Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Ich bin die,vor der mich meine Mutter gewarnt hat
Autor: Demian Lienhard
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt (Link zur Buchseite des Verlags)
Erscheinungsdatum: 20.03.2019
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783627002602
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Obwohl das Cover vielleicht an eine „federleichte“
Geschichte denken lässt, ist der Roman „Ich bin die, vor der mich meine Mutter
gewarnt hat“ von Demian Lienhard nicht schwerelos. Er ist zwar von Beginn an
aufgrund der schnodderigen Erzählweise der Protagonistin amüsant, aber auch
tiefgründig und berührend.
Alba ist Protagonistin und Ich-Erzählerin des Romans. Sie
erzählt im Rückblick auf ihr wichtige Ereignisse in ihrem Leben. Zu Beginn der
Geschichte ist sie noch Schülerin und Patientin im Krankenhaus. Sie schildert
ihre erste Begegnung mit ihrem späteren Freund Jack, der eigentlich gar nicht
so heißt. Schon durch die ersten Zeilen erfuhr ich aufgrund einer von erwähnten
Schwindelei von ihrem Gewohnheit, die Wiedergabe von Erlebtem so
zusammenzubauen, wie es ihr nach ihrer Vorstellung gefällt.
Es ist Anfang der 1980er Jahre und Alba lebt in einem
kleinen Ort in der Nähe von Zürich, dessen größte Attraktion eine Hochbrücke
ist, von der sich viele hinunterstürzen, um ihrem Leben ein Ende zu setzen,
darunter auch mehrere Mitschüler. Überhaupt ist Albas noch junges Leben von
vielen Verlusten geprägt, was sie auch immer wieder in ihrer Erzählung
thematisiert. Auf diese Weise lässt sich auch ihre Trauer und Wut auf das Leben
nachvollziehen und ihr Wunsch danach, es zumindest für Außenstehende so zu
verändern, dass Mitleid ausbleibt und sie einer Auseinandersetzung aus dem Weg
geht.
Bis in die 1990er Jahre hinein reicht der Erzählstrang. Alba
erzählt von ihren Gefühlen, ihren Wahrnehmungen, dem Alltagsgeschehen und
erstmaligen Erlebnissen bis hin zu einer Spirale der Abhängigkeit in dies sie
sich verfängt. Durch Jack wird sie auf größere Probleme in der Gesellschaft
aufmerksam, ein Grund für sie, sich selbst kurzfristig zu engagieren.
Alba greift viele Gesprächsfäden auf und spinnt sie auf eine
unvergleichliche Art in die von ihr erdachte Richtung. Immer wieder korrigiert
sie sich selbst. Für mich ergab sich aufgrund ihrer Schilderungen das Bild
einer jungen Frau, die von ihrer Mutter gelernt hat, nach außen hin eine
gesellschaftlich akzeptable Fassade aufrecht zu erhalten. Obwohl das genau ein
häufiger Kritikpunkt ist über den sie mit ihrer Mutter streitet, hat sie die
Haltung so verinnerlicht, dass sie selbst nicht merkt, dass sie selbst sich genauso
verhält. Als Leser führte ihr Verhalten mich innerhalb der Geschichte zu
zahlreichen unerwarteten Wendungen und überraschenden Offenlegungen, die dem
Roman einen eigenen Ton gaben.
Demian Lienhard schreibt mit großem Einfühlungsvermögen in
dem Roman „Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat“ über eine junge
Frau, die mit viel Selbstironie den Schattenseiten des Lebens entgegentritt,
ohne Netz und doppelten Boden. Die Geschiche ist durch den besonderen
Erzählstil der Protagonistin mitreißend, bewegend und stimmt nachdenklich,
gleichzeitig sorgt er aber auch für einen kurzweiligen Unterton. Gerne empfehle
ich das Buch weiter.