Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Blackbird
Autor: Matthias Brandt
Erscheinungsdatum: 22.08.2019
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783462053135
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In seinem Roman „Blackbird“ erzählt Matthias Brandt von
einer Jugend am Ende der 1970er. Den Titel hat er einem Song der Beatles
entlehnt, der ursprünglich auf Diskriminierung bezogen ist, hier aber auf die
Krankheit des besten Freunds des Protagonisten abzielt. Auf einer Bank
abhängen, bisschen Alkohol trinken und rauchen, was auch immer, so stellt es
sich der 15-jährige Morten Schumacher, kurz Motte gerufen, vor, wenn er mit seinem
Klassenkameraden Bogi nach der Schule zusammen ist. Noch während er zu Hause
mit der Scheidung seiner Eltern konfrontiert wird, erkrankt sein Freund so
schwer, dass erstmal nicht an gemeinsame Freizeitgestaltung zu denken ist. Im
Lied der Beatles heißt es „Take these broken wings and fly“, diese Liedzeile wird
sich auf andere Weise verwirklichen als Motte und seine Freunde es sich für
Bogi gewünscht hätten.
Motte hat in kurzer Zeit viel zu verarbeiten. Körperlich
nimmt er neuerdings ganz neue Dinge an sich wahr, doch darüber redet er nicht
mit seinen Freunden, das ist nicht üblich. Natürlich ist ihm bewusst, dass die
Änderungen sich aus seiner Entwicklung zum Erwachsenen herleiten. Bis er eines
Tages ein heftiges Interesse für ein gleichaltriges Mädchen entwickelt. Um sich
ihr zu nähern, benötigt er Hilfe und wendet sich mit Erklärungen einen Freund,
was ihm nicht leichtfällt, weil dabei seine Empfindungen offen gelegt werden.
Währenddessen wird er aus seiner sicheren Zuflucht daheim gerissen. Ein
Wohnungswechsel steht an und vor allem fehlen ihm die Frotzeleien mit Bogi.
Sein Leben steht auf dem Kopf. Er möchte Lachen, er möchte Weinen und glaubt
nicht daran, dass sich dadurch etwas zum Guten ändert. Er wird in die Rolle des
Zuschauers gedrängt und verhält sich unbeholfen und linkisch. Doch eigentlich
möchte er festgehalten werden, möchte bestätigt werden, aber es gibt keinen
mehr, dem er derzeit vertraut und der Zeit dafür hat. Matthias Brandt ist es sehr gut gelungen Mottes
Zwiespalt einzufangen und mir als Leser zu vermitteln. Bittersüß ist das Jahr
für den Protagonisten, dass der Autor hier beschreibt. Es ist der Sound der
1970er den er hier einfließen lässt und an den ich mich gern erinnerte.
„Blackbird“ ist ein Coming-of-Age-Roman, der zeigt, dass man
auf dem Weg zum Erwachsenwerden gleichzeitig von Liebe berauscht und am Boden
zerstört sein kann. Matthias Brandt findet dazu einen jugendlich schnodderigen
Ton, der beim Blues um das Geschehen, der Erzählung eine heitere Note
verleiht. In vielem erkennt man sich selbst als Jugendlicher wieder, die
männlichen Leser hier vermutlich noch etwas mehr. Obwohl die Geschichte in den
1970er spielt, sind die ganz großen Gefühle zeitlos. Gerne gebe ich dem Roman
eine Leseempfehlung.