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Dienstag, 9. April 2019

[Rezension] Bella Ciao - Raffaella Romagnolo



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Bella Ciao
Autorin: Raffaella Romagnolo
Übersetzerin: Maja Pflig
Hardcover: 528 Seiten
Erscheinungsdatum: 20. März 2019
Verlag: Diogenes

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Im Jahr 1946 kehrt Mrs. Giulia Masca für einen Besuch nach Borgo Di Dentro zurück. In diesem kleinen italienischen Städtchen ist sie aufgewachsen, bevor sie vor fünfundvierzig Jahren heimlich und mit einem Kind im Bauch über Genua nach Amerika fuhr. Inzwischen ist sie eine gemachte Frau, die sich nun mit den Erinnerungen ihrer Kindheit und Jugend konfrontiert sieht. Was ist wohl aus ihrer Mutter geworden, die auf ihre Briefe nie geantwortet hat? Und was hat ihre ehemals beste Freundin Anita erlebt, von der Giulia damals im Stich gelassen und hintergangen wurde?

Zu Beginn des Buches trifft Giulia im italienischen Städchen Borgo Di Dentro ein. Gemeinsam mit ihrem Sohn Michael ist sie aus geschäftlichen Gründen von Amerika nach Europa gekommen, ihr Heimatdorf ist ein kurzer Zwischenstopp. Beim Anblick ihres Geburtshauses kommen zahlreiche Erinnerungen an die Oberfläche. Der Leser wird mitgenommen ins Jahr 1900, wo Giulia wie ihre Mutter Assunta und ihre beste Freundin Anita in einer Spinnerei arbeitet. Der Lohn reicht gerade so für das allernötigste, weshalb ein Streik begonnen wurde. Doch während die Arbeiterinnen sich davon vieles erhoffen, müssen sie erst einmal die Zeit ganz ohne Einkommen durchstehen.

Giulia wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, hat sich mit ihrem Leben aber arrangiert. Deshalb war ich gespannt, was sie dazu bewegen wird, alles hinter sich zu lassen. Bald erahnt man den Grund und ich konnte ihren Entschluss schließlich nachvollziehen. Ich hoffte und bangte mit ihr, dass sie in Amerika nicht in die falschen Hände gerät. Die Entwicklungen in New York laufen verhältnismäßig schnell ab. Gleichzeitig wird die Situation in Italien aus unterschiedlichen Perspektiven ausführlich weiter erzählt.

Der Roman nimmt den Leser in ruhigem Tempo mit durch all die Jahre bis zu Giulias Rückkehr. Dabei muss man konzentriert lesen, um bei den häufigen und nicht explizit gekennzeichneten Sprüngen durch Raum und Zeit nicht den Faden zu verlieren. In Italien erlebt Anita und ihre Familie den ersten Weltkrieg, das entschlossene Agieren der Kommunisten gegen die Unterdrückung und schließlich das Erstarken der Faschisten. Giulia in Amerika muss sich mit ihrem Status als Einwanderin arrangieren und erlebt mit, wie ihr Sohn deshalb immer wieder ausgegrenzt wird.

Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Handlung auf den Ereignissen in Italien und fokussiert sich im letzten Drittel vor allem darauf, was in Borgo Di Dentro während des zweiten Weltkriegs geschieht. Ich fand es schade, dass die Handlung in Amerika eher zweitrangig ist. Hier hätte ich gern mehr erfahren, während mit die Kriegsjahre in Italien zu ausführlich beschrieben waren. Giulias Rückkehr nach Italien bildet nur den Rahmen, um in die Vergangenheit einzutauchen. Auch davon hatte ich mir mehr erhofft. Lange Gespräche such man vergeblich, die Autorin lässt die Charaktere vor allem durch ihre Handlungen sprechen. Ich erhielt Einblicke in die Gedanken- und Gefühlwelt der Erzählenden, große Emotionen wurden bei mir jedoch nicht geweckt.

In „Bella Ciao“ wird eine komplexe Familiengeschichte erzählt, in der die Charaktere sich aller Rückschläge zum Trotz nicht unterkriegen lassen. Mir haben die starken Frauenfiguren gefallen und ich erhielt interessante Einblicke ins Italien während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Insbesondere die Beschreibung der Kriegsjahre zog sich für mich jedoch in die Länge und ich hätte mir ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den Geschichten von Giulia und Anita gewünscht. Ein Buch für alle Leser von Familiengeschichten, die sich für Einblicke in die italienische Geschichte von 1900 bis 1946 interessieren.