hintergrund steht ein alter Wagen. Das könnten Willa und ihre Freundin Sonya in den 60ern sein. Sie wissen noch nicht, was das Leben für sie bereithalten wird. Doch Willas Leben ist schon jetzt nicht frei von Sorge. Ihre Mutter hat immer wieder Wutausbrüche, nach denen sie wütend wegfährt – diesmal sogar über Nacht. Ihr Vater, ihre Schwester und sie versuchen, sich trotzdem ganz normal zu verhalten, bis sie wieder da ist.

Nach kurzer Zeit macht die Geschichte einen ersten großen Zeitsprung. Er nimmt den Leser mit zu zwei wegweisenden Momenten in Willas Leben: Als sie beschließt, Derek zu heiraten, bevor sie mit dem College fertig ist und als er zwanzig Jahre später selbstverschuldet verunglückt. Dabei lernt man Willa als Charakter besser kennen. Sie bringt ihre eigene Meinung schwach hervor, fügt sich dann aber immer dem, was andere sagen und planen. Szene um Szene läuft nach diesem Schema ab. Sie wird regelrecht fremdgesteuert statt zu tun, was sie wirklich will. Für sie wichtige Menschen, die nicht gutheißen, auf wen sie hört, wenden sich von ihr ab. Doch auch hier wird sie nicht aktiv.

Insofern ist ihre persönliche Situation im Jahr 2017 wenig überraschend. Sie ist eine logische Fortsetzung ihres bisherigen Lebens. Ein Anruf setzt schließlich etwas bei ihr in Gang und sie trifft eine Entscheidung, die ihr Umfeld nicht nachvollziehen kann. Auch ich konnte es nicht so recht verstehen: Warum jetzt, warum für diese Person? Ist sie nach all den Jahren gelangweilt von ihrem Leben, in dem sie ihre Interessen immer denen anderer untergeordnet hat? Zum ersten Mal setzt sie ihren Willen durch und macht sich auf den Weg. Sie gerät in eine lebendige Familie und kauzige Nachbarschaft hinein und lernt neue Perspektiven kennen.

Obwohl hier auf rund 300 Seiten ein ganzes Leben mit vielen Zeitsprüngen erzählt wird, plätschert die Geschichte gefühlt vor sich hin. Willas Leben zieht an ihr vorbei, ohne dass sie selbst wirklich eingreift. Immer wieder ärgerte ich mich über Passivität und las Szene um Szene, die nach dem selben Muster abläuft. Selbst wirklich einschneidende Ereignisse können sie nicht wachrütteln.

Warum der Anruf im Jahr 2017 es schließlich kann, blieb für mich unerklärlich. Die zweite Hälfte des Buches beschreibt die Konsequenzen: Sie quartiert sich in einer fremden Stadt und in einer fremden Familie ein. Das Buch wurde hier deutlich lebhafter und positioniert sich irgendwo zwischen tragisch und komisch. Irgendwo ist das Stichwort – für mich wurde nicht klar, was die Geschichte nun wirklich will. Die Handlung konnte mich nicht richtig packen, die Charaktere blieben oberflächlich. Für mich hätte es mehr gebraucht: Mehr Drama, mehr Lebensfreude, mehr Konflikt, mehr Skurrilität – irgendetwas davon. So bleibt es für mich ein durchschnittlicher Roman über ein stilles Aufwachen und Ausbrechen aus einem fremdbestimmten Leben.


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Launen der Zeit
Autorin: Anne Tyler
Übersetzerin: Michaela Grabinger
Hardcover: 304 Seiten
Erschienen am 10. Juli 2018
Verlag: Kein & Aber


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