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Mittwoch, 28. April 2021

Rezension: Klaras Schweigen von Bettina Storks

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Klaras Schweigen
Autorin: Bettina Storks
Erscheinungsdatum: 08.03.2021
rezensierte Buchausgabe: Paperback
ISBN: 9783453360471

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In ihrem Roman „Klaras Schweigen“ stellt Bettina Storks Miriam und ihre Großmutter Klara in den Mittelpunkt. Ein Teil der Handlung spielt in Freiburg im Breisgau im Jahr 2015, aber die Recherchen Miriams zur Aufarbeitung der Familiengeschichte und die Erinnerungen von Klara führten mich als Leserin in die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs über die die betagte Klara bisher geschwiegen hat. Das Cover entspricht einem Foto aus der damaligen Zeit, welches Miriam im Album ihrer Oma findet. Klaras Blick darauf, abgewandt vom Betrachter, scheint sich in eine hoffnungsvolle Zukunft zu richten.

Nach einem Schlaganfall, von dem Klara mitten in einem Telefonat mit ihrer Enkelin getroffen wurde, ist ihr Sprachvermögen stark eingeschränkt. Bei einem Besuch im Krankenhaus spricht Klara erste Worte in Französisch, was Miriam sehr wundert. Außerdem erhält sie von ihrer Großmutter bei der Gelegenheit eine alte Taschenuhr mit Gravur in französischer Sprache. Auch Miriams Großtante, die jüngere Schwester von Klara, kann zu den Merkwürdigkeiten keine Auskunft geben. Bald schon wird Miriam klar, dass ihre Großmutter Geheimnisse vor ihr hat, die lange zurückreichen bis zur Besatzung Freiburgs nach dem Zweiten Weltkrieg durch das französische Militär.

Die Geschichte entwickelt sich zügig, beginnend mit der Bombennacht auf Freiburg im November 1944, die Klara als Jugendliche im Keller des Mehrfamilienhauses erlebt, in dem die Familie wohnt und auf diese Weise verdeutlicht, welche Ängsten sie damals wie viele andere gehabt hat. Nach dem Besuch bei ihrer Großmutter beginnt Miriam über die Vergangenheit Klaras Fragen zu stellen und kommt schnell dabei an die Grenzen des verfügbaren Wissens in der Familie. Doch sie gibt nicht auf und es sind kleinste Details, die sie tief in die Familiengeschichte hineinführen nach Konstanz, wo ihre Großmutter eine Weile gelebt hat und schließlich bis in die Bretagne.

Bettina Storks schildert mit sehr viel Einfühlungsvermögen eine Kindheit und Jugend von Klara mit einem strengen Vater, der es versteht, seine Prinzipien durchzusetzen. Sie zeigt die Ohnmacht Klaras, sich dem Vater in bestimmten Punkten zu widersetzen, aber auch ihre klare Vorstellung einer Zukunft und ihr Selbstbewusstsein an ihren Wünschen festzuhalten sowie das Bestreben danach, sie zu verwirklichen. Die Autorin verdeutlicht, welchen Gesetzen und Konventionen Frauen früher ausgesetzt waren und welche Auswirkungen ihr Tun auf ihr Bild und das ihrer Familie in der Öffentlichkeit hatten. Es war eine schwierige Zeit, Lebensmittel und Heizstoff fehlten noch immer. Das Verhältnis der französischen Besatzer zur deutschen Bevölkerung unterlag einem Fraternisierungsverbot, so dass Freundschaften von Beginn an unterbunden wurden.

Bis hierher ist die Erzählung bereits dramatisch, manchmal sind Geschehnisse auch absehbar, doch es wurde noch nicht ganz deutlich, warum Klara über eine bestimmte Zeit bisher geschwiegen hat. Zusammenhänge und das Begreifen der Verwicklungen dazu ergeben sich für Miriam erst im Laufe der Geschichte. Es ist aber längst noch nicht das Ende der Geheimnisse, denn allmählich begreift sie, dass sie bisher nie erfuhr, was sich in der Nacht, als ihre Eltern tödlich verunglückten, zugetragen hat.

Es ist ein langer Weg den Klara und Miriam gemeinsam im Austausch auf der Suche nach Verständnis und Verstehen gehen müssen, angefüllt mit großen Emotionen, Enttäuschungen, Erkenntnissen, mit Freude, Leid und Hoffnung. Beide Charaktere sind gut ausformuliert. Für jede ihrer Figuren zeigt die Autorin Wege zum Verständnis von deren Handlungen auf, auch wenn einige eher unsympathisch bleiben.

Bettina Storks verbindet in ihrem Roman „Klaras Schweigen“ eine Sprachstörung der Großmutter Klara mit einer Chance für ihre Enkelin Miriam, sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen. Sie schreibt mit viel Gefühl und mich berührend über eine bewegende Zeit, familiäre Dramen und Miriams Suche nach Identität, die Klaras langes Schweigen verständlich machen. Gerne empfehle ich den Roman weiter.