Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Die im Dunkeln sieht man nicht
Autor: Andreas Götz
Erscheinungsdatum: 28.08.2019
Verlag: Scherz (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur mit gestalteten Innenseiten (Leseexemplar)
ISBN: 9783651025875
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Der Kriminalroman „Die im Dunkeln sieht man nicht“ von
Andreas Götz spielt im Jahr 1950. Die Abbildung des Isartors auf dem Cover
führte mich gleich zum Handlungsort nach München. Die Bundesrepublik
Deutschland ist gerade ein paar Monate alt. In Westdeutschland geht der
Wiederaufbau voran, doch immer noch können manche Dinge nur über den Schwarzmarkt
besorgt werden. Hier werden auch zwielichtige Geschäfte geschlossen, die
Drahtzieher bleiben im Verborgenen und die ermittelnden Polizeibeamten stehen
immer wieder vor der Schwierigkeit, die Mauer des Schweigens unter den Kriminellen
zu durchbrechen.
Ludwig Gruber ist Oberkommissar in München. Im Januar 1950
steht er vor dem Rätsel, warum der Fuhrunternehmer Brandl ermordet wurde.
Fraglich ist, ob der Inhalt des geknackten Tresors der Grund, der Diebstahl
eines Bilds oder etwas ganz anderes. Als der Schriftsteller Karl Wieners im
April von Berlin in seine Heimatstadt zurückkehrt, ist der Fall immer noch
nicht gelöst. Ein Freund Karls hat ihn beauftragt, einen Artikel über den
Kunstraub aus dem Führerbunker in München am Ende des Weltkriegs zu schreiben.
Wenn Karl die Drahtzieher zu der Tat finden würde, könnte er sich darüber nicht
nur journalistische Anerkennung verschaffen. Karl hat im Zorn sein Heimathaus
hinter sich gelassen, doch seine 17 Jahre jüngere Nichte Magda hat ihn nie
vergessen. Gemeinsam mit ihr begibt er sich auf die Suche nach den Dieben.
Schon bald bemerkt er, dass auch Ludwig, der ein früherer Mitschüler von ihm
ist, nach Kunsträubern sucht. Ob es der oder die gleichen Verbrecher sind?
Andreas Götz hat seinen Roman zu einer interessanten Zeit
angesiedelt. Zu Beginn der 1950er Jahre wurden die Lebensmittelkarten
abgeschafft. Bis dahin war in München vor allem die Möhlstraße ein Paradies für
Schieber- und Schleichhändler. Die Knappheit an Gütern des täglichen Bedarfs
hat die Menschen in den Nachkriegsjahren immer raffinierter werden lassen, wenn
es um deren Beschaffung ging. Der Autor wählt das Thema als Hintergrund für
seinen Kriminalroman, der zwar zu Beginn einen Mord verzeichnet, dann aber erst
langsam die Ermittlungen anlaufen lässt und spät zu Ergebnissen führt.
Sehr viel Wert legt Andreas Götz auf das Innenleben seiner
Figuren, die mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben, vor allem an den durch
den Krieg erlittenen Verlusten. Karls Schwermut lässt sich durch den
Ortswechsel nicht abstreifen. Glückliche Erinnerungen teilt er mit Magda, die zu
einem Zwiespalt in seinen Gefühlen führen. Auch Magda erinnert sich gern an
ihre Kindheit mit Karl in ihrer Nähe. Sie hat noch nicht ihre Bestimmung im
Leben gefunden, vielleicht wegen fehlenden Personen in ihrem Umfeld, denen sie
ihr uneingeschränktes Vertrauen schenken kann.
Von den Figuren des Romans wurde mir keine richtig sympathisch,
weil jeder Charakter seinem eigenen Willen nachgeht und dabei auch zu Gewalt
greift oder sich am Rand des Gesetzes bewegt. Die Rolle von Karls Mutter in der
Familie erschien mir undurchsichtig. Aufgrund der zwielichtigen Geschäfte kam
es immer wieder zu unerwarteten Handlungen. Die Spannung des Kriminalromans
baut sich erst spät auf und bietet zum Schluss hin noch eine überraschende Wendung.
Wer historische Kriminalromane mit viel Zeitgefühl mag, dem
empfehle ich das Buch gerne weiter. Es wird eine Fortsetzung
geben …