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Sonntag, 2. September 2018

[Rezension Ingrid] Ich war Diener im Hause Hobbs von Verena Rossbacher


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Titel: Ich war Diener im Hause Hobbs
Autorin: Verena Roßbacher
Erscheinungsdatum: 16.08.2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
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Der Roman „Ich war Diener im Hause Hobbs“ von Verena Roßbacher beginnt im Prolog mit einem aufgefundenen Toten. Christian Kauffmann, der Diener der Familie und Protagonist der Geschichte findet ihn in seinen Räumlichkeiten im Gartenhaus der Familie Hobbs. Passend zu seinem Beruf, über den Christian in diesem Buch spricht, sind auf dem Cover im oberen Teil Straußenfederstaubwedel abgebildet, im unteren Bereich sind es Zweige einer palmenähnlichen Pflanze, hinter er sich leicht beim Abstauben verbergen kann, um dann Gesprächen zu lauschen, die eigentlich nicht für ihn bestimmt sind. Die Abbildungen sind kunstvoll bunt gestaltet, sie zeigen an, dass Kunst im Roman eine Rolle spielen wird.

Christian Kauffmann ist in Feldkirch an der westlichen Grenze Österreichs zu Hause. Nach seiner Matura beschließt er, eine Ausbildung als Diener an einer Fachschule in den Niederlanden zu absolvieren. Über eine gute alte Bekannte bekommt er die Empfehlung für seine erste Stellung, die er bei der Familie Hobbs in Zürich antritt. Christian erzählt seine Geschichte in der Ich-Form im Rückblick auf die vergangenen Jahre. Er versucht zu verstehen, wie es zu dem Unglück und Skandal im Haushalt der Hobbs kommen konnte. Seine Gedanken treiben zurück bis in seine Jugend im Kreis von vier Freunden, die auch später noch eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen. Nach Betrachten der Ereignisse von vielen Seiten stößt er schließlich auf lange verborgene Familiengeheimnisse in Zürich und in Feldkirch.

Der Titel des Romans verweist gleich auf die Tatsache, dass der Protagonist seinen Job im Hause Hobbs beendet hat. Im Raum steht also schon zu Beginn die Frage nach dem Warum. Der Prolog wirft mehr und weitere Fragen auf als das er Antworten liefert. Verena Roßbacher, die selbst einige Zeit als Hausmädchen in der Schweiz gearbeitet hat, wählt für ihre Hauptfigur einen heute eher ungewöhnlichen Beruf. Zunächst dachte ich daher durch den Buchtitel an eine historische Geschichte, doch das Buch ist ein Coming-of-Age-Roman. Das was die Autorin hier ihren Protagonisten über die Ausbildung und das Ausüben seines Jobs berichten lässt, fand ich faszinierend und real geschildert. Im verschreckten Plauderton wendet Christian sich an den Leser und verzettelt sich im Laufe der Seiten mit scheinbaren Nebensächlichkeiten, die er auch bemerkt. Er spricht dabei einige seiner Vermutungen an, doch bis alle Puzzlesteine an seinen Platz gefallen sind, dauert es bis zum Ende des Buchs.

Der Protagonist wirkt auf mich ein wenig naiv und dem Klischee des Dieners entsprechend unterwürfig aber versnobt. Es lässt ihn immer noch nicht los was ihm bei den Hobbs passiert ist und in seiner Erzählung verteidigt er seine Unwissenheit über Zusammenhänge, die er bei genauerem Hinsehen, wie es in seinem Job zur Unterstützung seiner Arbeitgeber eigentlich verlangt wird, hätte erkennen müssen. So kommt es auch zu den prägnanten Eingangssätzen des Romans von denen einer lautet „Es war ein schlampiger Tag“, der damit seine eigene Unzulänglichkeit und seine mögliche Schuld zum Ausdruck bringt. Sein langjähriger Partner, der als Hommage an den tatsächlich existierenden Autor John Wray benannt ist, hat die Zusammenhänge wahrscheinlich schon früher erkannt aber nichts gesagt. „Dies ist eine einfache Geschichte“ ist der zweite Satz. Er stellt sich aus Sicht von Christian in Bezug auf das alte Sprichwort „Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall“ als unausweichlich für die Familie Hobbs dar, war also voraussehbar. Daher ist er unverkennbar unzufrieden mit sich, dass er Verbindungen nicht sofort gedeutet hat.

Lange weicht die Autorin der Aufdeckung der Hintergründe aus. Stattdessen führte sie mich als Leserin in eine beschauliche Kleinstadtidylle mit vier Jungen, die sich im jugendlichen Alter von Gleichaltrigen abgrenzen wollten und nichts vom Erwachsenwerden hielten. Was zunächst ohne Zusammenhang mit dem Skandal und dem Toten in der Schweiz wirkt findet im Laufe der Geschichte immer näher zueinander.

Verena Roßacher hat mit „Ich war Diener im Hause Hobbs“ einen Roman geschrieben, der mit der Geduld des Lesers spielt. So angespannt der Protagonist das Geschehen auch schildert, um sich selbst von einer angenommenen Mitschuld zu befreien, so leichtgängig mit kleinen Umwegen, psychologisch durchdacht und humorvoll liest sich der Roman. Mich hat er sehr gut unterhalten und darum empfehle ich ihn gerne weiter.