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Das Mädchen mit dem Poesiealbum
Autor: Bart van Es
Übersetzer: Silvia Morawetz & Theresia Übelhör
Autor: Bart van Es
Übersetzer: Silvia Morawetz & Theresia Übelhör
Hardcover: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 18. Februar 2019
Verlag: DuMont Buchverlag
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Bart van Es wusste schon immer, dass seine Großeltern während des
Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden jüdische Kinder versteckt haben. Doch
nach den Einzelheiten hat er nie gefragt, und niemand erzählte sie ihm. Der Tod
seines Onkels bringt ihn schließlich ins Nachdenken. Er möchte mehr über seine
Großeltern herausfinden, vor allem aber über die Geschichte des Mädchens, das
sie versteckten: Lien. Über seine Mutter erhält er ihre Mailadresse und trifft
sie kurz darauf in Amsterdam. Der Professor für englische Literatur lauscht
ihren Erinnerungen, beginnt zu recherchieren und begibt sich auf eine
Spurensuche.
Im Prolog des Buches berichtet der Autor von seinem allerersten Treffen
mit Lien in Amsterdam. Er ist neugierig auf die Frau, die scheinbar lange ein
Teil seiner Familie war und zu welcher der Kontakt vor fast dreißig Jahren
abgebrochen wurde. Ein Mailaustausch ging dem Treffen voraus, und Lien ist
bereit, ihre Geschichte mit ihm zu teilen. Auch einige Fotos hat sie
aufbewahrt, und einen ganz besonderen Schatz: Ihr altes Poesiealbum.
Liens Geschichte wird in diesem Buch chronologisch erzählt und beginnt
im Jahr 1941 in Den Haag. Zu dieser Zeit ist der Krieg in den Niederlanden
angekommen und Lien erfährt als jüdisches Mädchen die ersten Schritte der
Ausgrenzung: Sie muss einen Judenstern tragen, auf eine jüdische Schule gehen
und darf die meisten öffentlichen Orte nicht mehr betreten. Als sich die Lage
immer weiter zuspitzt, möchten ihre Eltern sie retten und geben sie fort. Sie
soll bei einer anderen Familie und an einem anderen Ort leben kann, wo niemand
weiß, dass sie Jüdin ist.
Liens Geschichte ist ein Beispiel für das Schicksal vieler jüdischen
Kinder, die während des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden versteckt
wurden. Im Gegensatz zur bekanntesten von ihnen, Anne Frank, muss Lien während
des Krieges mehrfach das Versteck wechseln. Zum Glück findet sich immer jemand,
der bereit ist, ihr Unterschlupf zu gewähren. Doch die Familien, die sie
aufnehmen, gehen ganz unterschiedlich mit ihr um. So gibt es in den
Kriegsjahren manche schöne, aber auch beklemmende und höchst traumatische
Erlebnisse.
Die Rückblicke werden immer wieder unterbrochen durch Kapitel, in denen
Bart van Es von seiner Recherche erzählt. Er besucht zahlreiche Orte, an denen
Lien sich aufgehalten hat, und berichtet, wie es dort heute aussieht. Außerdem
versorgt er den Leser mit Hintergrundinformationen zur Situation der Juden in
den Niederlanden zu Beginn und während des Krieges, dem Kriegsverlauf und
kurzen Einblicken in die Schicksale von weiteren Opfern, Helfern und Tätern. So
lernt man zum einen die sehr persönliche Geschichte einer Überlebenden kennen,
zum anderen erfährt man mehr über das Schicksal der niederländischen Juden im Allgemeinen.
Mir hat diese Mischung gut gefallen, allerdings fand ich Abschnitte, in denen
die geschichtlichen Fakten dargestellt werden, etwas überladen.
Der Autor versucht, möglichst neutral über Liens Schicksal zu
berichten. Seine Großeltern stellt er nicht als unantastbare Helden hin,
sondern setzt sich auch mit ihrer Rolle kritisch auseinander. Der Tonfall ist
eher nüchtern, man merkt, dass er sonst wissenschaftliche Artikel verfasst und
keine rührenden Storys. Für mich passte das gut zu dem, was er berichten
möchte. Gleichzeitig machten die abgedruckten Fotos und Einträge aus Liens
Poesiealbum ihre Geschichte für mich noch greifbarer.
In „Das Mädchen mit dem Poesiealbum“ erzählt der Professor Bart van Es
die Geschichte der Jüdin Lien, die als Kind während des Zweiten Weltkriegs in
den Niederlanden unter anderem von seinen Großeltern versteckt wurde. Dabei
erhält der Leser sowohl Einblicke in Liens persönliches Schicksal als auch in
die Geschichte der niederländischen Juden während des Krieges. Der Schreibstil
ist nicht perfekt, doch ich bin froh, dass der Autor Liens Geschichte
aufbereitet und aufgeschrieben hat. Ein gutes und wichtiges Buch gegen das
Vergessen, dem ich noch viele Leser wünsche.