Toby Fleishman ist 41 Jahre alt, Vater einer elfjährigen
Tochter und eines neunjährigen Sohns und lebt gerade in Scheidung mit Rachel.
Als angesehener Hepatologe arbeitet er an einer Klinik in New York. Er ist der
Protagonist im Roman „Fleishman steckt in Schwierigkeiten“ der US-Amerikanerin
Taffy Brodesser-Akner. Seit der Trennung nach 14 Jahren Ehe steht seine Welt mitten
in der brodelnden Metropole redenswörtlich auf dem Kopf, was sich im Cover sehr
gut ausdrückt.
Der Titel bezieht sich auf das unbestimmte, andersartige
Gefühl Tobys, dass er jetzt im Vergleich zu den langen Jahren seiner Ehe empfindet.
Aber dieses „irgendwas“, dieses „anders“ kann er nicht in Worten beschreiben. Zuletzt
war es ein schleichender Prozess der zum Ende der Ehe führte. Toby fühlt sich
immer noch unwohl bei dem Gedanken daran. Die Liebe zu seiner Noch-Ehefrau ist
unbestritten, doch mehrere Punkte haben dazu geführt, dass Rachel und er keinen
Konsens mehr für eine gemeinsame Zukunft gefunden haben. Die Trennung bringt in
gewisser Weise Freiheiten für beide mit sich. Allerdings bleibt die Sorge um
die beiden Kinder bestehen und damit auch die Notwendigkeit für konkrete
Absprachen über die Betreuung der beiden.
Toby hat immer mehr die Organisation der Freizeit seiner
Kinder arrangieren müssen, weil Rachel als selbständige Leiterin einer
Künstleragentur zunehmend gefragt war. Er hofft darauf, endlich eine
Beförderung in der Klinik zu erhalten. Als Rachel eines Nachts Tochter und Sohn
unangekündigt in der neuen Wohnung von Toby absetzt stellt ihn das kurzfristig
vor Probleme, die ihn wütend machen. Sein Zorn steigert sich umso mehr, je
länger Rachel nicht erreichbar ist. Toby versucht für sich die Situation zu
analysieren, doch das ist nur seine Ansicht. Als Leserin durfte ich schließlich
auch die Meinung von Rachel erfahren. Der Roman ist eine Auseinandersetzung mit
den Anforderungen, denen berufstätige Eltern heute ausgesetzt sind um den
Spagat zwischen Beruf und Kindererziehung erfolgreich zu gestalten.
Ich war verwundert, dass nach einigen Seiten die Geschichte
in eine Ich-Erzählung überging. Wie sich dann herausstellte, werden einige
Teile von einer guten Bekannten Tobys geschildert. Elizabeth Epstein ist
Journalistin, schreibt gerade an einem Coming-of-Age-Roman und hat den
Protagonisten vor vielen Jahren in ihrem Auslandjahr in Tel Aviv kennengelernt.
Sie ist lose in Kontakt mit ihm und Rachel geblieben. Teils erschien es so, als
ob sie alle Geschehnisse schildert, jedoch spricht ihre Nichtanwesenheit und
die Gedankengänge von Toby und Rachel dagegen.
Einen großen Raum im Roman nehmen die Versuche Tobys ein, mittels
einer Dating-App mit einer Frau anzubandeln. Die Autorin geht bei ihren
Beschreibungen sehr ins Detail, egal ob es um die im Rückblick geschilderten
Szenen aus dem Eheleben geht, um die Freundschaft zwischen Elizabeth und Toby,
das aktuelle Erfassen der Situation oder die Figurenbeschreibung und deren
familiärer Hintergrund bis hin zu den von Toby gedateten Frauen. Leider wird
dabei die Beziehung des Ehepaars Fleishman zu ihren Kindern zweitrangig. Ihre
Stärke zeigt die Autorin im Analysieren von Beziehungen und schildert mit viel
Empathie die heutigen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bei der Suche nach
einem Geschlechtspartner.
„Fleishman steckt in Schwierigkeiten“ von Taffy
Brodesser-Akner fehlt aufgrund deutlicher Längen durch detailverliebten Schilderungen
nach einem gelungenen Anfang leider die Faszination für das weitere Geschehen.
Die Figuren kamen mir mit ihren Sorgen auf hohem Niveau nicht wirklich nah. Die
Grundidee des Romans hat mir dennoch gefallen und das letzte Kapitel fand ich
versöhnlich, da es die Geschichte schließlich abgerundet hat.