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Dienstag, 3. März 2020

Rezension: Das Haus der Frauen von Laetitia Colombani


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Das Haus der Frauen
Autorin: Laetitia Colombani
Übersetzerin: Claudia Marquardt
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 26. Februar 2020
Verlag: S. FISCHER

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Soléne lebt in Paris und ist eine erfolgreiche Anwältin. Als einer ihrer Mandanten nach der Urteilsverkündung vor ihren Augen Selbstmord begeht, erleidet sie einen psychischen Zusammenbruch. Ihr Psychiater empfiehlt ihr im Laufe der Therapie, ein Ehrenamt anzunehmen, um sich selbst aus dem Fokus zu nehmen und anderen zu helfen. So landet Soléne im „Palast der Frau“, einem Frauenhaus, wo sie als Schreiberin eine Sprechstunde für alle Arten von Korrespondenz anbietet. Die Frauen reagieren zunächst verhalten auf das neue Angebot, denn Soléne muss sich ihr Vertrauen erst erarbeiten.

Nachdem mich das Debüt der Autorin, „Der Zopf“, vor zwei Jahren sehr begeistern konnte, war ich neugierig auf den zweiten Roman aus ihrer Feder. Die Protagonistin ist Soléne, die jahrelang ein stressiges, erfolgreiches Anwaltsleben geführt hat und gleich zu Beginn des Romans psychisch erkrankt.

Ich war neugierig, welchen Einfluss ihre neue ehrenamtliche Tätigkeit im Frauenhaus auf sie hat und welchen Charakteren sie dort begegnet. Lange ringt sie mit sich, ob sie ihre Dienste dort wirklich anbieten will, und ist schließlich enttäuscht, als sie während ihrer ersten Sprechstunde nur argwöhnisch beäugt wird und von einer einzigen Frau angesprochen wird, der sie ihre Post vorlesen soll.

Soléne legt ihre anfänglichen Berührungsängste allmählich ab und kommt mit einigen Bewohnerinnen ins Gespräch. Deren Bitten, was Soléne für sie schreiben soll, wirken auf die Anwältin zunächst trivial, doch sie stellt bald fest, wie viel sie ihnen bedeuten. Jede von ihnen hat schlimme Dinge erlebt, die sie stark geprägt haben. Das Frauenhaus ist für sie ein sicherer Zufluchtsort, doch die meisten hoffen, von dort aus in eine eigene Wohnung ziehen zu können.

Es werden verschiedene Schicksale rund um Themen wie Flucht, hausliche Gewalt und Drogensucht auf emotionale Weise angesprochen, aber nicht vertieft, denn der Fokus bleibt auf Soléne. Auf mich wirkte ihre Geschichte dabei allerdings zu glatt geschliffen und weich gezeichnet. Zuerst möchte in einem so großen Frauenhaus niemand ihre Hilfe, und schließlich führt ihr Eingreifen fast ausnahmslos zum Erfolg.

Zwischen den Kapiteln aus der Sicht von Soléne springt das Buch immer wieder in die 1920er Jahre und erzählt die Geschichte von Blanche Peyron, die Mitglied der Heilsarmee war und gemeinsam mit ihrem Mann die Eröffnung des „Palasts der Frau“ durch unermüdliche, leidenschaftliche und harte Arbeit möglich gemacht hat.

„Das Haus der Frauen“ erzählt die Geschichte von Soléne, die eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Pariser Frauenhaus übernimmt und einige Bewohnerinnen mit der Zeit besser kennenlernt. Es gibt viele berührende und schöne Momente, wobei für mich der Funke bei „Der Zopf“ noch stärker übergesprungen ist. Ein Roman über verschiedene Frauenschicksale und die große und kleine Wirkung der Hilfe einer Einzelnen.