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Freitag, 25. Januar 2019

Rezension: Der Sommer meiner Mutter von Ulrich Woelk


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Der Sommer meiner Mutter
Autor: Ulrich Woelk
Erscheinungsdatum: 25.01.2019
Verlag: C.H. Beck (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783406734496
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Schon der erste Satz des Romans „Der Sommer meiner Mutter“ von Ulrich Woelk weckte mein Interesse in besonderer Weise, denn darin steht, dass die titelgebende Erziehungsberechtige kurz nach der ersten Mondlandung Selbstmord begangen hat. Von diesem Zeitpunkt an wollte ich wissen, unter welchen Umständen das geschah und natürlich warum. Doch auf die Antworten zu meinen Fragen musste ich bis fast zum Schluss der Geschichte warten. Bis dahin konnte ich eintauchen in das Geschehen am Ende der 1960er und dem Lebensstil der gehobenen Mittelschichtbürger in einem Vorort Kölns.

Der Roman wird aus der Sicht des bald 11-jährigen Tobias erzählt, der mit seinen Eltern ein Haus mit moderner Ausstattung am Rand der Großstadt bewohnt. Er ist ein großer Fan der Raumfahrt und verfolgt voller Neugier und Faszination die Berichte über die damaligen Apollomissionen im Fernsehen. Zunächst schenkt er dem Zuzug neuer Nachbarn wenig Interesse, doch sehr bald lernt er deren Tochter kennen, die 13-jährige Rosa. Die gesellschaftlichen und politischen Ansichten von Rosas Eltern sind links politisch und zeigen Tobias ein anderes Weltbild auf. Das Mädchen weckt in ihm ganz neue Gefühle. Aber nicht nur für Tobias wird es ein Sommer der erstmaligen Erfahrungen, sondern auch für seine Eltern mit einer unfassbaren Konsequenz, die seine Mutter zieht.

Ulrich Woelk versteht es die aufgeregte Stimmung in der Zeit vor der ersten Mondlandung einzufangen und an den Leser weiterzugeben. Als früherer Astrophysiker gibt er entsprechende interessante Erklärungen zum Umfeld, ohne zu sehr in technische Details zu gehen. Die gewählte Erzählperspektive aus der Sicht des Jungen gestattet ihm einen unvoreingenommenen Blick auf die kommenden großen Weltereignisse wie aber auch auf den Mikrokosmos der Familie und ihrer Freunde.

Schon auf der ersten Seite fühlt man den Stolz von Tobias auf seinen Vater, den Ingenieur, der den Bau des komfortablen Eigenheims ermöglicht hat. Seine Mutter ist, wie es damals üblich und vom Gesetz gestützt wird, nur für den Haushalt zuständig und fühlt sich dadurch weder ausgelastet noch findet sie dafür Anerkennung. Für Tobias steht diese Rolle gar nicht in Frage. Erst durch die Berufstätigkeit der Nachbarin und den Bemühungen der Mutter in dieser Richtung gerät sein vom Vater gestütztes Bild der Frau im öffentlichen Leben ins Wanken.

Der Erzählstil des Ich-Erzählers entspricht dem eines heranwachsenden Jungen, der über manche Entdeckungen staunt und über alles Erlernte und Erfahrene stolz ist, weil er darüber den wissenden Erwachsenen wieder etwas ähnlicher geworden ist. Dadurch erhält der Roman eine gewisse Leichtigkeit und sorgt für einige amüsante Szenen. Ulrich Woelk ist selbst in einem Kölner Stadtteil in den 1960ern aufgewachsen ist und vermittelte ein authentisches Flair der damaligen Zeit und der rheinischen Lebensart, die ich selber als Rheinländerin auch kenne. Manchmal konnte ich vergessen, dass der Roman nur eine Fiktion ist und sah dabei den Autor in der Rolle des Biografen.

In dieser Geschichte eines am Beginn der Pubertät stehenden Jungen verbirgt sich einiges an Tiefgang zu Themen der Gesellschaftspolitik, die durch die Unbedarftheit des Ich-Erzählers aufgeworfen werden. Es sind Themen darunter, allen voran die Stellung der Frau in der Gesellschaft, die bis heute aktuell sind. Gerne habe ich mich noch einmal zurück erinnert sowohl in Bezug auf die Historie wie auch an die frühen Jugendjahre und der damit verbundenen Erweiterung des eigenen Horizonts, so wie Tobias sie erfährt. Gerne empfehle ich daher den Roman uneingeschränkt weiter.