Mit „Die sardische Hochzeit“ legt die in Nordrhein-Westfalen
lebende Autorin Grit Landau, die unter Pseudonym schreibt, ihren zweiten
belletristischen Roman vor. Wie in ihrem ersten Buch „Marina, Marina“ hat ihre
Liebe zu Italien sie dazu inspiriert, die Erzählung auf Sardinien spielen zu
lassen. Verbunden ist der Roman auch mit ihrem historischen Interesse, so dass
mich die Handlung in die 1920er Jahre zurückführte. Umspielt wird die
Geschichte von einer Spur Mystik, die sich auch in Einschüben vor jedem Kapitel
wiederfindet, denn Grit Landau beschreibt dort sagenumwobene sardische Gestalten
und heidnische Bräuche, die auf Sardinien ausgeübt werden. Das führt zu einem
besseren Verständnis des Lesers für die handelnden Figuren und ihrer Handlungen.
Der Ligurier Leo Lanteri, wird von seinem Vater, dem
Besitzer einer Olivenplantage, nach Sardinien geschickt um dort nach einer
speziellen Olivensorte zu suchen. Er hat im Ersten Weltkrieg an vorderster
Front gekämpft und dabei ein Trauma erlitten, dass ihm immer noch Alpträume
beschert. Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, dass der Grund nur
vorgeschoben ist und Leo die Reise eigentlich nur Antritt, damit tödlich
verlaufene mit einem Faschisten vertuscht werden kann.
Unterdessen bereitet sich Gioia Soria, die Tochter des
Besitzers eines Landguts bei Sassari, auf ihre Hochzeit mit Gavino vor, dem
Sohn einer alteingesessenen sardischen Familie, die Pferde züchtet. In
Sardinien formieren sich die Faschisten und auch Gioia Vater hängt dieser politischen
Richtung an. Schon sehr bald verbindet Gioia mit Leo mehr als nur die Liebe zur
Jazz-Musik.
Die Familie Lanteri verbindet die beiden Romane von Grit
Landau. Leo ist der Großvater einer der Protagonisten im Buch „Marina, Marina“,
doch beide Erzählungen sind unabhängig voneinander. Die Ankunft von Leo auf
Sardinien und die Vorbereitungen der Hochzeit laufen in parallelen
Erzählsträngen. Als Leser entstand für mich ein Bild von Sardinien in einer
bewegten Zeit, kurz vor der Machtübernahme durch Mussolini. Die Faschisten
gewannen auch auf Sardinien immer mehr Anhänger. Ohne, dass sich die Politik zu
sehr in den Vordergrund drängt, versteht die Autorin es bestens, die Stimmung
einzufangen und die Spannungen, die sich auf verschiedene Weise offen kundtun, wiederzugeben.
Sie verdeutlicht, dass Gioia auch als selbstbewusste Frau mit Sinn für das
Moderne entsprechend der Konventionen ihrer Zeit zu handeln hat.
Grit Landau hat für ihren Roman zwei Familien kreiert, die
typischen Beschäftigungen nachgehen, die bis heute auf Sardinien zu finden
sind: dem Olivenanbau und -verarbeitung und der Pferdezucht. Immer wieder lässt
sie italienische Wörter einfließen, die für ein besonderes Flair beim Lesen
sorgen. Ihre Liebe zur Musik findet sich in den Schwärmereien für Lieder von
Gioia und Leo wieder, die am Ende des Buchs gelistet sind. Dort gibt es auch Anmerkungen
zu Essen und Trinken, ein Glossar zu sardischen und italienischen Begriffen und
eine Literaturliste, deren Bücher es ermöglichen, sich weiter mit Land und Leuten
zu beschäftigen.
Der Roman „Die sardische Hochzeit“ von Grit Landau lässt dank der sehr guten Recherche der Autorin die Zeit im Herbst 1922 auf Sardinien, während Mussolini nach der Macht in ganz Italien griff, lebendig werden. Ihre Charaktere agieren realistisch und vorstellbar. Eine unerwartete Wendung zum Ende hin sorgt dafür, dass sich im Leben der Protagonisten vieles verändert und mich überraschte. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.