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Donnerstag, 21. Mai 2020

Rezension: Das wirkliche Leben von Adeline Dieudonné



Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Das wirkliche Leben
Autorin: Adeline Dieudonné
Übersetzerin: Sina de Malafosse
Erscheinungsdatum: 25.04.2020
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Leseband
ISBN: 9783423282130
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Der Roman „Das wirkliche Leben“ ist das Debüt der Belgierin Adeline Dieudonné. Sie lässt ihre unbenannte Protagonistin als Ich-Erzählerin auftreten, die davon erzählt, wie sie von Kind an darum bemüht ist, ihr wirkliches Leben zu führen. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg, der über Jahre hinweg von ihr fordert, dass sie die Gegebenheiten in ihrer Jugend akzeptiert.

Die namenlose Erzählerin schildert ihre Erlebnisse im Rückblick. Als sie zehn Jahre alt ist und ihr Bruder sechs ereignet sich ein verstörender Unfall bei dem die Geschwister miterleben, wie jemand auf außergewöhnliche Weise ums Leben kommt. Die Protagonistin nimmt ab diesem Zeitpunkt eine Wesensänderung bei ihrem Bruder wahr und für sie selbst ist es der Auslöser für die Idee, die Vergangenheit zu ändern, damit das dann kommende Leben eine Wirklichkeit wird, die nicht nur sie, sondern auch ihren Bruder glücklich macht.

Die Familie lebt in einer Reihenhaussiedlung. Hinter der immer gleichen Fassade wohnen ganz unterschiedliche Menschen. Doch das Haus der Familie am Ende der Hausreihe unterscheidet sich ein wenig von den anderen und fällt dadurch ins Auge. Was wie bei den anderen Häusern nicht auffällt, ist das, was sich hinter den Türen ereignet.

Der Vater der Familie ist begeisterter Jäger und geht gern auf Großwildjagd. Ein Zimmer im Haus ist ausschließlich mit seiner Trophäensammlung ausgestattet. Trotz Verbots schleichen die Geschwister sich immer wieder ins Zimmer, voller widerstreitender Gefühle in Anbetracht der ausgestellten Tiere.

Die Mutter ist Hausfrau und züchtet wenige Ziegen. Sie bleibt unscheinbar, immer bereit, der Wut des Ehemanns zu entgehen und stattdessen seine Belehrungen und Weisungen entgegen zu nehmen. An der Protagonistin geht das Verhalten ihrer Eltern nicht unbemerkt vorbei, sondern sie fühlt sich und ihren Bruder immer tiefer hineingezogen in die eingeschliffenen Verhaltensweisen ihrer Eltern und deren Erwartungen entsprechende Rollen nach eigenem Vorbild einzunehmen. Um nicht so farblos zu werden wie ihre Mutter bemüht sie sich in der Schule um beste Noten und erhält auf diese Weise eine Anerkennung, die sie in der Familie nicht findet. Außerdem erhofft sie sich durch ihre Wissbegier, eine Lösung für die Umsetzung ihrer Idee zu finden.

Die Sprache ist einfach, dem Alter der Protagonistin während der Ereignisse angepasst. Es sind gerade die kurzen Sätze, die eine besondere Brisanz in die Erzählung bringen und mit ihrer Aussage das Gewicht verdeutlichen, dass ein junges Mädchen beim Heranwachsen zu tragen hatte. Zwar ist die Geschichte nur fiktiv und dennoch beschreibt sie eine mögliche Realität mit großem Ausdruck, der mich als Leser beeindruckte.

„Das wirkliche Leben“ von Adeline Dieudonné erzählt die Coming-of-Age Geschichte bizarrer Art einer ungenannten Jugendlichen, die nachdenklich stimmt und in Erinnerung bleibt. Gerne empfehle ich den Roman weiter, möchte aber auf die teils aufschreckenden Beschreibungen hinweisen.