Donnerstag, 4. Juli 2019

Rezension: Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung von Heidi Rehn



Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung (1. Teil einer Dilogie)
Autorin: Heidi Rehn
Erscheinungsdatum: 02.05.2019
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
ISBN: 9783426523247
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In ihrem Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“ erzählt Heidi Rehn die Geschichte der fiktiven Familie Donaubauer und verknüpft sie eng mit der historischen Entwicklung des Kinos. Der Begriff Lichtspielhaus klang für mich antiquiert und richtigerweise führt die Erzählung mich in den Oktober 1926 als noch die bewegten Bilder im Vordergrund standen, zu denen Geräusche vor Ort geliefert wurden oder ein Ensemble die Stummfilme musikalisch untermalte. In Deutschland gab es damals zwei große Ateliers, in denen neue Filme gedreht wurden. Die großen Lichtspielhäuser konkurrierten um die Premiere. Zunehmend wurde um das Publikum mit immer neuen Ideen gebuhlt vor allem durch das Schaffen einer angenehmen Atmosphäre durch das Anbieten von Getränken und der bequemen Ausstattung des Saals sowie dem Aufrüsten durch neueste Technik.

Im Jahr 1926 verfügen die Donaubauer Lichtspiele inzwischen über fünf Filmtheater in und außerhalb von München. Geleitet werden sie von der verwitweten Zenzi, ihrem Sohn Karl und ihren Schwiegerkindern Elsa und Heinrich. Unvorhergesehen verlässt Karl aufgrund einer Liaison mit einer dunkelhäutigen Schönen seine Frau Elsa und seine beiden Töchter und lässt sich in den USA nieder. Doch Zenzi, Elsa und Heinrich führen die Lichtspielhäuser durch Höhen und Tiefen, die unter anderem bedingt sind durch die Einführung des Tonfilms und die sich ändernde politische Lage.

Die Trennung von Karl, kurz bevor sie 34 Jahre alt wird, kommt für Elsa sehr überraschend. Für ihn hat sie ihren Beruf aufgegeben und an seiner Seite in der Münchner Geschäftswelt Anerkennung erlangt. Kurz hat sie davon geträumt, eine kleine Rolle in einem Film zu spielen, doch jetzt setzt sie nicht nur ihren Verstand sondern auch ihr Herz dazu ein, die Donaubauer Lichtspiele in die Zukunft zu führen. Der Konkurrenzdruck zwingt sie, ständig auf dem neuesten Stand rund ums Kino zu bleiben. Dazu nutzt sie Informationen von persönlichen Kontakten und durch Zeitungen. Intern ist es nicht immer einfach zu dritt die Filmtheater zu führen, weil unterschiedliche Meinungen zu einer Entscheidung zusammengeführt werden müssen.

Auf gewohnt detailreiche Art führt Heidi Rehn durch das historische Geschehen. Ihrem Anspruch zu erzählen, wie es damals gewesen sein könnte, wird sie gerecht. Dank ihrer sehr guten Recherche wirken die beschriebenen Umstände auf dem Gebiet der Entwicklung der Filmtheater authentisch, die Lichtspiele entwickelten sich zum Publikumsliebling. In die Handlung lässt sie zahlreich Filme der entsprechenden Zeit einfließen. Ihre Charaktere haben Ecken und Kanten. Sie äußern ihre Ansichten und Handeln indem sie sich an ihren Interessen orientieren und dabei ihren eigenen Vorteil oder den ihrer Liebsten im Blick haben, zunehmend aber auch nach Kompromissen suchend mit den neuen Erlassen der politischen Führung. Natürlich ist der finanzielle Aspekt des Geschäftsbetriebs nie zu vernachlässigen. Bei Elsa und Zenzi bleibt jedoch auch immer der Wunsch bestehen, die Menschen bestens zu unterhalten und ihnen so eine Möglichkeit zu geben, dem Alltag zu entfliehen.

Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1939. Zwischen den Kapiteln gibt es gelegentlich größere Sprünge von Monaten und Jahren. In diesen Fällen vermittelt die Autorin das, was inzwischen geschehen ist im Rückblick. Um den Anschluss zu erhalten, werden einige Male die Entwicklungen kurz in einigen Sätzen zusammengefasst. Durch die Detailtreue kommt es hier und da zu wenigen Längen. Schön fand ich es, im fiktiven, leicht umgestalteten München der Autorin auch das Kaufhaus aus ihrem vorigen Roman wiederzufinden. Mit Zenzi schafft Heidi Rehn eine Bayerin, die ihrem Dialekt treu bleibt, was manchmal den zügigen Lesefluss leicht unterbricht. Im Glossar am Ende des Buchs finden sich Erklärungen zu Begriffen aus der Welt des Films, zu bekannten Persönlichkeiten der damaligen Zeit, aber auch zu einigen Übersetzungen bayrischer Ausdrücke, die mir hilfreich waren.

Im Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“ erzählt Heidi Rehn die fiktive, aber durchaus real mögliche Geschichte der Familie Donaubauer, die in den 1920ern zu den führenden Lichtspielbetreibern in München gehörte. Trotz vieler Krisen in der Branche, vor allem durch die Ansprüche der Besucher und den neuen politischen Erlassen sowie Missgunst und Streit innerhalb der Familie gelingt es ihnen ihr Gewerbe bis ins Jahr 1939 zu führen. Was in den kommenden Jahren geschehen wird, erzählt Heidi Rehn in der Fortsetzung, die im Frühjahr 2020 erscheinen wird. Ich empfehle das Buch vor allem an diejenigen, die Familienromane über mehrere Generationen mögen und interessiert sind an der Geschichte des Kinos.

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