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Sonntag, 15. September 2019

[Rezension] Das außergewöhnliche Leben eines Dienstmädchens namens PETITE besser bekannt als Madame Tussaud - Edward Carey



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Das außergewöhnliche Leben eines Dienstmädchens namens PETITE besser bekannt als Madame Tussaud
Autor: Edward Carey
Übersetzer: Cornelius Hartz
Hardcover: 492 Seiten
Erschienen am 28. August 2019
Verlag: C.H. Beck

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1761 wird in einem kleinen Dorf im Elsass Marie Grosholtz geboren, die später eine als Madame Tussaud berühmt werden soll. Bald zieht sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Bern und ins Haus von Doktor Curtius. Während ihre Mutter dort als Haushälterin arbeitet, ist Marie fasziniert von den wächsernen Abbildungen verschiedenster Organe, die Curtius für das Berner Spital anfertigt. Als er auf die Idee kommt, von interessierten Kunden Wachsköpfe anzufertigen, wird das vom Spital nicht gern gesehen. So gelangt er mit Marie, die mit der Zeit zu seiner Assistentin geworden ist, nach Paris. Die Stadt hält ganz neue Herausforderungen und Abenteuer für sie bereit.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Marie erzählt, die als alte Frau auf ihr Leben zurückblickt und ihre Geschichte mit dem Leser teilt. Sie beginnt bei ihrer Geburt in ärmlichen Verhältnissen und dem anschließenden Umzug mit ihrer Mutter nach Bern. Dort begegnet sie Doktor Curtius, von dem sie lernt, Köpfe aus Wachs herzustellen.

Ich konnte mich schnell in Marie hineinfühlen, die mit klarer Stimme von ihren Erlebnissen berichtet und mich an ihren Emotionen teilhaben ließ. Der Verlust ihrer Eltern und der Umzug nach Paris sind einschneidende Erlebnisse für sie. Sie kann bei Curtius bleiben, wird aber von einer neuen Frau in seinem Leben zum Dienstmädchen degradiert. Doch Marie hat einen starken Willen und will sich mit dieser Position nicht zufrieden geben. Sie ist aufmerksam und lernt schnell.

Maries Jahre in Frankreich nehmen in diesem Roman den größten Platz ein. Als Dienstmädchen in Curtius’ Haushalt erlebt sie mit, wie die Nachfrage nach Wachsköpfen immer mehr steigt. Durch eine zufällige Begegnung wird sie schließlich nach Versailles beordert wird, wo sie einige Jahre an der Seite von Princesse Èlisabeth verbringen soll und eine Menge über gesellschaftliche Strukturen lernt. Die Französische Revolution mischt schließlich alle Karten neu und lässt Marie Schreckliches sehen und erleben.

Der Autor hat seiner Fantasie in dieser fiktiven Biographie von Madame Tussauds freien Lauf gelassen. Er hält sich an die wichtigsten historischen Fakten, hat aus dramaturgischen Gründen aber auch so manches verändert und die Lücken mit Fabulierkunst gefüllt. Daraus entstanden ist ein abenteuerlicher Bericht über das Leben von Marie Grosholtz bis hin zu ihrer Übersiedlung von Frankreich nach London, wo sie Jahre später ihr berühmtes Museum eröffnen soll.

Es gibt zahlreiche amüsante und skurrile Szenen, aber auch viele nachdenklich stimmende. Lange führt Marie ein fremdbestimmtes Leben, sie muss für andere arbeiten und erhält dafür nicht einmal einen Lohn. Doch ihr fehlt die Perspektive für ein anderes Leben. Das Buch enthält zahlreiche gelungene Zeichnungen, die das Erzählte, vor allem die Faszination für Organe, Köpfe und ganze Körper aus Wachs, noch greifbarer machen. In der zweiten Hälfte des Buches, in dem die Französische Revolution eine große Rolle spielt, verlor das Buch für mich zunehmend an Schwung. Ich hätte mir an dieser Stelle eine straffere Erzählung und dafür ein paar Worte mehr über das anschließende Leben in England gewünscht, das am Ende auf nur fünf Seiten zusammengefasst wird.

"Das außergewöhnliche Leben eines Dienstmädchens namens PETITE besser bekannt als Madame Tussaud“ ist ein Titel, der meine Neugier wecken konnte und auch in der Umsetzung überzeugen kann. Abwechslungsreich wird hier das (fiktive) Leben der Marie Grosholtz aus der Ich-Perspektive erzählt. Ich habe ihr gern gelauscht und konnte ihre Faszination für Wachs zunehmen nachvollziehen. Ein unterhaltsamer Roman mit schaurig-schönen Zeichnungen, den ich gerne weiterempfehle!