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Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt
Autor: Jan Brandt
Hardcover: 424 Seiten
Erscheinungsdatum: 17. Mai 2019
Verlag: DuMont Buchverlag
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Jan Brandt lebt als Autor in Berlin. Als ihm seine aktuelle Wohnung, in der er schon mehrere Jahre lebt, aufgrund von Eigenbedarf gekündigt wird, muss er sich wieder auf die Suche begeben. Dabei muss er feststellen, dass sich die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt seit seiner letzten Suche deutlich verschärft hat. In dieser Zeit überlegt er auch, in sein Heimatdorf Ihrhove in Ostfriesland zurückzukehren und dort ein Haus zu kaufen. Als er entdeckt, dass der Hof seiner Vorfahren zum Verkauf angeboten wird, überlegt er, zuzuschlagen. Doch das Gebäude ist stark renovierungsbedürftig und der Kredit wäre eine große Belastung, wenn überhaupt einen erhält.
Mir hat die Idee sehr gefallen, das Buch als Wendebuch zu gestalten und
damit zwei Gegensätze gegenüberzustellen. Das führte aber auch zur ersten
großen Frage vor dem Lesen: Womit starte ich? Dem Haus auf dem Land oder der
Wohnung in der Stadt? Ich entschied mich für die etwas dünnere Haus-Geschichte.
Ich bin selbst auf dem Land aufgewachsen und habe eine schöne und bezahlbare
Wohnung in einer Großstadt zu gefunden. Insofern war ich neugierig, welche
Erfahrung der Autor mit Stadt und Land gemacht hat.
Zu Beginn der Haus-Geschichte holt Jan Brandt weit aus und erzählt in
nüchternem Ton die Geschichte seiner Vorfahren und eine Episode, in der er in
Amerika ein Haus seiner Vorfahren besucht hat. Es folgt die Geschichte rund um
den Hof seiner Vorfahren in Ostfriesland. Fakten über Fakten erwarteten mich,
die mir den Einstieg nicht leicht machten. Erst nach 50 Seiten kommt der Autor
im Jahr 2016 an, in dem er entdeckt, dass der Hof zum Verkauf steht. Er
berichtet davon, wie er abwägt, ob er das Geld auftreiben kann und sich die
Investition wirklich lohnt.
Die Geschichte rund um das Haus ist eigentlich schnell erzählt. Dass sie
trotzdem auf über 180 Seiten kommt liegt daran, dass alles sehr ausschweifend
erzählt wird. Da gibt es zum Beispiel seitenweise Geplauder mit den alten
Klassenkameraden ebenso wie 30 Seiten pure Auflistung historischer Ereignisse,
die seit dem Bau des Hofs geschehen sind. Ohne Jahreszahlen. Das ist ein
künstlerischer Ansatz, aber Lesen wollte ich das Kapitel dann doch nicht.
Die Haus-Geschichte ein paar interessante Feststellungen rund um die
Veränderung der Wohn- und Geschäftssituation auf dem Land bereit, hat mich
insgesamt aber gelangweilt, weshalb ich meine Hoffnungen auf die
Stadt-Geschichte setzte. Diese hat mir tatsächlich besser gefallen, denn Storys
rund um Wohnungsbesichtigungen zeigen immer wieder anschaulich, wie weit der
Mietirrsin gekommen ist.
Der Autor gibt Einblicke, in welchen Wohnungen in Berlin er früher
gewohnt hat, was er 2016 an seiner aktuellen Wohnung so schätzt und weshalb er
die Kündigung nicht hinnehmen will. Man begleitet ihn auf zahlreichen
Besichtigungen ebenso wie beim Versuch, Beweise für die Hinfälligkeit der
Kündigung zu sammeln. Bei letztem wird vor allem erzählt, wie er sich auf die
Lauer legt, um seinem Vermieter nachzuweisen, dass der woanders wohnt als
angegeben. Trotz interessanterem Inhalt kommt auch hier das große Manko des
Buches wieder zum Tragen: Die Ausführlichkeit. Die Erlebnisse des Autors,
während er stundenlang herumsteht und wartet, sind zwar ein gutes Symbol für
seine Verzweiflung, aber inhaltlich nicht sonderlich lesenswert.
Aus der Stadt-Geschichte nehme ich insgesamt noch mehr Erkenntnisse mit
als aus der Haus-Geschichte. Unterm Strich ist dieser Selbsterfahrungsbericht
für meinen Geschmack jedoch viel zu ausschweifend geraten, weshalb ich knappe
drei Sterne vergebe.