Mittwoch, 20. Februar 2019

Rezension: Der Atem einer anderen Welt von Seanan McGuire


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Der Atem einer anderen Welt
Autorin: Seanan McGuire
Übersetzerin: Ilse Layer
Erscheinungsdatum: 23.01.2019
Verlag: Fischer Tor (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783596298846
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Das Buch „Der Atem einer anderen Welt“ umfasst die ersten drei Teile einer vorläufig auf acht Bände geplanten Fantasy-Serie der kalifornischen Autorin Seanan McGuire. Der erste Teil wurde 2016 als bester Kurzroman mit dem Nebula Award (Autorenvereinigung) sowie 2017 mit dem Hugo-Award (Leserpreis) und dem Locus (Fachmagazin) Award ausgezeichnet. Der Titel des Buchs ist gleichzeitig die Bezeichnung des ersten der beinhalteten Kurzromane. Außerdem sind noch die Novellen „Unter einem roten Mond“ und „Süßer Unsinn“ enthalten, wobei jeder Band etwa 150 Seiten umfasst. In den ihr gestellten Fragen auf Twitter erklärte die Autorin, dass die Handlung der Bücher immer wechselt zwischen solchen, deren Handlung in einem Internat spielt und einer Portalfantasie. Das Tor auf dem Cover, das die Eingangspforte zu dem Herrenhaus im Hintergrund bildet, lädt zum Eintritt in die Geschichte ein.

Eleanor West ist fast hundert Jahre alt, sieht aber deutlich jünger aus. Sie leitet ein Internat für Kinder auf Abwegen, zu denen beispielsweise die 17-jährige Nancy gehört, die im ersten Teil im Mittelpunkt der Geschehnisse steht. Nancy hat zu Hause, so wie alle Internatsschüler, ein Tor zu einer anderen Welt gefunden. Hinter den verschiedenen Portalen können die Abwegigen so leben, wie es ihren geheimen Wünschen entspricht. Unsinn, Vernunft, Bosheit, Tugend, Reim oder Logik sind die Eigenschaften, die in unterschiedlichen Kombinationen die Länder hinter den Toren auszeichnen. Die Schulleiterin ist selbst in einem ungewöhnlichen Land gewesen und versteht daher die Sehnsucht ihrer Schüler, in ihre neue Heimat jenseits der Tore unbedingt zurückkehren zu wollen, die sie aus den verschiedensten Gründen verlassen mussten. Ein Portal öffnet sich nur dann, wenn der Suchende am richtigen Ort zur richtigen Zeit ist. Den Zugang ein zweites Mal zu finden, ist schwierig.

Der zweite Band erzählt die Geschichte der Zwillinge Jack und Jill, die in der Welt hinter dem Tor, dass sie betreten haben, die ihnen anerzogenen Rollen tauschen. An der Seite von Rini, die auf der Suche nach ihrer Mutter ist, erleben im dritten Teil einige der Internatsschüler ein Abenteuer im süßen Kuchenland. In dieser letzten Novelle des Buchs erhalten die Portalwelten eigene Namen, so können sie besser charakterisiert und dadurch unterschieden werden.

Mit ihrem Fantasyzyklus schafft Seanan McGuire eine Welt, die hinter unserer Realität liegt. Weil ihre Protagonisten ganz normale Bewohner unserer Erde sind, die noch zur Schule gehen, kann man sich als Leser in die Figuren hinein denken und ihre Sehnsüchte nachvollziehen. Alle Kinder und Jugendlichen fühlen sich von ihren Eltern und ihrer Umgebung unverstanden. Durch ihr Eintreten in eine neue Welt jenseits eines Portals erfahren sie Zuwendung und manchmal auch Liebe. Die ihnen eigenen Fähigkeiten werden erkannt und gefördert. In einigen Welten geht es auch blutig und grausam zu, dadurch konnte ich als Leser kaum glauben, dass es möglich ist, sich hier wohl zu fühlen. Doch die Schüler finden hier Anerkennung und Zuspruch und wägen daher ab, ob sie sich wohler fühlen bei einer oft respektlosen Behandlung zu Hause in ihrer Familie oder dem düsteren, aber motivationsförderlichen Ort jenseits des Portals. In der Fantasywelt der Autorin gibt es mehrere Schulen für abwegige Schüler auf der Welt, eine davon ist gar nicht so weit von Eleanors Internat entfernt und beherbergt Kinder und Jugendliche, die sich wieder der Wirklichkeit stellen wollen.

Seanan McGuire weist immer wieder darauf hin, dass jeder Mensch ein Individuum ist und entsprechend seiner Veranlagungen und Einstellungen behandelt und seine Talente gefördert werden sollten. Sie gibt nicht nur ihren Figuren das Gefühl, sondern auch ihren Lesern, dass es völlig in Ordnung ist, anders zu empfinden und dabei eventuell nicht den Vorstellungen der Eltern zu entsprechen. Ich hoffe darauf, dass die vorliegenden Novellen Erwachsene mit Kindern dazu anregen, ihren Erziehungsstil zu überdenken.

„Der Atem einer anderen Welt“ von Seanan McGuire handelt von mutigen Kindern und Jugendlichen und einer Schulleiterin mit viel Verständnis. Leider entspricht die dritte Novelle nicht ganz dem Niveau der beiden vorigen Teile, weil sie zu sehr auf der Beschreibung des Lands hinter dem Tor fokussiert. Alle beinhalteten Kurzromane sind magisch, bewegend, spannend, amüsant und einzigartig. Ich freue mich auf die Fortsetzungen und empfehle das Buch an Fantasyleser gerne weiter.

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