Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Frühlingserwachen
Autorin: Isabelle Lehn
Erscheinungsdatum: 27.02.2019
Verlag: S.Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783103973945
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Der
Roman „Frühlingserwachen“ erzählt von dem Alter Ego gleichen Namens der Autorin
Isabelle Lehn. Mit dem Erwachen des Frühlings assoziiere ich den Beginn des
jährlichen Aufblühens der Natur. Für die Protagonistin Isabelle Lehn, 36 Jahre
alt, Schriftstellerin, geschieden und in einer Beziehung, ist es kein neuer
Anfang. Eher sieht sie „rot“ und ist wütend auf sich selbst, wenn sie auf das
schaut, was sie bisher im Leben erreicht hat, symbolisiert auch durch die
Farbgestaltung des Covers. Die junge Frau, die dort abgebildet ist, scheint sich
lieber in ihrer Kleidung verstecken zu wollen, doch ihr Blick richtet sich
offen und erwartungsvoll auf den Lesenden. Wendet man das Buch, stellt sich die
Abbildung förmlich auf den Kopf und auch die Hauptfigur sinnt darüber nach, ob sie
durch verschiedene Entscheidungen ihre Zukunft gründlich verändern könnte.
Isabelle
wünscht sich ein Kind, ist sich aber nicht schlüssig darüber, ob es ihr in der
Folge gelingen wird, die Maßstäbe tatsächlich zu erreichen, die sie sich für eine
Erziehung setzt. Seit vielen Jahren arbeitet sie an ihrem Roman und hofft
natürlich darauf, dass er veröffentlicht wird. Sie ist unzufrieden aufgrund des
Nichterreichten beziehungsweise nicht genug Erreichten und stagniert in einer
depressiven Phase. Die verordneten Tabletten wirken gegen ihre Unruhe, vermindern
aber auch ihren Antrieb. Wie bei vielen Dingen in ihrem Leben, weiß sie nicht,
welchem Umstand sie mehr Bedeutung beimessen soll. Ihrer Meinung nach befindet
sie sich in einem Alter in dem ihre Entscheidungen wichtige Auswirkungen für
den Rest ihres Lebens haben werden. Isabelle fragt sich, ob es immer nur zwei
Seiten einer Medaille gibt, schwarz oder weiß, hell und dunkel oder lohnt sich
es sich auch mit Alternativen und Kompromissen zu leben?
Isabelle
Lehn schreibt einen Text bei dem an keiner Stelle klar wird, wie autobiographisch
er ist. Doch die Frage bleibt stets im Hintergrund und forderte mich von Beginn
an dazu auf, mehr über die Autorin im Internet zu erfahren. Neben der
eigentlichen Handlung, in der der Schreibprozess eines Romans geschildert wird,
ebenso wie die Kinderwunschbehandlung der Protagonistin und die
Psychotherapiestunden gegen die Depressionserkrankung, konnte ich mehr über die
Gefühlswelt der Hauptfigur erfahren, die in der Ich-Form erzählt. Ohne Hemmungen
schreibt sie über ihre Beziehungen zu Männern, ihr feinsinniges Verhältnis zu
ihren Freundinnen und ihrer ungebrochenen Bindung zu Familienangehörigen.
Begleitet wird der Text immer wieder mit Ausflügen in die Literatur, die auf
vielfache Weise in den Alltag von Isabelle einfließt und einwirkt.
Auf
ihre ganz eigene Weise ist die Protagonistin des Romans „Frühlingserwachen“
bestrebt, einen Weg zu finden, sich selbst zu verwirklichen. Sie sucht dabei
nach einem geeigneten Maßstab, an dem man seine Zufriedenheit messen kann, um
sich letztlich der Ironie des Schicksals hinzugeben. Ausdrucksstark erzeugt die
Autorin Bilder im Kopf, die gerade durch die Möglichkeit der Nähe zur Realität
authentisch wirken. Der Roman berührt, weil sich viele Leser in den angeschnittenen Themen wiederfinden werden. Gerne empfehle ich den Roman weiter.