Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Das Haus der Frauen
Autorin: Laetitia Colombani
Übersetzerin: Claudia Marquardt
Erscheinungsdatum: 26.02.2020
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband (Leseexemplar)
ISBN: 9783103900033
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In ihrem Roman „Das Haus der Frauen“ von Laetitia Colombani
spielt der „Palais de la Femme“ in Paris eine große Rolle. Die Autorin
verbindet aktuelle fiktive Ereignisse mit und der Gründungsgeschichte des
Hauses, das real existiert. Das Gebäude wurde in den ersten Jahren nach dem Bau
auf unterschiedliche Weise genutzt, doch seit 1926 bietet die Heilsarmee hier
in Not geratenen Frauen in heute 630 Zimmern eine Wohnmöglichkeit. Die
christliche Freikirche konnte die Kosten für den Erwerb des Hauses und dessen
nötiger Renovierung nur mit dem großen Engagement ihres Mitglieds Blanche
Peyron aufbringen, die von ihrem Ehegatten mit allen Kräften unterstützt wurde.
Soléne ist 40 Jahre alt und eine erfolgreiche Rechtsanwältin.
Sie ist in einer Kanzlei angestellt und dort als pflichtbewusst und ehrgeizig
bekannt. Nach einem verstörenden beruflichen Ereignis wird bei ihr Burn-Out
diagnostiziert. Als Teil einer Therapie wird ihr ein soziales Engagement
empfohlen. So wird sie zur Briefeschreiberin im „Haus der Frauen“. Nach einem
holprigen Start gewinnt sie zunehmend das Vertrauen der Bewohnerinnen und ihre
Zweifel an der Tätigkeit werden zunehmend mit Anerkennung kompensiert.
Der Roman beginnt mit einem wahren Paukenschlag für Soléne.
Ihr Leben ist geprägt von ihrer Arbeit in der Kanzlei, ihre Freizeit ist
dadurch stark eingeschränkt. Sie ist überrascht, wie sehr die berufliche Krise
sie mitnimmt. Nur zögerlich entscheidet sie sich für ein soziales Engagement.
Ihr Auftreten in der ungewohnten Umgebung ist von Unsicherheit geprägt, ein
Gefühl, dass sie kaum kennt. Je tiefer sie in die Hintergründe des Aufenthalts
der Frauen im „Palast“ eintaucht, die aus ganz unterschiedlichen Gründen hier
Unterkunft gefunden haben, desto mehr wird sie genauso wie ich als Leserin
davon emotional berührt.
Auch wenn die Geschichten nur fiktiv sind, hat Laetitia
Colombani es geschafft, bewegende Lebensläufe zu schildern, die nachdenklich
stimmen. Soléne wird dadurch immer mehr deutlich, was wichtig ist im Leben und dass
vor allem ein sicherer Aufenthaltsort dazu gehört.
Neben den ergreifenden erdachten Lebensberichten bindet die
Autorin die Geschichte der Blanche Peyron in ihren Roman ein, der mich etwa
hundert Jahre in die Vergangenheit führte. Blanche ist die tatsächliche
Gründerin des Hauses, so wie es bis heute existiert. Als Person war sie mir
bisher unbekannt. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die zu ihren
Lebenseinstellungen steht, sich über Konventionen hinwegsetzt und ihre Ziele
unermüdlich mit immer neuem Eifer nachgeht. Mich hat sie als Person stark
beeindruckt.
„Das Haus der Frauen“ von Laetitia Colombani ist ein
großartiger herzerwärmender Roman über die erfolgsgewohnte Anwältin Soléne, die
nach einem persönlichen Krise eine ehrenamtliche Tätigkeit im titelgebenden
Gebäude in Paris aufnimmt und dort Frauen in problematischen sozialen
Situationen kennenlernt, deren Lebensgeschichten emotional tief zu Herzen
gehen. Gleichzeitig ist er aber auch eine Würdigung der Lebensleistung der
wenig bekannten Blanche Peyron, die eben jenen „Palast der Frauen“ in Paris
gegründet hat. Gerne vergebe ich hierzu eine uneingeschränkte Leseempfehlung.