Im Buch „Abschiedsfarben“ von Bernhard Schlink vereinen sich
neun Kurzgeschichten mit ganz unterschiedlichen Aspekten und dennoch bergen sie
jede für sich eine Art des Abschiednehmens. Für mich ist der Begriff mit
Traurigkeit verbunden, aber schon bald nach Beginn des Lesens bemerkte ich, wie
geschickt der Autor seine Geschichten sprachlich führt und dabei Höhen und Tiefen
erreicht. Er vermag es, jede Stimmungslage in Worte zu fassen und dem Leser zu
vermitteln.
So schaut denn beispielsweise in der ersten Erzählung der
Protagonist zurück auf die Beerdigung von ihm lieb gewesenen Verstorbenen bis
seine Gedanken abschweifen zu einer Rechtfertigung vor sich selbst mit seinem
schlechten Gewissen, hin zum Verrat des besten Freunds. Der Wandel ist überaus
interessant und überraschend. Auch die zweite Story erstaunt mit einem Dreh,
der schließlich eine Liebe offenbart, die nicht sein konnte. In den Geschichten
geht es um Kränkung, ums Hinhalten in der Liebe, um das Ringen für Vergebung, um
Raffinesse, Erwartungen und Enttäuschungen.
Den Erzählungen ist neben dem Abschied nehmen gemein, dass
sie sich alle um die Liebe drehen, zum Partner, zum Bruder, zur Mutter oder auch
zu jemandem, der einem unerreichbar erscheint. Bernhard Schlink ist ein guter
Beobachter, der Menschen in den verschiedensten Lebenslagen und jeden Alters in
seine Geschichten einbindet. Mit sehr viel Feingefühl findet er sich in seine
Figuren ein und schildert deren Gedankengänge und Beweggründe. Die Erzählungen
sind realistisch, abwechslungsreich und in einer klaren Sprache geschrieben.
Mir hat das Lesen sehr viel Freude gemacht und gerne bin ich den Charakteren
durch gute und schlechte Zeiten gefolgt. Ich fühlte mich bestens unterhalten
und darum empfehle ich das Buch sehr gerne weiter.