Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Der Geschmack unseres Lebens
Autorin: Julia Fischer
Erscheinungsdatum: 02.09.2019
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783426226827
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Der Roman „Der Geschmack unseres Lebens“ von Julia Fischer
brachte mich handlungsmäßig in das Piemont nach Italien. Obwohl der Prolog im
Jahr 1990 spielt und von einem schicksalhaften Tag im Leben von Francesca und
Philippe Donati erzählt, steht im Mittelpunkt des folgenden Romans ihre gemeinsame
Tochter Emma. Etwa 27 Jahre nach dem verhängnisvollen Tag, an dem
Francesca ihre Familie verließ und nicht wiederkehrte, eröffnet Emma in Alba
eine Chocolaterie, in der sie Gebäck anbietet, das sie nach den Rezepten ihrer
Mutter herstellt und bäckt. In der vorderen Klappe der Broschur ist die
Anleitung für Haselnusstrüffel abgedruckt, die einen kleinen Eindruck auf die
Kunst der Protagonistin bietet.
Emma ist alleinerziehend und Mutter der zehnjährigen
Zwillinge Lauro und Lisa. Zwar lässt ihr Geschäft ihr kaum Zeit für Freizeit
und ihre Kinder, doch es zieht genügend Käufer an, darunter einen Fremden, von
dem sie sich auf eigenartige Weise angezogen fühlt. Immer noch kämpft Emma
gegen ihre unberechtigte Wut gegen den neuen Besitzer der Haselnussplantage der
Familie, die sie nach dem Tod ihres Vaters vor wenigen Monaten verkaufen
musste. Von ihrem zwei Jahre älteren Bruder Danilo, Dino genant, dem sie innig
zugeneigt ist, fühlt sie sich im Stich gelassen. Er weiß, was in der tragischen
Nacht zwischen seinen Eltern geschehen ist, doch hat er sich nie offen mit
seinem Vater darüber ausgesprochen. Stattdessen suchte er sein Glück im
Auslandseinsatz des Militärs.
Julia Fischer erzählt in ihrem Roman ein Stück ihrer eigenen
Familiengeschichte. Aus der gefühlvollen Erzählung spürt man ihre Zuneigung zur
Landschaft und den Figuren, die sie realistisch und nachvollziehbar in ihren Handlungen
gestaltet. Auf der Zeitebene der Gegenwart schreitet die Geschichte
kontinuierlich vorwärts, doch immer wieder lässt die Autorin einen ihrer
Charaktere innehalten und sich an wichtige Ereignisse in dessen Vergangenheit
erinnern. Es sind nicht nur Emma und Dino, die an ihre kurze Kindheit mit der
Mutter zurückblicken, sondern Julia Fischer streift auch kurz die Geschichte
der Résistance im Zweiten Weltkrieg im Piemont. Sie erzählt ebenfalls, durch
eine geschickte Einbindung in den Roman, über eine tiefe Zuneigung zweier
Menschen, die bereits über zweihundert Jahre zurückliegt. Durch die Rückblicke
erfuhr ich mehr über Emma und die mit ihr verbundenen Menschen, so dass sich
mir ihre Handlungsweisen erklärten und damit kleine Geheimnisse aufdeckt wurden.
Schritt für Schritt offenbart sich auf diese Weise das Geschehen der
schicksalhaften Nacht.
Erwähnenswert ist die besonders feinfühlige Art und Weise
der Autorin, Liebesgeschichten zu erzählen, sei es die Zuneigung im Alter, die
Beziehung einer Frau zu einem verheirateten Mann und die Hinwendung eines
Mannes zum Neffen des Nachbarn. Julia Fischer schreibt mit vielen liebevollen
kleinen Details auch für ihre Nebenfiguren. Zu keiner Zeit kommt Langeweile
auf, sondern die vielseitige Gestaltung der Handlung verführt zum schnellen
Weiterlesen.
Der Roman „Der Geschmack unseres Lebens“ ist eine berührende
Familiengeschichte in einer bezaubernden Landschaft und überzogen mit dem Duft
von Haselnüssen, Schokolade und Trüffeln. Er zeigte mir die Verbundenheit der
Figuren mit ihrer Heimat und ihrer Hingabe an die Personen, die sie lieben.
Julia Fischer hat eine unterhaltsame Geschichte geschrieben, die ich gerne
uneingeschränkt empfehle.