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Raum ohne Fenster
Autor: Nather Henafe Alali
Übersetzer: Rafael Sánchez Nitzl
Autor: Nather Henafe Alali
Übersetzer: Rafael Sánchez Nitzl
Hardcover: 224 Seiten
Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2018
Verlag: S. FISCHER
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Aziz lebt in einer Kriegsregion und ist gerade so mit dem Leben davon
gekommen, nachdem er zum Militärdienst gezwungen wurde und sich auf einem
Einsatz Befehlen widersetzt hat. Jetzt lebt er bei Salim und seiner Frau Hayat,
die mit dem zweiten Kind schwanger ist, in einem belagerten Gebiet. Als Salim
schwer verletzt wird, werden die drei getrennt. Schließlich scheint die Flucht
der einzige Weg zu sein. Doch dieser ist lebensgefährlich und es bleibt
ungewiss, ob man irgendwo ankommen kann und wie man dort empfangen wird.
Das Cover zeigt einen kräftigen Baum und lässt den Betrachter an die
zahlreichen Wurzeln denken, mit denen er fest im Boden verankert ist. Solch
eine Verankerung verlieren die Protagonisten dieses Buches, dessen Autor selbst
aus Syrien geflohen ist und seit vier Jahren in Deutschland wohnt. Er nimmt den
Leser in den ersten Kapiteln mit in ein erbarmungsloses Kriegsgeschehen.
Schon nach wenigen Seiten wird Salim, Mann von Hayat und Freund von
Aziz, durch einen Granatsplitter schwer verletzt. Hayat und Aziz berichten
abwechselnd von ihren Erlebnissen ab diesem einschneidenden Moment. Während
Hayat mit ihren beiden Kindern versucht, im belagerten Gebiet die Angriffe der
Regierungstruppen zu überleben und nicht zu verhungern, macht sich Aziz mit
einem neuen Bekannten auf den Weg aus dem Land heraus.
In Rückblicken erfährt man insbesondere mehr über Aziz‘ Vergangenheit:
Seinem alten Leben vor dem Bürgerkrieg, der Zwangsverpflichtung zum
Militärdienst und der Verweigerung von Befehlen, von Willkür, Gefängnis und
Folter. Die Schilderungen machen betroffen und machen seinen Entschluss, alles
hinter sich zu lassen und ins Unbekannte aufzubrechen, verständlich.
Schließlich wechselt der Schauplatz und nimmt den Leser mit auf den
weiten Weg hinaus aus einer zerstörten Heimat. Dabei wird sowohl von
lebensgefährlichen Momenten berichtet als auch von zermürbendem Ausharren in
Zeltstädten. Dabei hat das Buch oft philosophische Züge, wenn der Autor seine
Charaktere innehalten und über ihre Situation nachdenken lässt. Es werden keine
Städtenamen genannt, vermutlich damit die Geschichte allgemeingültiger ist. Die
einzelnen Stationen werden dann aber so explizit beschrieben, dass man aus meiner Sicht auch das hätte weglassen oder
die Namen auch hätte nennen können.
Die Geschichte schildert, welche Strapazen Menschen auf der Flucht auf
sich nehmen und wie es ihnen ergehen kann, wenn sie in einem völlig fremden
Land ankommen, wo ein bürokratischer Prozess mit ungewissen Ausgang auf sie
wartet. Dabei wurde mir der Ton an manchem Stellen zu belehrend. Insgesamt gibt
das Buch einen gelungenen Einblick in das Leben in einer Kriegsregion und die
Konsequenzen der schwierigen Entscheidung, die Heimat zu verlassen. Ein
wichtiges Buch in der aktuellen Zeit, das emotionale Einblicke gibt,
nachdenklich stimmt und betroffen macht.