Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Eine fast perfekte Welt
Autorin: Milena Agus
Übersetzerin: Monika Köpfer
Erscheinungsdatum: 24.01.2020
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband (Leseexemplar)
ISBN: 9783423282116
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Der Roman „Eine fast perfekte Welt“ der Italienerin Milena
Agus ist eine Familiengeschichte über mehrere Generationen hinweg. Ester, ihre
Tochter Felicita und ihr Enkelsohn Gregorio sind die Figuren, die im Mittelpunkt
der Geschichte stehen. „Eine fast perfekte Welt“ ist es, in der sie leben und
nach ihrem jeweils eigenen Traum vom Glück suchen.
Raffaele, der Verlobte von Ester, kehrt nach seinem Einsatz
bei der Marine im Krieg und seiner Gefangenschaft äußerlich stark verändert in
sein Dorf auf Sizilien zurück. Doch Ester hält zu ihm und als seine Frau
begleitet sie ihn nach Genua, später nach Mailand, weil er dort Arbeit findet.
Ihre gemeinsame Tochter Felicita freut sich über den Beschluss, zurück nach
Sizilien zu ziehen. Jahre später sucht sie sich eine Wohnung in Cagliari, um
ihren Sohn ohne Einmischung vom Rest der Familie zu erziehen. Felicita liebt
die multikulturelle Gesellschaft und die Nähe zum Meer. Gregorio hat
musikalisches Talent und die enge Wohnung seiner Mutter bietet ihm wenig
Möglichkeit zum Üben. Er erhofft sich sein Glück jenseits des Ozeans in New
York.
Ester nimmt ihre Mutter als unglücklich wahr. Die Arbeit ist
hart und eintönig und Ester äußert sich mehrfach gegenüber ihrem Verlobten,
dass sie nicht weiß, aus welchem Grund man in dem kleinen Ort auf Sizilien
leben sollte. Doch als sie in Genua lebt, erkennt sie, dass auch hier wieder
etwas zu ihrem persönlichen Glück fehlt. Milena Agus zeigt in ihrem Roman, dass
Zufriedenheit schwierig zu erreichen ist. Immer neue Erwartungen und
Vorstellungen von einem noch perfekteren Ort finden wir dort, wo wir mit neuen
Eindrücken konfrontiert werden. Im Hintergrund steht die Frage, woran wir unser
Glück messen können und wie weit wir bereit sind zu gehen, um unsere
Selbstverwirklichung umzusetzen.
Die Autorin nennt keine Jahreszahlen, doch die zeitliche
Einordnung kann anhand des Alters der Charaktere erfolgen. Die Kapitel des
Romans sind meist ziemlich kurz. Manchmal hätte ich mir gewünscht, mehr über
einen einzelnen Charakter zu erfahren. Die Figuren sind interessant gestaltet,
doch ich empfand es als eher unrealistisch, dass mehrfach kindliche
Einzelgänger einen bei Gleichaltrigen angesehenen besten Freund haben, von dem
sie in Schutz genommen werden, weil das leider relativ selten anzutreffen ist.
Der Grundton des Romans ist melancholisch, die Schicksale
sind bewegend. Die Autorin verdeutlicht unterschiedliche Meinungen und zeigt,
dass das Handeln einer Person, die von ihrem Tun überzeugt ist, von einer anderen
als Fehler angesehen werden kann.
Milena Agus widmet sich der großen Frage unseres Lebens
danach, wer wir sein wollen. Sie schafft es, mit einer schlichten Sprache
starke Gefühle auszudrücken. „Eine fast perfekte Welt“ bringt zum Ausdruck,
dass unser Glück so vielseitig sein kann, dass es sich für jeden auf eine
andere Weise ausdrückt und daher auch auf unterschiedlichste Arten erreicht
werden kann. Der Roman lässt Raum zum Hoffen und Träumen, ich empfehle ihn
gerne weiter.