In ihrem historischen Roman „Der Turm aus Licht“ erzählt
Astrid Fritz vom Bau des Freiburger Münsters in der Zeit von 1270 bis 1330. Besonders
bekannt ist der gotische Westturm der Kathedrale, der bis heute mit seinen 116
m Höhe weithin sichtbar ist. Er wird auch als „schönster Turm auf Erden“
bezeichnet und ist mit einem einzigartigen durchbrochenen Maßwerkhelm
ausgestattet, der aus eben jener im Buch beschriebenen Zeit stammt und der
Geschichte seinen Namen gegeben hat.
Im Jahr 1270 traf der fiktive Baumeister Gerhard, der bisher
als Parlier an der Straßburger Bischofskirche mitgearbeitet hat mit seiner Frau
und einigen weiteren Handwerkern, darunter ein Bildhauer und mehrere Steinmetze
aus Basel und Köln, in Freiburg ein. Zehn Jahre war an der Liebfrauenkirche
nicht mehr gebaut worden, weil die Befestigung der nördlichen Vorstadt Arbeiter
und Material forderte. Der Empfang der Arbeiter ist recht bescheiden, wobei
gleich ein Zwist deutlich wird zwischen dem „Alten Rat“ der Stadt, bestehend
aus Rittern und Herren und dem „Neuen Rat“, der aus Kaufleuten und Handwerkern
besteht.
Über die Geschicke der Stadt haben verschiedene Autoritäten
zu bestimmen, die im Verlauf der Erzählung zu weiteren häufigen Konflikten
sorgen werden. Freiburg wird beim Eintreffen der Handwerker von Graf Konrad
regiert, der gegenüber seinem König Rudolf von Habsburg verpflichtet ist, aber
auch gegen ihn integriert. Eine wichtige Stellung nimmt auch der jeweilige
Gemeindevorsteher ein und einige Angehörige des geistlichen Stands. Das Gerangel
um Zuständigkeiten und das Streben nach Machtbefugnissen führen über alle Jahre
des Baus hinweg zu vielen Auseinandersetzungen.
Der Roman ist in drei Bücher gegliedert. Während der ersten
beiden Teile nehmen die Streitereien um führende Positionen einen breiten Raum
ein. Neben den auf Fakten beruhenden Ereignissen beschreibt Astrid Fritz auch
das Alltagsleben der am Bau beteiligten Handwerker und der Bürger der Stadt.
Liebe, Hass, Neid und Eifersucht sind ebenso beschrieben wie einfache tägliche
Verrichtungen und besonderen Anlässen aufgrund dessen Feste gefeiert werden.
Vor allem im dritten Buch des Romans konnte ich mehr über familiäre
Verwicklungen lesen, aus denen sich einige Dilemmata ergeben und der Geschichte
nochmals eine besondere Würze verleihen.
Ich war während des Lesens davon fasziniert welche
Möglichkeiten damals schon bestanden, ein Gebäude mit so vielen Verzierungen
und filigranen Elementen zu errichten. Es zeigt sich, wie viele Existenzen vom
Bau eines solch großen Werks abhängig sind und sich damit den Machtspielen der
oberen Gesellschaftsschicht unterworfen sind. Ein weiteres Problem ergibt sich
durch die unterschiedlichen Meinungen über die entstehenden Kosten. Während die
Steinmetze und Bildhauer ihre Künste bis zur Perfektion beim Kirchenbau und dem
Errichten des Westturms zeigen wollen, was viele Arbeitsstunden und
kostenintensiv ist, stehen ihnen ausreichend Kritiker entgegen, die sich gegen
den damit verbundenen Prunk und für eine schlichtere Ausführung aussprechen.
Es freute mich, über den Anteil zu lesen, den auch Frauen
eingebracht haben, nicht nur als Dienstmagd der am Bau beteiligten und
Ehefrauen, sondern sogar als Handwerkerinnen. Ein Verzeichnis der Haupt- und
Nebenfiguren, das dem Roman vorweggestellt ist, hilft dabei, den Überblick über
die handelnden Personen zu behalten. Ein Glossar am Ende des Buchs erklärt vor
allem geografische Begriffe, Worte aus der Handwerkersprache und
Stellungsbezeichnungen.