Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Die Glasschwestern
Autorin: Franziska Hauser
Verlag: Eichborn (Link zur Buchseite des Verlags)
Erscheinungsdatum: 28.02.2020
ISBN: 9783847900450
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„Die Glasschwestern“ im gleichnamigen Roman von Franziska
Hauser sind die Zwillinge Dunja und Saphie. Aufgewachsen sind die beiden Frauen
vor fast vierzig Jahren in einem kleinen Dorf im Osten Deutschlands. Ihr Vater
war Glasbläser und hat für seine Töchter gerne Schmuck aus Glas hergestellt, den
die beiden gerne trugen. Das führte zu ihrem Spitznamen und damit zum Titel des
Buchs.
Zu Beginn des Romans, der in der Gegenwart spielt, führt
Saphie ein Hotel in der Heimat. Dunja lebt etwa 60 Kilometer entfernt in der
Großstadt und unterrichtet dort deutsch. Sie hat zwei erwachsene Kinder, war
aber mit deren Vater Winne nie verheiratet und lebt inzwischen von ihm
getrennt. Dennoch trifft es sie tief, als Winne stirbt. Auch Saphie ist
bestürzt und traurig, viel mehr aber noch darüber, dass ihr Ehemann Gilbhart zufällig
am gleichen Tag aus dem Leben scheidet.
Die beiden Schwestern sind vom Charakter her sehr
verschieden. Dunja ist von Kindheit an eher zurückhaltend und ängstlich, Saphie
dagegen stellt sich den ihr übertragenen Aufgaben und zeigt dabei kaum Furcht.
Welche Gefühle Saphie dabei wirklich hat, lernt sie immer mehr zu unterdrücken.
Stattdessen schlüpft sie in eine Rolle, in der sie der Welt ihr
wahres Gesicht und Wesen verweigert. Als Inhaberin eines Hotels kommt sie in
vielen Dingen einfach ihrer Pflicht nach. So war es ursprünglich nicht geplant.
Denn früher hat sie sich eigentlich ein Leben in der Stadt erträumt und auch
bei Dunja haben sich ihre jugendlichen Vorstellungen von der Zukunft nicht
erfüllt. Gerne hätte sie die Werkstatt ihres Vaters übernommen, doch durch die
Öffnung der deutsch-deutschen Grenze ist dieser Traum geplatzt.
Durch den Tod ihrer Partner ist plötzlich eine riesige
Veränderung für beide da. Es hat immer Phasen gegeben, in denen die Schwestern
einander brauchten und genauso haben sie gelernt einander loszulassen und ihren
eigenen Weg zu gehen, denn trotz räumlicher Distanz wussten sie immer, dass es
jemanden gab, der sie im Hilfsfalle unterstützen würde. Jetzt ist es wieder
soweit, Dunja sucht die Nähe von Saphie und zieht vorläufig in deren Hotel.
Während Dunja versucht, sich mit Arbeit von ihrem Kummer abzulenken, zieht
Saphie sich zunehmend zurück und durchbricht damit ihre tägliche Routine, die
viele Erinnerungen an ihren Mann mit sich bringen.
Franziska Hauser beschreibt detailreich die sich über
mehrere Monate hinziehenden Veränderungen im Wesen der Zwillinge, was sich auch
dadurch ausdrückt, dass zunächst Dunja diejenige ist, die mehr im Fokus steht
und sich dieser zum Ende hin eher auf Saphie richtet. Die Schwestern kennen
sich genau und jede weiß von der anderen, wie diese in welcher Situation
reagieren würde. Beide blicken immer wieder auf ihr Leben an der Seite ihres
jeweiligen Partners zurück. Bis zum Schluss bleiben Winne und Gilbhart
unvergessen und nehmen weiter einen breiten Platz in den Gedanken der Zwillinge
ein. Mir persönlich war das im Rahmen der charakterlichen Änderungen
unverständlich, zumal es mir erschien, dass aufgrund diverser Differenzen in
beiden Beziehungen schon lange keine oder nur noch wenig Liebe im Raum steht.
„Die Glasschwestern“ von Franziska Hauser ist ein ruhig
erzählter Roman, in dessen Mittelpunkt die Zwillinge Dunja und Saphie stehen.
Die Autorin beschreibt detailliert und bewegend mit sehr viel Feingefühl wie
beide sich aufgrund des plötzlichen Verlusts ihres Ehemanns beziehungsweise
früheren Partners charakterlich verändern und sie in kleinen Schritten ihre
dadurch gewonnene Chance auf eine von ihnen neu gestaltete Zukunft nutzen. Gerne
empfehle ich den Roman an empathische Leser weiter.