Sonntag, 17. Februar 2019

[Rezension] Deine kalten Hände - Han Kang




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Deine kalten Hände
Autorin: Han Kang
Übersetzerin: Kyong-Hae Flügel
Hardcover: 312 Seiten
Erscheinungsdatum: 15. Februar 2019
Verlag: Aufbau Verlag

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Die Schriftstellerin H. besucht die Premiere des neuen Dramas einer Studienfreundin. Doch sie kann der Handlung nicht mehr folgen, nachdem sie auf der Bühne eine besondere Skulptur entdeckt: Den Abdruck eines Menschen. Werke dieses Künstlers konnten sie schon in der Vergangenheit fesseln. Auf der Premierenfeier begegnet H. dem Bildhauer Jang Unhyong zum ersten Mal und wechselt ein paar Worte mit ihm. Monate später meldet sich dessen Schwester bei ihr: Jang ist verschollen, und H. ist die einzige in seinen Aufzeichnungen erwähnte Person, mit der sie noch nicht gesprochen hat. Trotz ihrer ausweichenden Reaktion hat H. kurze Zeit Jangs Manuskript im Briefkasten. Ihre Neugier siegt, und sie taucht ein in seine Erinnerungen.

Zu Beginn lernt der Leser den Bildhauer Jang Unhyong aus der Perspektive der Schriftstellerin H. kennen. Sie ist fasziniert von seinen Werken, menschlichen Abdrücken, bei denen einige Stellen abgerissen wurden und den Blick ins hohle Innere freigeben. Deshalb erkennt sie sofort, dass es sich um eine weitere Skulptur von Jang Unhyong handelt, als sie diese auf der Bühne erblickt. Die anschließende Begegnung mit ihm ist kurz und für sie nicht von weiterer Bedeutung. Doch ihre Frage an ihn, warum er solche Werke schafft, scheint etwas in ihm ausgelöst zu haben. Er erwähnt diese Situation in seinem Manuskript, das er vor seinem Verschwinden hinterlassen hat und das nun H. in die Hände fällt.

Nach diesem kurzen Intro wechselt die Perspektive und besagtes Manuskript ist abgedruckt. Es nimmt den Großteil des Buches ein und endet erst wenige Seiten vor dessen Ende. Es beginnt mit H.s Frage nach dem Warum, die Jang ins Grübeln bringt und ihn zu einem Rückblick anregt. In seiner Kindheit suchte er als einziger Sohn von drei Kindern nach Anerkennung und Zuneigung von seinen Eltern. Doch insbesondere sein Vater ist ihm gegenüber kühl und streng. Diverse Szenen beleuchten Jangs Position in der Familie und in der Schule. In dieser Zeit entwickelt sich auch eine erste Faszination für von der Norm abweichende Körperteile: Immer wieder versucht er, einen Blick auf die durch einen Unfall verstümmelten Finger seines Onkels zu erhaschen.

Als Leser verfolgt man Jangs Entwicklung und erlebt mit, wie er zum ersten Mal Gipsabdrücke von L. nimmt. Diese ist stark übergewichtig, doch ihre Hände findet Jang besonders schön und engagiert sie als Modell. Nach anfänglichen Bedenken von L.s Seite verbringen zunehmend Zeit miteinander. Ihre Beziehung ist kompliziert und wird Jang nachhaltig prägen. Aber findet sich darin auch eine Antwort auf sein Verschwinden?

Jangs Faszination für Körperteile und dessen Entschluss, sie als Gipsabdrücke in unterschiedlichen Haltungen festzuhalten, wird mit poetischer Sprache gelungen beschrieben. Sein Schaffen ist voller Symbolik. Wie viel Mensch fängt ein Abdruck ein? Was verbirgt sich hinter ihren Masken? Wer ist bereit, sie abzulegen? Der Leser begegnet Charakteren, die ihre wahren Gefühle nicht nach außen tragen können oder wollen. Der Künstler Jang hat derweil immer wieder den Eindruck, selbst hohl zu sein. Er sehnt sich danach, hinter die Maske eines anderen zu blicken. Das Buch lässt den Leser tief blicken und begreifen, was in ihm vorgeht. Trotzdem gelang es mir nie, seinen Charakter in Gänze zu fassen. So blieben bei mir am Ende viele Fragezeichen, an denen das kurze Outro aus H.s Perspektive nichts änderte.

„Deine kalten Hände“ ist ein Künstler- und Gesellschaftsroman, der starke Bilder schafft und Raum zur Interpretation gibt. Er brachte mich ins Nachdenken, konnte mich auf der emotionalen Ebene aber nicht packen. Ein Buch für alle, die gern symbolträchtige Werke lesen.
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