Rezension von Ingrid Eßer
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Katharina Fuchs schildert in ihrem Roman „Zwei Handvoll
Leben“ die Geschichte ihrer Großmütter Anna und Charlotte. Beide wurden noch zu
Ausgang des 20. Jahrhunderts geboren. Was sie ab dem Jahr 1913 bis 1953, dem
Jahr als sie sich zum ersten Mal begegneten, erlebten, ist Gegenstand des
Buchs.
Die Autorin schreibt dicht, fließend, rundet die Szenen ab.
Immer wieder wechselt sie in den Kapiteln zwischen Anna und Charlotte, die sie
dann in den Mittelpunkt stellt. Anna wächst im Spreewald als Tochter eines Schreiners
mit fünf Geschwistern auf. Ihr erlernter Beruf als Schneiderin führt sie später
nach Berlin ans KaDeWe. Charlottes Vater ist der Besitzer des Landguts Feltin
in der Nähe von Chemnitz. Als Einzelkind wird sie in der Annahme erzogen, dass
ihr späterer Ehemann das Gut eines Tages übernehmen wird. Beide Großmütter sind
eigenwillig und verfolgen als junge Frauen ihre Wünsche, auch gegen
Widerstände.
Hier brauchte ich mich nicht zu fragen, warum die Autorin
ihrer Handlung genau diese Wendung gegeben hat, sondern mir war bewusst, dass
ich über gelebtes Leben las! Katharina Fuchs weicht keinem heiklen Thema aus
und erzählt den Alltag wie er in vielen Familien damals stattfand mit den
Sorgen um das tägliche Brot und dem zunehmend Einfluss der Nationalsozialisten
auf viele Bereiche. Die Autorin wertet nicht, sondern nutzt die Fakten zur
Darstellung und füllt die beschriebenen Handlungen mit Beweggründen und
Gefühlen. Dadurch entsteht ein Roman über zwei Familien im Wandel der Zeiten
mit Figuren denen man sich darum so nahe fühlt, weil sie nicht nur realistisch
waren, sondern auch in ihnen Teile wiederzufinden sind, die man aus der eigenen
Familie oder dem Freunde- und Bekanntenkreis kennen könnte.
Durch die Perspektivenwechsel entstehen kleine Cliffhanger,
die zum schnellen Lesen auffordern und der Geschichte eine gewisse Spannung im
Hintergrund geben. Ich habe den Roman mit Begeisterung gelesen und freue mich
darauf, in der Fortsetzung „Neuleben“ mehr über Anna und Charlotte, dann aber
als Nebenfiguren zu erfahren. Gerne spreche ich hierfür eine Leseempfehlung
aus.