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Deine kalten Hände
Autorin: Han Kang
Übersetzerin: Kyong-Hae Flügel
Autorin: Han Kang
Übersetzerin: Kyong-Hae Flügel
Hardcover: 312 Seiten
Erscheinungsdatum: 15. Februar 2019
Verlag: Aufbau Verlag
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Die Schriftstellerin H. besucht die Premiere des neuen Dramas einer
Studienfreundin. Doch sie kann der Handlung nicht mehr folgen, nachdem sie auf
der Bühne eine besondere Skulptur entdeckt: Den Abdruck eines Menschen. Werke
dieses Künstlers konnten sie schon in der Vergangenheit fesseln. Auf der
Premierenfeier begegnet H. dem Bildhauer Jang Unhyong zum ersten Mal und
wechselt ein paar Worte mit ihm. Monate später meldet sich dessen Schwester bei
ihr: Jang ist verschollen, und H. ist die einzige in seinen Aufzeichnungen
erwähnte Person, mit der sie noch nicht gesprochen hat. Trotz ihrer
ausweichenden Reaktion hat H. kurze Zeit Jangs Manuskript im Briefkasten. Ihre
Neugier siegt, und sie taucht ein in seine Erinnerungen.
Zu Beginn lernt der Leser den Bildhauer Jang Unhyong aus der
Perspektive der Schriftstellerin H. kennen. Sie ist fasziniert von seinen
Werken, menschlichen Abdrücken, bei denen einige Stellen abgerissen wurden und
den Blick ins hohle Innere freigeben. Deshalb erkennt sie sofort, dass es sich um
eine weitere Skulptur von Jang Unhyong handelt, als sie diese auf der Bühne
erblickt. Die anschließende Begegnung mit ihm ist kurz und für sie nicht von
weiterer Bedeutung. Doch ihre Frage an ihn, warum er solche Werke schafft,
scheint etwas in ihm ausgelöst zu haben. Er erwähnt diese Situation in seinem
Manuskript, das er vor seinem Verschwinden hinterlassen hat und das nun H. in
die Hände fällt.
Nach diesem kurzen Intro wechselt die Perspektive und besagtes Manuskript
ist abgedruckt. Es nimmt den Großteil des Buches ein und endet erst wenige
Seiten vor dessen Ende. Es beginnt mit H.s Frage nach dem Warum, die Jang ins
Grübeln bringt und ihn zu einem Rückblick anregt. In seiner Kindheit suchte er
als einziger Sohn von drei Kindern nach Anerkennung und Zuneigung von seinen
Eltern. Doch insbesondere sein Vater ist ihm gegenüber kühl und streng. Diverse
Szenen beleuchten Jangs Position in der Familie und in der Schule. In dieser
Zeit entwickelt sich auch eine erste Faszination für von der Norm abweichende Körperteile:
Immer wieder versucht er, einen Blick auf die durch einen Unfall verstümmelten
Finger seines Onkels zu erhaschen.
Als Leser verfolgt man Jangs Entwicklung und erlebt mit, wie er zum
ersten Mal Gipsabdrücke von L. nimmt. Diese ist stark übergewichtig, doch ihre
Hände findet Jang besonders schön und engagiert sie als Modell. Nach
anfänglichen Bedenken von L.s Seite verbringen zunehmend Zeit miteinander. Ihre
Beziehung ist kompliziert und wird Jang nachhaltig prägen. Aber findet sich
darin auch eine Antwort auf sein Verschwinden?
Jangs Faszination für Körperteile und dessen Entschluss, sie als
Gipsabdrücke in unterschiedlichen Haltungen festzuhalten, wird mit poetischer
Sprache gelungen beschrieben. Sein Schaffen ist voller Symbolik. Wie viel Mensch
fängt ein Abdruck ein? Was verbirgt sich hinter ihren Masken? Wer ist bereit,
sie abzulegen? Der Leser begegnet Charakteren, die ihre wahren Gefühle nicht
nach außen tragen können oder wollen. Der Künstler Jang hat derweil immer
wieder den Eindruck, selbst hohl zu sein. Er sehnt sich danach, hinter die
Maske eines anderen zu blicken. Das Buch lässt den Leser tief blicken und
begreifen, was in ihm vorgeht. Trotzdem gelang es mir nie, seinen Charakter in
Gänze zu fassen. So blieben bei mir am Ende viele Fragezeichen, an denen das
kurze Outro aus H.s Perspektive nichts änderte.
„Deine kalten Hände“ ist ein Künstler- und Gesellschaftsroman, der
starke Bilder schafft und Raum zur Interpretation gibt. Er brachte mich ins
Nachdenken, konnte mich auf der emotionalen Ebene aber nicht packen. Ein Buch
für alle, die gern symbolträchtige Werke lesen.