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Ewald Arenz schreibt in seinem Roman „Der große Sommer“ über
eine Zeit unserer Jugend, die viele von uns kennen, zu denen ich mich zähle,
und die verbunden ist mit den Ferien der wärmsten Jahreszeit in unseren
Gefilden. Es ist der Sommer, in dem unsere Gefühle wie in einem Knäuel verwirrt
scheinen, das wir stückweise aufdröseln müssen und dabei einen weiten Schritt
vom Kind zum Erwachsenen gehen. Die Erinnerungen des Protagonisten Frieder an
diesen Sommer sind verknüpft mit manchem Freibadabenteuer und dem Wagemut von
immer weiter oben vom Turm aus zu springen und tief einzutauchen, genauso wie
in die neue Welt die sich dem Adoleszenten öffnet.
Frieder, der Ich-Erzähler der Geschichte, streift über den
Friedhof seiner Heimat, auf der Suche nach einem Grab, was bei mir die Neugier
weckte zu erfahren, wer dort wohl beerdigt liegt. Immer noch wohnt Frieder vor
Ort, dort wo er mit fünf Geschwistern aufgewachsen ist. Bei seiner Suche
schweifen seine Gedanken zurück an den Sommer, als er 16 Jahre alt war und
aufgrund seiner schulischen Defizite nicht mit der Familie in Urlaub fahren
durfte, sondern zur Vorbereitung auf die Nachprüfung bei seiner geliebten
Großmutter und ihrem Mann, dem unbeliebten Stiefvater der Mutter bleiben
musste.
Was zunächst auf Frieder wie ein Desaster wirkt, werden
Wochen voller Emotionen, geprägt von Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt, Angst,
Unverständnis, das zunehmende Begreifen schwieriger Gemütslagen und das
allmähliche Aufbringen von Verständnis für andere Meinungen. An seiner Seite
sind seine jüngere Schwester Alma, sein bester Freund Johann und Beate, die er
unter besonderen Umständen im Freibad kennenlernt.
Es machte mir Freude, mich von Frieder in den Sommer Anfang
der 1980er Jahre mitnehmen zu lassen und mich an die damaligen Gegebenheiten in
Bezug auf Technik, Kultur und den Umgang miteinander zu erinnern. Der Autor
ließ mich an der Seite seines Protagonisten zeitlich noch weiter zurückgehen
bis zu den Anfängen der Liebe von Frieders Großmutter. Einerseits ist in diesem
Kontext zu begreifen, warum dieser seinen Großvater als Kind lange siezen
musste, andererseits möchte Frieder aus diesem Verständnis heraus für sich
Schlüsse ziehen im richtigen Umgang mit seinen aufkeimenden Gefühlen für Beate.
Schnell merkt er, dass seine bisherige spontane, unbefangene und unbeholfene
Art verletzend sein kann. In diesem für ihn großen Sommer lernt er einiges über
sein Einfühlungsvermögen, entwickelt Ambiguitätstoleranz und behält sich seinen
offenen und weiten Blick in die Welt. Seine Ansichten zu Fragen, wie sie ihn im
Alltag begleiten, festigen sich auch durch die Auseinandersetzung mit
Gleichaltrigen und dem Einblick in andere Familien wie beispielsweise die
seines Freunds Johann, die finanziell deutlich besser abgesichert ist wie seine
eigene.
Ewald Arenz hat mit „Der große Sommer“ einen einfühlsamen Roman geschrieben, der mich Zurückerinnern ließ an meine eigene Jugend. Der Autor hat persönliche Erfahrungen in seine Geschichte einfließen lassen, die auch gerade deshalb authentisch wirkt. Ich konnte darin am Auf und Ab der Gefühle des 16-jährigen Frieder teilzuhaben, der an der Seite seiner Freunde einen unvergleichbaren und unvergesslichen Sommer zu Beginn der 1980er Jahre erlebte. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.