Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Der Store
Autor: Rob Hart
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Erscheinungsdatum: 02.09.2019
Verlag: Heyne (Link zur Buchseite des Verlags)
ISBN: 9783453272309
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Rob Hart nahm mich in seinem Roman „Der Store“ mit in eine
nicht allzu weit entfernte Zukunft. Die Geschichte nimmt die drei Protagonisten
Gibson, Paxton und Zinnia in den Mittelpunkt. Gibson Wells ist der reichste
Mensch Amerikas, er hat vor einigen Jahren ein Unternehmen für elektronischen
Einzelhandel und Cloud-Computing, „Cloud“ genannt, gegründet. Mittels
Drohnenlieferung hat er das Verkehrsproblem gelöst hat und sich dadurch in eine
entscheidende Vorrangstellung am Markt bringen können. Das Unternehmen ist
zunehmend gewachsen. Die Niederlassungen, oft angesiedelt in verlassenen
Städten, verfügen über eigenen Wohnraum für die Arbeitnehmer und über Möglichkeiten,
seine Freizeit zu gestalten. Das Jobangebot ist umfangreich, doch wer hier
beschäftigt ist, muss sich an die vorgeschriebenen Regeln halten und wird einem
ständigen Bewertungssystem unterworfen. Wer sich nicht konform verhält, wird
gekündigt.
Paxton und Zinnia lernen sich bei einem Einstellungstest
kennen. Sie haben sich aus ganz unterschiedlichen Gründen beworben. Ein
Arbeitsplatz wird ihnen vom System aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse
zugeordnet, so dass Paxton bei der Security Beschäftigung findet und Zinnia als
Packerin. Doch eigentlich ist Zinnia aus einem ganz anderen Grund hier. Sehr
detailliert beschreibt der Autor das Bewerbungsverfahren, die Aufnahme der
neuen Arbeitnehmer, die Unterbringung, die Arbeitsaufgaben und die kurze
Freizeit. Bis auf wenige Ausnahmen ist jeder Tag ein Arbeitstag.
Gibsons Perspektive werden von Rob Hart als Blogeinträge dargestellt,
so dass Gibson in der Ich-Form erzählt. Er findet, dass er Großes geleistet hat
und ist sehr stolz darauf. Angeblich nimmt er Kritik sehr ernst, weiß aber auch
jegliche Einwände von anderen gleich zu beschwichtigen. Erstaunt war ich über
einige seiner Ansichten wie beispielsweise, dass die Sicherheit eines
Arbeitsplatzes zur Nachlässigkeit der Arbeitnehmer führt. Steht sein Ruf auf
dem Prüfstand, ist es für ihn meist nur eine Frage des Geldes, um politisch
hoch zu greifen und sich im Anschein der wirtschaftlichen Entwicklung weitere
Vorteile für sein Unternehmen zu sichern. Vor allem diese Kapitel des Buchs
brachten mich zum Nachdenken und sicher haben die heutigen Globalplayer
durchaus das Potential sich ähnlich wie „Cloud“ zu entwickeln.
Zinnia und Gibson verabreden sich in ihrer Freizeit und
kommen sich langsam näher. Beide haben in der abgeschlossenen Umgebung des
Unternehmens, das einen eigenen Kosmos bildet, ihre persönlichen Probleme, die auch
bei einem so durchdachten System wie „Cloud“ es sein möchte, nicht verhinderte
werden können. Durch ihre eigene Arbeit und im Gespräch mit Kollegen werden sie
auf immer mehr Nachteile ihrer Zugehörigkeit zum Unternehmen „Cloud“ aufmerksam.
Durch die unterschiedlichen Perspektiven der drei Protagonisten setzt Rob Hart
bewusst die Sicht der Arbeitnehmer beispielhaft der des Arbeitgebers gegenüber.
Das Geheimnis von Zinnia und die Krankheit von Gibson bauen
zu Beginn des Romans Spannung auf, die durch die Alltagsroutine leicht verloren
geht, dann aber durch eine Entwicklung nochmal ansteigt. Eine unerwartete
Wendung zum Ende hin konnte mich überraschen, doch der Schluss wirkt
unentschlossen und lässt einiges offen. Lesenswert ist der Roman auf jeden
Fall, vor allem, weil er sich damit auseinandersetzt und bewusst macht, welchen
Preis wir bereit sind für einen Arbeitsplatz zu zahlen und welche Macht ein
Unternehmen durch seine Vorrangstellung erhalten kann, daher empfehle ich das
Buch gerne weiter.