Rezension von Ingrid Eßer
*Werbung*
Titel: Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung (1. Teil einer Dilogie)
Autorin: Heidi Rehn
Erscheinungsdatum: 02.05.2019
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
ISBN: 9783426523247
-----------------------------------------------------------------------------------------------
In ihrem Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“
erzählt Heidi Rehn die Geschichte der fiktiven Familie Donaubauer und verknüpft
sie eng mit der historischen Entwicklung des Kinos. Der Begriff Lichtspielhaus
klang für mich antiquiert und richtigerweise führt die Erzählung mich in den
Oktober 1926 als noch die bewegten Bilder im Vordergrund standen, zu denen
Geräusche vor Ort geliefert wurden oder ein Ensemble die Stummfilme musikalisch
untermalte. In Deutschland gab es damals zwei große Ateliers, in denen neue
Filme gedreht wurden. Die großen Lichtspielhäuser konkurrierten um die
Premiere. Zunehmend wurde um das Publikum mit immer neuen Ideen gebuhlt vor
allem durch das Schaffen einer angenehmen Atmosphäre durch das Anbieten von
Getränken und der bequemen Ausstattung des Saals sowie dem Aufrüsten durch
neueste Technik.
Im Jahr 1926 verfügen die Donaubauer Lichtspiele inzwischen
über fünf Filmtheater in und außerhalb von München. Geleitet werden sie von der
verwitweten Zenzi, ihrem Sohn Karl und ihren Schwiegerkindern Elsa und
Heinrich. Unvorhergesehen verlässt Karl aufgrund einer Liaison mit einer
dunkelhäutigen Schönen seine Frau Elsa und seine beiden Töchter und lässt sich
in den USA nieder. Doch Zenzi, Elsa und Heinrich führen die Lichtspielhäuser
durch Höhen und Tiefen, die unter anderem bedingt sind durch die Einführung des
Tonfilms und die sich ändernde politische Lage.
Die Trennung von Karl, kurz bevor sie 34 Jahre alt wird, kommt
für Elsa sehr überraschend. Für ihn hat sie ihren Beruf aufgegeben und an
seiner Seite in der Münchner Geschäftswelt Anerkennung erlangt. Kurz hat sie
davon geträumt, eine kleine Rolle in einem Film zu spielen, doch jetzt setzt
sie nicht nur ihren Verstand sondern auch ihr Herz dazu ein, die Donaubauer
Lichtspiele in die Zukunft zu führen. Der Konkurrenzdruck zwingt sie, ständig
auf dem neuesten Stand rund ums Kino zu bleiben. Dazu nutzt sie Informationen
von persönlichen Kontakten und durch Zeitungen. Intern ist es nicht immer
einfach zu dritt die Filmtheater zu führen, weil unterschiedliche Meinungen zu
einer Entscheidung zusammengeführt werden müssen.
Auf gewohnt detailreiche Art führt Heidi Rehn durch das
historische Geschehen. Ihrem Anspruch zu erzählen, wie es damals gewesen sein
könnte, wird sie gerecht. Dank ihrer sehr guten Recherche wirken die
beschriebenen Umstände auf dem Gebiet der Entwicklung der Filmtheater
authentisch, die Lichtspiele entwickelten sich zum Publikumsliebling. In die
Handlung lässt sie zahlreich Filme der entsprechenden Zeit einfließen. Ihre
Charaktere haben Ecken und Kanten. Sie äußern ihre Ansichten und Handeln indem
sie sich an ihren Interessen orientieren und dabei ihren eigenen Vorteil oder
den ihrer Liebsten im Blick haben, zunehmend aber auch nach Kompromissen
suchend mit den neuen Erlassen der politischen Führung. Natürlich ist der
finanzielle Aspekt des Geschäftsbetriebs nie zu vernachlässigen. Bei Elsa und
Zenzi bleibt jedoch auch immer der Wunsch bestehen, die Menschen bestens zu
unterhalten und ihnen so eine Möglichkeit zu geben, dem Alltag zu entfliehen.
Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1939. Zwischen den
Kapiteln gibt es gelegentlich größere Sprünge von Monaten und Jahren. In diesen
Fällen vermittelt die Autorin das, was inzwischen geschehen ist im Rückblick.
Um den Anschluss zu erhalten, werden einige Male die Entwicklungen kurz in
einigen Sätzen zusammengefasst. Durch die Detailtreue kommt es hier und da zu wenigen
Längen. Schön fand ich es, im fiktiven, leicht umgestalteten München der
Autorin auch das Kaufhaus aus ihrem vorigen Roman wiederzufinden. Mit Zenzi
schafft Heidi Rehn eine Bayerin, die ihrem Dialekt treu bleibt, was manchmal den
zügigen Lesefluss leicht unterbricht. Im Glossar am Ende des Buchs finden sich
Erklärungen zu Begriffen aus der Welt des Films, zu bekannten Persönlichkeiten
der damaligen Zeit, aber auch zu einigen Übersetzungen bayrischer Ausdrücke,
die mir hilfreich waren.
Im Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“
erzählt Heidi Rehn die fiktive, aber durchaus real mögliche Geschichte der Familie
Donaubauer, die in den 1920ern zu den führenden Lichtspielbetreibern in München
gehörte. Trotz vieler Krisen in der Branche, vor allem durch die Ansprüche der
Besucher und den neuen politischen Erlassen sowie Missgunst und Streit
innerhalb der Familie gelingt es ihnen ihr Gewerbe bis ins Jahr 1939 zu führen.
Was in den kommenden Jahren geschehen wird, erzählt Heidi Rehn in der
Fortsetzung, die im Frühjahr 2020 erscheinen wird. Ich empfehle das Buch vor
allem an diejenigen, die Familienromane über mehrere Generationen mögen und
interessiert sind an der Geschichte des Kinos.