Sonntag, 31. Mai 2020

Rezension: Denn das Leben ist eine Reise von Hanna Miller



Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Denn das Leben ist eine Reise
Autorin: Hanna Miller
Erscheinungsdatum: 30.04.2020
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783785726846
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An der Seite der 36-jährigen Protagonistin Aimeé Thaler machte ich mich im Roman „Denn das Leben ist eine Reise“ im roten VW-Bus auf den Weg nach St. Ives in Cornwall/England. Nach einem einschneidenden Erlebnis bei dem ihr Vertrauen in ihren Ehemann Per endgültig zerstört wird, wagt Aimeé das Risiko, in ihrer Heimat in Deutschland alles aufzugeben, um mit ihrem Sohn in eine unbekannte Zukunft zu flüchten. Der Titel des Romans verdeutlicht, dass in jeder Phase unseres Lebens bestimmte Entwicklungen möglich sind, vor denen wir nicht zurückschrecken, sondern sie annehmen sollten.

So locker beschwingt wie die farbliche Gestaltung des Covers mit den Sporen des Löwenzahns auf mich wirkte, konnte ich die Stimmung nicht in der Geschichte wiederfinden, denn Aimeé hat mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, die für eine melancholischen Hintergrund sorgten. Wie eine Spore der Willkür des Windes ausgesetzt ist, so fühlt sich Aimeé manchmal aufgrund emotionaler Bindungen als Spielball von diversen Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten. Sie schafft es nicht, sich einfach davon zu befreien, dazu ist einiges an psychischer Stärke nötig, die sie häufig nicht aufbringen kann. Im Laufe der Erzählung zeigt sich, ob Aimeé die Kraft findet, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben.

Aimeé hat ihr Kindheit und Jugend im Wohnmobil mit ihrer Mutter in einer Trödlerkommune verbracht. Ihren Vater hat sie nie kennengelernt. Inzwischen ist sie Mitte Dreißig, hat mit ihrem Lebenspartner einen sechsjährigen Sohn und führt als Selbständige Möbelrestaurationen durch. Als es zum Bruch kommt, beschließt sie mit ihrem alten VW-Bus, der in einer Garage einige Jahre überdauert hat, nach St. Ives zu fahren, um an der Beerdigung einer alten Kommunenfreundin teilzunehmen, mit deren Sohn sie zeitweilig mehr als freundschaftliche Bande geteilt hat. In Cornwall möchte sie bleiben, doch der Anfang gestaltet sich schwierig, denn St. Ives ist eine touristische Hochburg, die bezahlbaren Unterkünfte sind knapp und Jobs gibt es fast nur im Sommer, wenn die Touristen vor Ort sind.

Vor jedem Kapitel, dass in der Jetztzeit spielt, erzählt Hanna Miller einen Gedanken Aimeés an jeweils eine Szene, die auf gewisse Weise einen Schatz für die Protagonisten beinhaltet, an den sie sich gerne erinnert. Während sich die Geschichte in der Gegenwart stringent über die Monate weiterentwickelt, blickt Aimeé immer wieder zu bestimmten wichtigen Punkten in ihrem Leben zurück. Dadurch erfuhr ich einiges mehr über das Verhältnis zu ihrer Mutter Marilou und ihre Beziehung zu ihrem Kindheitsfreund und Jugendliebe Daniel. Beides war angefüllt mit schönen Erinnerungen, aber auch überschattet von hässlichen Ereignissen.

Als sie ihren Partner Per kennenlernte bot dieser ihr ein Leben in einem schönen Haus ohne Sorgen ums Geld. Aber Aimeé musste erst durch viele Täler gehen, um zu erkennen, dass eine gesicherte Existenz nicht alles ist, was man für erstrebenswert halten kann. Ein wenig war ich darüber enttäuscht, dass ihre Suche nach einem geeigneten Platz für ein neues Zuhause schon nach kurzer Zeit in St. Ives endete. Dafür verfolgte ich umso gespannter, ob sie hier tatsächlich eine Möglichkeit finden wird, eine Zukunft zu gestalten.

„Denn das Leben ist eine Reise“ von Hanna Miller ist ein gefühlvoll und bewegend geschriebener Roman mit einigen unvorhergesehenen Wendungen. Trotz der ständigen Sorgen um die von ihr geliebten Menschen, die die Protagonistin begleiten und für eine melancholische Hintergrundstimmung sorgen, wurde ich gut von der Geschichte unterhalten. Daher vergebe ich gerne eine Lesempfehlung.  


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