Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Ein Leben und eine Nacht
Autorin: Anne Griffin
Übersetzer: Martin Ruben Becker
Erscheinungdatum: 20.08.2019
Verlag: Kindler (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783463407081
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In ihrem Roman „Ein Leben und eine Nacht“ erzählt die Irin
Anne Griffin die Geschichte von Maurice Hannigan, 84 Jahre, ehemaliger Farmer, verwitwet
seit zwei Jahren und Vater eines erwachsenen Sohns, der mit seiner Familie in
den USA lebt. Maurice setzt sich an einem Samstagabend an die Bar des örtlichen
Hotels in Rainsford, das in der irischen Grafschaft Meath liegt. Seine Koffer
fürs Altenheim sind gepackt. Für die kommende Nacht ist für ihn allein die
Hochzeitssuite reserviert, doch vorher will er noch fünf Mal anstoßen auf
Personen, die in seinem Leben besonders wichtig waren.
Im Hotel geht es aufgrund einer Veranstaltung quirlig zu,
doch Maurice möchte möglichst unauffällig bleiben. Seine Worte als Ich-Erzähler
richtet er an seinen abwesenden Sohn. Dabei deutet er auf den ersten Seiten an,
dass eine lange Nacht vor ihm liegt und das er vorher noch etwas zum Abschluss
bringen möchte. Über ein kurzes Gespräch mit der Hotelmanagerin erfuhr ich,
dass die beiden zu früheren Zeitpunkten Geheimnisse ausgetauscht haben.
Selbstverständlich wollte ich jetzt zu allem mehr erfahren und es ist ein
ganzes Leben, das Maurice vor mir ausbreitete.
Im Laufe der Stunden wird er sein Glas heben auf seinen fünf
Jahre älteren, längst verstorbenen Bruder Tony und seine Tochter Molly, die nur
wenige Augenblicke gelebt hat. Außerdem trinkt er auf seine behinderte
Schwägerin, seinen Sohn und schließlich auf seine Frau. Eine besondere Rolle
haben aber nicht nur die Menschen gespielt, denen er zuprostet. Zu mancherlei
Verwicklungen gehört auch sein Besitz einer alten Goldmünze. Gleichzeitig
bedeutet diese Habe leider auch einen großen Verlust auf Seiten des bisherigen
Besitzers und dessen ganzer Familie.
Ich erfuhr von Maurice, dass er beim Lernen in der Schule
Probleme hatte, aber körperliche Arbeit nicht scheute. Die Familienmitglieder
waren füreinander da, vor allem sein Bruder war sein Vorbild. Er hat von seinen
Eltern gelernt sparsam zu sein und sein Geld dafür zu verwenden, Eigentum zu
erwerben, denn aufgrund einer Landreform konnte jeder Bauer Land kaufen.
Maurice war mir von Beginn an sympathisch, obwohl er schon nach kurzer Zeit
davon spricht, dass er schon früh auf Rache aus war. Auch davon erzählt er und
jeder Leser kann sich selbst ein Urteil bilden, ob sein Ansinnen gerecht war
oder Vergeltung vielleicht grundsätzlich falsch ist. In manchen Situationen
zeigte Maurice sich sensibler als ich ihm zugetraut hätte.
Anne Griffin schafft rund um ihre Hauptfigur mitten im
belebten Hotel eine ruhige Atmosphäre, die sich auf die Erzählung auswirkt.
Dennoch ist das Leben von Maurice fesselnd, denn er hat Ecken und Kanten und
geht mit seinen Lieben über Höhen und Tiefen. Am Ende seiner Erzählung wusste
ich, was seine Absicht ist, aber ich wünschte mir, seine Geschichte würde nie
enden.
„Ein Leben und eine Nacht“ von Anne Griffin ist ein Roman, der
nachdenklich stimmt über die Konsequenzen unseres Verhaltens. Der 84-jährige
Maurice wurde in seiner Kindheit und Jugend stark geprägt. Seine Erzählung ist ergreifend,
seine Erinnerungen an die von ihm geliebten Menschen sind warmherzig,
wenngleich er auch Gedanken an unliebsame Personen zulässt und ich seinen Zorn
darin spüren konnte. Gerne empfehle ich das Buch weiter.