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Dienstag, 21. April 2020

Rezension: Kein Teil der Welt von Stefanie de Velasco



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Kein Teil der Welt
Autorin: Stefanie de Velasco
Hardcover: 432 Seiten
Erschienen am 10. Oktober 2019
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

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Esther und Sulamith waren von klein auf beste Freundinnen, die alle Geheimnisse miteinander geteilt haben. Für sie als Teil der Zeugen Jehovas war da immer eine Distanz zu den Weltmenschen in der Schule. Doch dann verliebt Sulamith sich und beginnt, den Glauben mit seinen Regeln und Pflichten zu hinterfragen. 

Ein Jahr später ist Esther mit ihren Eltern aus dem Ruhrgebiet in das Heimatdorf ihres Vaters im Osten gezogen. Es ist kurz nach der Wende und die Zeugen Jehovas sind nicht mehr verboten. Nun bauen ihre Eltern hier einen neuen Königreichssaal auf und versuchen, neue Menschen für ihren Glauben zu gewinnen. Was mit Sulamith passiert ist, darüber redet niemand. Und Esther muss feststellen, dass ihre Eltern ihr schon lange einige Dinge verheimlichen.

Ich habe mich mit den Zeugen Jehovas bislang nur oberflächlich auseinandergesetzt und fand es interessant, Einblicke von einer Autorin zu erhalten, die im Alter von 15 Jahren die Gemeinschaft verlassen hat. Die Geschichte ist fiktiv, doch bei den Schilderungen von Esthers und Sulamiths Teenager-Alltag bei den Zeugen, wo sie unter anderem am Predigtdienst, Bibelstudium und Versammlungen teilnehmen und Dinge wie Geburtstag und Weihnachten nicht feiern dürfen, hat sie ihre Erfahrung einfließen lassen. Auf einer zweiten Zeitebene wird von Esthers Ankommen in Ostdeutschland berichtet, sodass man als Leser in der Zeit vor und zurück springt und allmählich erfährt, was vor dem Umzug passiert ist.

Das Buch ist keine Abrechnung und beschönigt auch nichts, sondern erlaubt eine kritische Auseinandersetzung. Gleichzeitig erzählt es vom Erwachsenwerden - es geht um Freundschaft, die erste Liebe, dem Loslösen vom Elternhaus und dem Streben nach Normalität. Hier kommen jedoch die Regeln der Zeugen Jehovas ins Spiel - unter anderem darf man nicht einfach so eine Beziehung anfangen, erst recht nicht mit einem Weltmenschen - durch die bald Konflikte mit weitreichenden Folgen entstehen. Eine tiefgründige Geschichte mit vielen Einblicken in eine fremd erscheinende Welt, die an vielen Stellen bedrückt und schleichend an Dramatik gewinnt bis hin zu einem offenen Ende, das ich als stimmig erlebte.