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Titel: Kampfsterne
Autorin: Alexa Hennig von Lange
Erscheinungsdatum: 20.08.2018
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover (Leseexemplar)
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„Kampfsterne“ sind im gleichnamigen Buch von Alexa Hennig
von Lange die Heranwachsenden, die das Leben ihrer Eltern und deren
Erziehungsmethoden kritisch sehen und sich dementsprechend äußern und agieren.
Ihre Ecken und Kanten sind durch ihre Lebenserfahrungen noch nicht
abgeschliffen. Das Cover bringt sehr gut zum Ausdruck wie man aus verändertem
Blickwinkel Strukturen unterschiedlich
wahrnehmen kann und sich daraus eine eigene Ansicht entwickelt. Die
orangefarbenen Elemente bringen Aufmerksamkeit gerade so wie die Kontras des
Nachwuchses bei ihren Eltern und in ihrer Umwelt.
Der Roman spielt im Sommer des Jahres 1985 im Westen eines damals
noch geteilten Deutschlands. Rita und Georg mit ihren Kindern Johannes und
Klara sowie Ulla und Rainer und ihre
Töchter Constanze und Alexa leben am Rand einer Stadt in kleinbürgerlicher
Umgebung mit gepflegten Gärten. Die Eltern sind gebildet, doch beide Paare
haben zur Zeit der Hausfrauen-Ehe geheiratet als laut Bürgerlichem Gesetzbuch die
Frau in erster Linie den Haushalt geführt und der Mann zum finanziellen
Familienunterhalt verpflichtet war.
Rita geht in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter auf, obwohl
sich ihre Partnerschaft längst auf einer anderen Ebene abspielt. Sie ist eine „Löwenmutter“,
die nur das Beste für ihre Kinder möchte, wie fast alle in der Siedlung. Es
wird ein buntes Förderprogramm von Musik und Sport geboten, dem Nachwuchs soll
es mindestens gleich gut wenn nicht sogar mal besser gehen. In den Schulen wird
Aufklärung angeboten, doch trotz allem ist gleichgeschlechtliche Liebe kein
Thema für die Öffentlichkeit. Und Rita hat da so ein Gefühl, das für jemand
anderem in diesem Roman gefährlich werden könnte.
Die Freundschaft von Rita und Ulla steht schon lange auf dem
Prüfstand, denn das so wichtige Geben und Nehmen gerät gelegentlich aus dem
Gleichgewicht, je nachdem aus welcher Sicht gesehen. Ulla und Reiner spielen in
ihrer Ehe ein Spiel bei dem die Übergänge zur Realität nicht für jeden
erkennbar sein. Ihr Verhalten steht vor allem bei ihrer etwa sechszehnjährigen
Tochter Constanze in der Kritik, die sich mit aller Macht dagegen sträubt
später ihr Leben so wie ihre Eltern zu führen.
Alexa Hennig von Lange lässt ihre Protagonisten in der
Ich-Form erzählen. Es ist die bestgewählte Art die unterschiedlichen Gefühle
ihrer Figuren zum Ausdruck zu bringen. Hass und Liebe, Eifersucht und Glück
vermischen sich mit Traurigkeit und Zorn und äußern sich in wohlüberlegten oder
spontanen Handlungen. Es erfolgt ein schneller Wechsel zwischen den Erzählern,
der auf engem Raum den ganzen Mikrokosmos der Familien öffnet. Die Autorin war
selbst Teenager in den 1980er und ihr eigener Nachwuchs ist jetzt in diesem
Alter. Man liest zwischen den Zeilen ihre eigenen Erfahrungen. Dadurch wirkt
die Geschichte realistisch und nachvollziehbar. Alexa Hennig von Lange schreibt
kritisch ohne zu werten, über vielem liegt ein Hauch von Sarkasmus.
Die kurzen Szenen, die die Autorin beschreibt, sind
beispielhaft und in einer wortgewandten
Sprache. Ganz tief gräbt sie unter der Oberfläche der nach außen hin gezeigten
Bürgerlichkeit und zeigt dadurch all die Widersprüche und die daraus
resultierenden Verletzungen. Glaubt man, dass die Eltern im Fokus des Romans
stehen, so sind es doch eigentlich die vielgeliebten Kinder. Diejenigen, die ab
einem gewissen Alter sich mit ihrer späteren Rolle auseinandersetzen,
Vergleiche ziehen, ihre Meinung kundtun und ihre Mütter und Väter auf diese
Weise dazu bringen über sich und ihr eigenes Leben nachzudenken. Haben sie es
wirklich besser gemacht als die Generation vor ihnen? Alexa Hennig von Lange
lässt die 1980er lebendig werden. Manch einer von uns Lesern wird sich gerade
in den damaligen Heranwachsenden Johannes und Constanze wiedererkennen. Diesen
Roman empfehle ich gerne uneingeschränkt weiter.