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hell/dunkel
Autorin: Julia Rothenburg
Hardcover: 280 Seiten
Erscheinungsdatum: 7. März 2019
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
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Valerie ist neunzehn und entdeckt kurz nach Schulschluss eine SMS ihrer
Mutter. Sie ist ins Krankenhaus gefahren und bleibt über Nacht. Stattdessen
erwartet sie zu Hause überraschend ihr vier Jahre älterer Halbbruder Robert.
Der ist schon vor einiger Zeit nach Marburg gezogen, um dort eine Ausbildung zu
machen, während Valerie in Berlin die Höhen und Tiefen der Krankheit ihrer
Mutter begleitet hat. Im Krankenhaus erfahren die beiden, dass die Lage ernst
ist: Der Darmkrebs der Mutter ist so weit fortgeschritten, dass sie in Kürze
sterben wird. Sie haben beide ein schwieriges Verhältnis zu ihr. Nun müssen sie
sich damit auseinandersetzen, wie sie mit der Nachricht umgehen und Abschied
nehmen können.
Das erste Kapitel des Buches ist aus der Sicht von Valerie geschrieben,
die vom erneuten Krankenhausaufenthalt ihrer Mutter erfährt und kurz darauf
ihren Bruder Robert, den sie in Marburg wähnte, in ihrer Wohnung in Berlin
vorfindet. Das erste Gespräch zwischen den beiden ist unbeholfen. Robert hat
sich schon über den Zustand der Mutter informiert und will ins Krankenhaus
fahren, doch Valerie reagiert ausweichend und verweist auf Hausaufgaben, um
nicht mitfahren zu müssen.
Valerie begleitet das Auf und Ab ihrer Mutter schon über eine ganze
Weile und ihr Verhältnis ist kompliziert. Warum das so ist wird nicht explizit
erklärt, man hört aber heraus, dass die Mutter ihren Kindern nicht allzu viel
Liebe und Wärme entgegengebracht hat. Mir wurde verständlich gemacht, warum es
Valerie so schwer fällt, ein gutes Verhalten für die letzten Tage ihrer Mutter
zu finden. Die Nachricht beschäftigt sie sehr, an Schule kann sie nicht denken,
doch am Bett ihrer Mutter will sie auch nicht sitzen.
Auch Roberts weiß gerade nicht so recht, wohin mit sich. Seine
Ausbildung hat er abgebrochen und mit seiner Freundin, die in Marburg auf ihn
wartet deren Verhalten und Ratschläge für ihn gerade zu verständnisvoll sind, will
er nicht reden. Stattdessen sitzt er in Berlin, wo er versucht, sich über seine
Zukunft klar zu werden und gleichzeitig zu seiner zugeknöpft agierenden
Schwester durchzudringen.
Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht von Valerie und Robert
geschrieben, sodass ich mich in beide gut hineinversetzen konnte. Sie stehen im
Zentrum des Geschehens, während die sterbende Mutter, deren Vorname nur selten
genannt wird genannt wird, als Objekt der Trauer selbst kaum als handelnde
Person in Erscheinung tritt. In poetischer Sprache wird geschildert, wie jeder
der beiden auf seine Weise mit dem nahenden Abschied umgeht.
Das Verhältnis der Halbgeschwister zueinander wandelt sich in Laufe des
Buches. Sie überschreiten beim Versuch, einander Halt zu geben, schließlich
eine Grenze. Diese Entwicklung kam für mich überraschend und dominiert in der
zweiten Buchhälfte über weite Teile die Handlung. Die beiden kapseln sich ab,
nicht nur in Richtung Umfeld, sondern auch in Richtung Leser, sodass ich das Gefühl
hatte, nicht mehr ganz an sie heranzukommen.
Behutsam schildert die Autorin das Innenleben der Protagonisten, ihre
Zweifel, Sorgen und Hoffnungen. Mich konnte das Buch berühren und nachdenklich
stimmen. Ein gelungener Roman über zwei ungleiche Geschwister und ihre Suche
nach einem Weg, um mit ihrer Trauer und dem nahenden Verlust umzugehen.