Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Das Ritual des Wassers
Autorin: Eva García Sáenz
Übersetzerin: Alice Jakubeit
Erscheinungsdatum: 23.10.2019
Verlag: Scherz/Imprint von S.Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN:9783651025844
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Der Thriller „Das Ritual des Wassers“ von Eva García Sáenz ist
der zweite Teil der Serie „Trilogie der Weißen Stadt“. Diese Bezeichnung weist auf
den Haupthandlungsort Vitoria im Baskenland hin, in der die spanische Autorin
beheimatet ist. Wie im ersten Teil steht Inspector Unai López de Ayala, wegen
seiner von Freunden für lang befundenen Arme seit Jugendtagen „Kraken“
gerufen“, im Mittelpunkt. Jedoch ist er von den letzten Fallermittlungen noch
in Mitleidenschaft gezogen, so dass er zwar zur Klärung des aktuellen Falls
hinzugezogen wird, seiner Kollegin Inspectora Estíbaliz Ruiz de Gauna und
weiteren Mitarbeitern im Team aber die Hauptaufgaben zufallen.
Die Entwicklungen im Kriminalfall schildert Kraken aus
seiner Sicht, abgesehen von einem kryptischen ersten Kapitel. Ein weiterer
Handlungsstrang unterbricht immer wieder den Handlungsablauf. Darin werden die
Geschehnisse in einem dreiwöchigen Ferienlager in Kantabrien geschildert, an
dem Ayala und seine drei besten Freunde als Oberstufenschüler im Juli des Jahres
1992 teilgenommen haben. Es war eine Zeit in der die Peer Group großen Einfluss
auf die Jugendlichen ausübte, die Heranwachsenden versuchten ihre vermeintliche
Überlegenheit auszuspielen und harmlose Scherze aus dem Ruder laufen konnten.
Ayala ist sehr betroffen als er im November 2016 die Nachricht
erhält, das Annabel Lee, eine weitere Teilnehmerin des früheren Ferienlagers, zu
der er eine besondere Beziehung hatte, ermordet aufgefunden wird. Die Art ihres
Todes lässt vermuten, dass an ihr ein Ritual vollzogen wurde. Bald wird ein
Zusammenhang mit einem früheren ähnlichen Mord vermutet. Es besteht die
Befürchtung, dass es sich um einen Serienmörder handelt. Doch das Motiv des
Täters ist ungewiss und lässt mehrere Vermutungen zu.
Eva García Sáenz gelingt es auch in ihrem zweiten Buch der
Serie rund um Inspector Ayala, von Beginn an Spannung aufzubauen. Im Prolog
erfuhr ich, dass seine Chefin, Subcomisaria Alba Díaz de Salvatierra schwanger
ist und er eventuell der Vater sein könnte. Das machte Ayala auf eine ganz neue
Weise angreifbar für alle, die ihm nicht wohlgesinnt sind. Auch Annabel Lee war
zu ihrem Todeszeitpunkt schwanger. Es ist eine der möglichen Querverbindungen
die die Autorin bewusst setzt, um die Dramatik zu steigern. Das gelingt ihr
hervorragend. Durch immer neue Ereignisse gestaltet sie den Thriller
abwechslungsreich und vielschichtig. Ich rätselte gerne mit. Zunächst erschwerte
noch die Beeinträchtigung von Ayala ein wenig den Lesefluss, doch durch immer
mehr Details, die ermittelt wurden, wuchs die Anzahl möglicher Täter und damit
die Spannung. Zu jeder nennenswerten Einzelheit gibt es eine kurze interessante
geschichtliche oder kulturelle Erklärung. Ihre Liebe zur Heimat spiegelt die
Autorin in der Einbindung des Geschehens in aktuelle Feierlichkeiten und der
Auswahl von Tatorten von besonderer Bedeutung für die Basken und Kantabrier wider.
Die Anzahl der Figuren ist gross, was der Komplexität des
Thrillers geschuldet ist. Ein Personenverzeichnis am Ende des Buchs hilft bei
der Einordnung in das entsprechende Umfeld. Ebenso findet sich dort ein Glossar
mit Erläuterungen von Orten, Erklärungen zu Begriffen und weiteren im Buch genannten
besonderen Bezeichnungen. Ich schätze es, wenn von Mitgliedern des ermittelnden
Teams in Thrillern das Privatleben geschildert wird. Dadurch rundet sich für
mich das Bild der Charaktere ab. Ayala, Gauna und Salvatierra entwickeln sich weiter,
auch aufgrund des bisher Erlebten und ihrer Zusammenarbeit. Von einigen schon
bekannten Figuren konnte ich eine neue Seite kennen lernen. Sehr schön arbeitet
die Autorin die manchmal widerstreitenden Gefühle einer Person heraus. Hintergrundthema
der gesamten Geschichte sind die unterschiedlichen Rollen, die Väter und Mütter
in der Familie einnehmen können.
Mit dem Thriller „Das Ritual des Wassers“ konnte Eva García
Sáenz mich erneut begeistern, er ist von Beginn an fesselnd, steigert die Spannungskurve
im weiteren Verlauf und hält sie bis zum Schluss. Dazu tragen die abwechslungsreich
gestalteten Charaktere und eine sehr gute Konstruktion der Handlung bei. Ich
freue mich schon auf den abschließenden dritten Fall „Die Herren der Zeit“.
Gerne vergebe ich eine klare Leseempfehlung für das Buch an Thrillerfans.