Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Die Reisenden
Autorin: Regina Porter
Übersetzerin: Tanja Handels
Erscheinungsdatum: 29.01.2020
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag als Leseexemplar
ISBN: 9783103973952
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In ihrem Debütroman „Die Reisenden“ schreibt die
US-Amerikanerin Regina Porter über zwei Familien, die auf ihre Weise das
Lebensgefühl des Landes von den 1950ern bis 2010 wiederspiegeln. Protagonisten
der Geschichte sind Rufus und Claudia und ihre Eltern, aber auch viele weitere
Bekannte, Freunde, Familienangehörige und Geliebte.
Der Roman beginnt im Jahr 2009. Rufus und Claudia führen
eine gemischtrassige Ehe und haben zwei Kinder im Kindergartenalter. James
Samuel Vincent ist der Vater von Rufus, geschieden und wieder neu verheiratet.
Claudia Mutter Agnes hat in den 1960ern ein traumatisierendes Ereignis gehabt,
aufgrund dessen sie sich von ihrem damaligen Freund trennte, wenig später Eddie
traf und heiratete. Beverly ist Claudias Schwester, hat vier Kinder und
übernimmt in einigen Kapiteln die Erzählerrolle. Der inzwischen verstorbene Vater
der beiden verpflichtete sich nach seiner Hochzeit zur Navy und wurde im
Vietnamkrieg auf einem Flugzeugträger eingesetzt.
Eddie litt unter den Rassenspannungen auf dem Schiff sowie
den Kampfangriffen und deren Auswirkungen und lenkte seine Gedanken und Gefühle
mit Lesen ab. Der Text des komödiantischen Schauspiels „Rosenkrantz und
Güldenstern“ von Tom Stoppard begleitet ihn schließlich überall hin. Mit seinen
Kindern spielte er den Inhalt später häufig nach. Wie Rosenkrantz und
Güldenstern sind die Figuren in diesem Roman Reisende, die arglos sind im Spiel
der politischen Gegebenheiten. Das Foto auf dem Cover ist nicht das Einzige,
das die Erzählung unterstützt, sondern es finden sich zu Beginn jeden Kapitels
wie auch im Text von der Autorin ausgesuchte illustrierende Bilder in
schwarz-weiß.
Regina Porter nimmt sich Zeit für jede ihrer Charaktere. In
den Kapiteln fokussiert sie auf jeweils eine Figur. Sie beschreibt einen
Lebensabschnitt der im Mittelpunkt stehenden Person, der als solcher mit einer
Kurzgeschichte vergleichbar ist. Die erzählten Situationen stattet sie mit
etlichen weiteren Personen aus, von denen viele in anderen Szenerien wieder
eine kleine Rolle übernehmen. Das ist nicht immer einfach nachzuvollziehen,
hilfreich dabei ist eine Übersicht im Buch, die die Querverbindungen der
Charaktere untereinander visualisiert.
Über den Kapiteln findet sich ein Zeitrahmen, in den man das
Geschehen einordnen kann, denn die Autorin blickt zurück, sieht nach vorn und
schildert aktuelle Ereignisse des Jahrs 2010, wobei sie die Szenarien immer
umrahmt mit geschichtlich bedeutenden und kulturellen Begebenheiten, gleich in
welcher Zeit. Sie erzählt abwechslungsreich und ändert dabei auch die
Erzählform. Ihre Figuren sind vielschichtig, lernen aus ihrem Verhalten und
entwickeln sich dadurch weiter. Sie sind weiß, farbig, gemischtrassig, alt,
jung und verschieden sexuell orientiert. Sie haben ihre Ängste und Sorgen, doch
viele sind neugierig auf das Leben und getrieben, das beste für sich daraus zu
schöpfen.
Regina Porter zeigt in ihrem bunt gestalteten Roman „Die
Reisenden“, dass wir einfach alle Menschen sind, nicht perfekt, sondern mit
Fehlern und gleich welcher Hautfarbe, welchen Alters oder Orientierung und das
wir sehr unterschiedliche Gefühle, Erwartungen und Wünsche haben, die nach
Respekt und Anerkennung verlangen. Ein großartiges, vielgestaltiges Buch, das
ich gerne empfehle.