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Dienstag, 10. September 2019

[Rezension] Ein Hummerleben - Erik Fosnes Hansen


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Ein Hummerleben
Autor: Erik Fosnes Hansen
Übersetzer: Hinrich Schmidt-Henkel
Hardcover: 384 Seiten
Erschienen am 22. August 2019
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

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In den 1980er Jahren wächst Sedd bei seinen Großeltern auf, die in den Bergen Norwegens ein Hotel betreiben. Das gehobene Hotel will keine Wünsche offen lassen, deshalb gibt es unter anderem ein Hummerbecken, ein Schwimmbad und eine Minigolfbahn. Doch die Geschäfte laufen zunehmend schlecht, da immer mehr Norweger nicht im eigenen Land, sondern im „verteufelten Süden“, wie Sedds Großmutter zu sagen pflegt, Urlaub machen. Sedd hilft regelmäßig im Hotel aus und lernt dabei Karoline kennen. Sie ist etwas jünger als er und bleibt mir ihren Eltern länger im Hotel. Mit ihrer Hartnäckigkeit überredet sie Sedd, Zeit mit ihr zu verbringen. Dabei würde der in dieser Zeit lieber das Geheimnis um seine Eltern küften und Fotografieren lernen. Doch die Gäste stehen an oberster Stelle, das gilt auch für Sedd, der das Hotel eines Tages übernehmen soll.

Norwegen ist in diesem Jahr das Gastland auf der Frankfurter Buchmesse, deshalb war ich sehr neugierig auf dieses Buch eines norwegischen Autors, das den Leser mit in die Berge des Landes nimmt, wo ein Hotel im Familienbetrieb seine besten Jahre hinter sich hat.

Der Titel des Romans erklärt sich auf den ersten Seiten, auf denen der Ich-Erzähler Sedd seine Beobachtungen rund um das Hummerbecken des Restaurants mit dem Leser teilt. Seine Schilderungen zeugen von einer großen Aufmerksamkeit, mit der er sein Umfeld im Blick hält. Er berichtet von kleinen und großen Ereignissen den Alltags und seine Überlegungen gehen immer wieder auf in eine philosophische Richtung.

Gleich zu Beginn gibt es einen aufsehenerregenden Zwischenfall, denn der Bankdirektor stirbt währen eines Essens im Hotel trotz Sedds Wiederbelebungs-Maßnahmen. Im Nachhinein ist es ihm unangenehm, darüber zu reden, denn alle loben ihn, obwohl sein Eingreifen keinen Unterschied gemacht hat.

Das Tempo des Buches ist ruhig und Sedd erzählt viel vom Hotelalltag. Sein Großvater hat das Hotel einst von seinem Vater übernommen, es ist sein ganzer Stolz und immer wieder schwelgt er in Erinnerungen. Seine Großmutter ist ursprünglich aus Wien, sie hat ihren Mann in Linz auf der Hotelfachschule kennengelernt und sehnt sich immer wieder in die Heimat. Der Koch Jim, ein ehemaliger Seefahrer, gehört quasi zur Familie und steht dieser in jeder Situation zur Seite. Diese drei Charaktere spielen in Sedds Berichten neben Karoline, die als Gast im Hotel ist und unbedingt Zeit mit ihm verbringen will, die größte Rolle.

Nach den Ereignissen gleich zu Beginn war ich gespannt, was im Hotel als nächstes passieren wird. Findet Sedd etwas über seine Eltern heraus? Tut sein Großvater etwas, um wieder mehr Gäste anzulocken? Nichts dergleichen passiert jedoch. Doch nichts dergleichen passiert. Zwar gibt es immer wieder kleine Hinweise auf drängende Fragen, doch die Schilderungen widmen sich kleinen Ereignissen im Hotel und verlieren sich in Details. Auch auf eine größere Charakterentwicklung bei Sedd wartete ich vergebens.

Vieles wird totgeschwiegen in Sedds Familie, weshalb auch auf Entdeckungen, dessen Bedeutung sich dem Leser mühelos erschließt, keine Aussprache erfolgt. Die Handlung steuert in gefühlter Zeitlupe auf ein Fiasko hin. Auf dieses muss man jedoch sehr lange warten, erst auf den allerletzten Seiten erhält man als Leser Antworten. Das wirft jedoch große neue Fragen auf, die leider nicht mehr beantwortet werden. Die Geschichte ist insgesamt tragisch, skurrile Zwischenfälle und kluge Beobachtungen sorgen aber immer wieder für unterhaltsame Momente. Für mich war es ein interessanter Ausflug in die Berge Norwegens, bei dem ich jedoch einen Spannungsbogen vermisst habe.