Die Geschichte „Ein neuer Himmel“ von Margit Steinborn nahm
mich mit in die Vergangenheit. Es ist der erste Roman der Autorin. Er spielt in
den Jahren 1933 bis 1952. Ich begegnete der Protagonistin Hannah zu Beginn des
Romans mit ihrer dreijährigen Tochter Melina an der Hand, während sie auf dem
Weg von Berlin zu dem kleinen fiktive Dorf Erlenthal in der Nähe von Würzburg
ist. Die beiden sind sich innig zugetan, auf die gleiche Weise wie das
Coverbild Mutter und Tochter im Umgang miteinander zeigt.
Es ist April 1939 als Hannah vor den sich mehrenden Judenverfolgungen
in Berlin aufs Land flüchtet. Sie hat als Lehrerin für Deutsch und Musik
gearbeitet, aber zuletzt ihre Anstellung verloren. Angehörige hat sie keine
mehr und ist alleinerziehend. Auf dem Sandnerhof in Erlenthal, findet sie eine
freundliche Familie, die ihr Kost und Logis gegen entsprechende Mithilfe
bietet. Lässt sich ihre jüdische Herkunft weitestgehend im Umfeld verbergen, so
treten doch die Gräueltaten, die die Regierung an den Juden in Deutschland verübt,
immer mehr an die Öffentlichkeit. Hannahs Angst vor einer Deportation wird ständig
größer. Unterdessen macht Peter Hagen, der Vater von Melina, der nicht von der
Existenz seiner Tochter weiß, Karriere im Reichsministerium. Seine Liebe zu Hannah
ist ungebrochen und seine Kenntnis vom Holocaust bringt sein Gewissen in
Zwiespalt.
Margit Steinborn bleibt nah an ihren Figuren. Zwar
fokussiert sie auf Hannah und Peter in ihren Beschreibungen, doch insgesamt
bindet sie deren Geschichte in die historischen Ereignisse der damaligen Zeit
ein, in die beide auf ihre Weise involviert sind. Anhand der beiden Figuren
zeigt sie deutlich unterschiedliche Seiten eines Lebens während der Zeit des
Nationalsozialmus. Hannah steht exemplarisch für alle Menschen, die sich, mit
Ausnahme ihres Glaubens, nicht von ihren Mitbürgern unterschieden, über die
aber unsägliches Leid aufgrund gesellschaftspolitischer Entscheidungen gekommen
ist. Demgegenüber steigt Peter durch die Möglichkeiten, die sich ihm aufgrund
der Linientreue zum Regime bieten, beständig auf der Karriereleiter nach oben.
Die idyllische Landschaft, in die der Sandnerhof gebettet
ist und das harmonische Bild der Familie, in die Hannah und Melina aufgenommen
werden, sowie deren Hilfe und Verständnis, lassen den Gegensatz zu den
unruhigen Zeiten besonders stark hervortreten. Die Autorin zeichnet ihre
Figuren liebevoll und ihre Handlungen sind nachvollziehbar begründet. Vor allem
Hannah ist ein Sympathieträger, auch wenn ihr Verhalten nicht immer rational ist,
so kämpft sie doch immer für das Wohl ihrer Tochter, das für sie im Vordergrund
steht.
Die Geschichte des Zweiten Weltkrieg ist hinlänglich bekannt
und dennoch sind die Schilderungen der Verbrechen in Zusammenhang mit der
Judenverfolgung, auch wenn sie wie im vorliegenden Fall fiktiv sind, bedrückend
und bewegend. Mit ihrem Roman „Ein neuer Himmel“ schaffte Margit Steinborn es,
mich mit ihrer Erzählung zu berühren und für die Figuren auf ein gutes Ende zu
hoffen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.