Rezension von Ingrid Eßer
*Werbung*
Titel: Das Beste kommt noch
Autor: Richard Roper
Übersetzerin: Katharina Naumann
Erscheinungsdatum: 10.03.2020
Verlag: Wunderlich (Link zur Buchseite des Verlags)
ISBN: 9783805200448
-----------------------------------------------------------------------------------------
In seinem Debütroman „Das Beste kommt noch“ thematisiert der
Engländer Richard Roper die Einsamkeit im Alter, oft verbunden mit Altersarmut,
auf eine besondere Art und Weise. Dazu nutzt er die Figur seines Protagonisten
Andrew Smith, der Nachlassverwalter bei der Stadtverwaltung in London ist.
Damit verbunden hat er eine Geschichte über die weitreichenden Folgen einer
Flunkerei von Andrew. Nach einigen Jahren in einer gedanklichen Parallelwelt
wartet eventuell, nach Bekennen seiner Lüge, ein Neuanfang auf Andrew, bei dem
in seinem Leben vieles sich zum Besseren ändern könnte. So richtig will er aber
nicht daran glauben.
Andrew ist 42 Jahre alt und Single. Er wohnt schon sehr
lange allein in einer kleinen Wohnung. Alle drei Monate ruft seine ältere
Schwester an, das ist sein einziger Bezug zur Familie. Nachdem seine letzte
Arbeitsstelle wegrationalisiert wurde hat er sich bei der Stadtverwaltung im
Nachlassamt beworben. Leider ist ihm dabei ein Missgeschick unterlaufen und
durch eine Fügung hat er seinem Chef von einer Ehefrau, zwei Kindern und einem
Haus, das die Familie bewohnt, erzählt. Nie war der richtige Zeitpunkt gekommen,
um das richtig zu stellen. Jetzt plant sein Chef eine neue teambildende Maßnahme,
bei der nacheinander jeder seine Kollegen nach Hause zu einem Essen einladen
soll. Bald schon wird Andrew an der Reihe sein. Doch inzwischen wird das Team
durch eine neue Kollegin, mit einer Frisur wie sie auf dem Cover abgebildet
ist, ergänzt und er versteht sich von Beginn an bestens mit ich. Es entwickelt
sich zwischen ihnen mehr wie eine berufliche Beziehung. Aber beide sind nach
eigenen Angaben glücklich verheiratet …
Zu Andrews Aufgaben gehört es, die Wohnung der Verstorbenen
nach Hinweisen auf Bezugspersonen und finanzielle Mittel zur Begleichung der
Beerdigungskosten zu suchen. Er versieht seine Arbeit mit viel Respekt für die
Toten und erscheint daher auch zu deren Begräbnis, zu dem sonst meist nur der
Pfarrer anwesend ist. Die Einsamkeit, in der die Gestorbenen lebten, kann er
aufgrund seiner eigenen Lebensweise gut nachvollziehen und fühlt sich ihnen
dadurch auf gewisse Art verbunden. Der Gedanke, dass er sich irgendwann in
einer ähnlichen Situation befinden wird, ist ihm nah. Damit er in Kontakt mit
anderen die richtigen Gesten und Worte findet, beobachtet er andere sehr genau,
versucht sich in die Betrachteten einzufühlen und merkt sich deren Verhalten,
so dass er meist ein angenehmer Gesprächspartner ist.
Richard Roper schreibt ohne Sentimentalität über einen
Umstand unserer heutigen Gesellschaft, bei der viele Senioren sehr
zurückgezogen leben und ihr Tod lange Zeit unbemerkt bleibt. Die Geschichte ist
bewegend, die dabei aufkommende Traurigkeit wird aber von den teils amüsanten
Schilderungen der Begebenheiten rund um Andrew übertönt, die vor allem dadurch
entstehen, dass er so wenig wie möglich in der Öffentlichkeit über sein
Privatleben reden möchte.
Schon nach kurzer Zeit wurde mir als Leser deutlich, dass
etwas in der Vergangenheit von Andrew geschehen sein muss, dass auf ihn
verstörend gewesen ist. Die seltenen Anrufe seiner Schwester und seine fehlende
Initiative, selbst anzurufen oder sie zu treffen, warfen Fragen auf, genauso
wie seine Reaktion auf einen ganz bestimmten Song. Erst im Laufe der Zeit
entstand das Bild eines Menschen, der mehrfach in seinem Leben beängstigende
Erlebnisse hatte und nun versucht weitere Verletzungen seiner Gefühle zu
vermeiden. Schließlich erklärte sich dadurch auch seine Lüge beim
Vorstellungsgespräch. Als sich zwischen Peggy und ihm eine starke Zuneigung
entwickelt, begann ich Mitleid mit ihm zu haben und hoffte für ihn auf eine
Lösung für sein Dilemma.
Richard Roper erzählt mit viel Einfühlungsvermögen in seinem
Roman „Das Beste kommt noch“ von einer folgenschweren Schwindelei und der
Schwierigkeit, sie richtig zu stellen. Dabei verknüpft er den Beruf seines
Protagonisten Andrews mit einem Blick auf das Alleinsein im Alter und stimmt
dadurch nachdenklich. Aufgrund einiger aufheiternder Szenengestaltungen ist die
Erzählung berührend, aber nicht bedrückend. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.