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Sonntag, 5. August 2018

[Rezension Hanna] Beim Ruf der Eule - Emma Claire Sweeney


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Beim Ruf der Eule
Autorin: Emma Claire Sweeney
Übersetzerin: Ulrike Werner-Richter
Taschenbuch: 416 Seiten
Erscheinungsdatum: 27. Juli 2018
Verlag: Bastei Lübbe
Link zur Buchseite des Verlags

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Maeve Maloney ist fast 80 und betreibt nach wie vor mit unerschütterlicher Kraft die kleine Pension Sea View Lodge an der Morecambe Bay in England. Sie hat sich darauf spezialisiert, Menschen mit Entwicklungsstörungen und geistigen Behinderungen eine Unterkunft zu bieten. Als sich ein alter Bekannter einmietet, wird Maeve von Erinnerungen eingeholt. Denn er ist einer der wenigen, die wissen, dass Maeve einst eine behinderte Schwester hatte und wegen ihres Schicksals bis heute von Schuldgefühlen geplagt wird. Gleichzeitig beschließen Steph und Len, die beide das Down-Syndrom haben und Maeve in der Pension helfen, dass sie eine Beziehung führen wollen. Doch das ist auch in der heutigen Zeit nicht ohne weiteres möglich.

Die Buchbeschreibung spricht von einer Begegnung zweier Menschen, die sich seit Jahrzehnten nicht gesehen haben. Ich war neugierig, was dahinter steckt, und musste nicht lang warten. Gleich auf den ersten Seiten steht Vincent vor der Pension von Maeve und will dort eine Woche bleiben, doch diese will am liebsten gar nicht mit ihm reden.

Die Idee hinter Maeves besonderer Pension ist wirklich schön. Hier sollen sich Menschen mit Behinderung wohl fühlen. Vor  allem Steph und Len, die beiden Aushilfen mit Down-Syndrom, wuchsen mir mit ihrer offenherzigen Art schnell ans Herz. Steph wohnt als Maeves Patenkind schon länger in der Pension, denn ihr Vater ist viel unterwegs. Nun soll auch Len einziehen, denn seine Mutter Dot ist schwer krank. Eine Sozialarbeiterin muss dem Umzug zustimmen. Doch die Tatsache, dass die beiden ein Paar sein wollen, weckt Bedenken, ob sie dafür die nötige geistige Reife besitzen.

Vincents Besuch ruft in Maeve viele alte Erinnerungen an ihre Jugend wach. Zu jener Zeit kümmerte sie sich liebevoll um ihre geistig behinderte Zwillingsschwester Edith. Bei der Entwicklung dieses Charakters hat sich die Autorin von ihrer Schwester inspirieren lassen, bei der eine Zerebralparese und Autismus diagnostiziert wurde. Edith äußert sich hauptsächlich in feststehenden Phrasen, hat mit Verzögerung laufen gelernt und singt am liebsten im Kirchenchor, der von Vincents Vater geleitet wird. Maeves Eltern weigern sich, Edie einweisen in eine Anstalt einweisen und zwangssterilisieren zu lassen, was damals das übliche Vorgehen war.

Doch irgendetwas ist geschehen, das Maeve bis heute quält. Gegenwart und Vergangenheit fließen ineinander, die Geschichte macht viele Sprünge in der Zeit und im Erzählstil und mir fiel es vor allem zu Beginn schwer, das Gelesene zu sortieren. Lange spricht Edith nicht aus, was vorgefallen ist, zu schmerzhaft scheinen die Erinnerungen an ihre Schwester zu sein und auch an ihren Verlobten, den sie offenbar nie geheiratet hat. Auch wie Vincent ins Bild passt ist ein Puzzlestück, das an seinen Platz gebracht werden will. Die meisten Antworten werden jedoch erst zum Ende hin gegeben, davor tappt man als Leser lange im Dunkeln.

Das Buch spricht viele emotionale Themen rund um Liebe, Schuld und Verlust an. Ich bewunderte es, wie Maeve immer wieder die Kraft zum Weitermachen gefunden hat. Es gibt traurig-schöne Momente, aber auch solche, die einfach nur bedrückend sind und ins Nachdenken über Behinderung, Krankheit und Tod bringen. Den Abschluss fand ich versöhnlich. Doch insgesamt war „Beim Ruf der Eule“ für mich eine schwermütige Geschichte.