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Montag, 13. Mai 2019

Rezension: Das Geburtstagsfest von Judith W. Taschler


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Das Geburtstagsfest
Autorin: Judith W. Taschler
Erscheinungsdatum: 01.04.2019
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783426281888
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Bereits als ich das erste Mal den Roman „Das Geburtstagsfest“ von Judith W. Taschler in der Hand hielt erschienen mir das Cover zum Titel widersprüchlich. Zwar passt nach meiner Vorstellung die festlich gekleidete Frau in den von mir angenommenen feierlichen Rahmen zum Ereignis, aber der Raum erschien mir mit seinen Buntglasscheiben, den verwitterten Holzrahmen und der abblätternden Wandfarbe rückständig und heruntergekommen. Beim Lesen erfuhr ich, dass hier bereits auf den Inhalt der Geschichte angespielt wird.

Die Erinnerungen des Protagonisten Kim Mey an seine Jahre als Heranwachsender führen ihn in eine Zeit zurück, in denen er nur das Nötigste zum Leben hatte, gepflegtes Eigentum war ihm unbekannt. Vielleicht und gerade deshalb ist er seit Jahren ein erfolgreicher Architekt, verheiratet und hat drei Kinder, auf die er stolz ist. Eigentlich möchte er seinen 50. Geburtstag im engeren Familienkreis feiern. Doch sein jüngster Sohn Jonas hat sich eine besondere Überraschung für ihn überlegt, denn als Gast lädt er eine alte Bekannte seines Vaters zum Fest ein.

Die von Jonas eingeladene Tevi Gardiner wohnt inzwischen in Amerika, ist aber als Jugendliche gemeinsam mit Kim aus Kambodscha nach Österreich geflohen. Einige Zeit hat sie so wie er in Wien studiert, aber seit 23 Jahren hat Kim sie nicht mehr gesehen. Die geringe Freude, die er beim Wiedersehen zeigt, verwundert seine Kinder. Schließlich kommt es sogar zum Streit zwischen Kim und Tevi. Im Laufe der Erzählung führte die Autorin mich schrittweise an die Geschehnisse in der Vergangenheit heran, verknüpft sie aber ebenfalls mit der Gegenwart und den daraus resultierenden Folgen, die tief betroffen machen.

Mit einer Suche nach Tevi durch Jonas und der Bitte um ihren Besuch zum Geburtstag seines Vaters beginnt ganz unaufgeregt der Roman. Was Judith W. Taschler dann aber im Laufe der Geschichte erzählt überrollte mich mit großer Wucht, so unbegreiflich sind die geschilderten Erlebnisse und doch sind sie realistisch und glaubhaft. Als Leser führte sie mit nach Kambodscha in die 1970er Jahre, dort lebt Kim als ältester Sohn eines Fischers in einem kleinen Ort am Meer. Tevi die jüngste Tochter eines Hoteliers in der nächsten Stadt. Es herrscht Bürgerkrieg im Land und die Veränderung der politischen Lage dringt irgendwann auch bis in die kleinsten Dörfer.

Mit großer Behutsamkeit beschreibt die Autorin den Alltag der beiden Familien und die Möglichkeiten, die sich für die beiden Kinder Kim und Tevi in ihrem Umfeld zur Entwicklung bieten. Doch gleichzeitig entfaltet sie immer mehr die Grausamkeiten des Kriegs bis hin zur Flucht nach Europa. Interessanterweise blicken Kim und Tevi aus der Gegenwart sehr unterschiedlich auf die gemeinsamen Jahre zurück. Die Protagonisten wirken letztlich innerlich verwundet und zerrissen, die Erinnerungen bruchstückhaft zusammengesetzt, der Wahrheitsgehalt des Beschriebenen steht in Frage. Ist es Tevi, die ihre Erlebnisse verdrängt oder Kim, der das Geschehene idealisiert? Judith W. Taschler lässt die Frage bewusst offen und unterstützt so noch die Unzulänglichkeit ihrer Figuren, die mir durchaus sympathisch waren. Dennoch riefen deren Handlungen eine Art Unwohlsein bei mir beim Lesen hervor, allerdings gekoppelt konnte ich ihr Verhalten aufgrund der Umstände akzeptieren, jedoch nicht für gut befinden.

„Das Geburtstagsfest“ von Judith W. Taschler überraschte mich mit seiner Geschichte, die sich in seiner ganzen Tragik langsam über die Seiten hinweg mit zunehmender Kraft zeigt. Es ist ein denkwürdiges Geburtstagsfest zu dem die Autorin mich hier in Romanform eingeladen hat, das noch lange in Erinnerung bleiben wird. Gerne empfehle ich das Buch weiter.