Mittwoch, 7. April 2021

Rezension: Ungehorsam von Nicola Karlsson

 


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Ungehorsam
Autorin: Nicola Karlsson
  Hardcover: 224 Seiten
Erschienen am 15. März 2021
Verlag: Piper

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In Berlin herrschen hochsommerliche Temperaturen, und immer wieder ziehen Klimademonstrationen durch die Stadt. Auch Rebekkas Tochter Lara hat oft an ihnen teilgenommen. Doch nun ist sie seit drei Tagen spurlos verschwunden, nachdem sie mit einer Freundin im Kino war. Diese behauptet jedoch, von nichts zu wissen. Rebekka kann nicht einfach abwarten, ob die Polizei doch noch etwas herausfindet. Als sie merkt, dass ihr alter Rucksack und Schlafsack aus dem Keller verschwunden sind und ihr nächtliche Besucher einen ersten Anhaltspunkt liefern, begibt sie sich auf die Suche. Diese führt sie zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Kampf gegen die Erderwärmung, Waldbrände und weitere Missstände mehr als Worte einsetzen...

Zu Beginn des Buches wartet Rebekka seit drei Tagen in ihrer Wohnung auf die Rückkehr ihrer Tochter. Sie hat sich krank schreiben lassen und hofft, dass Lara plötzlich vor der Türe steht. Doch mit dem Fortschreiten der Zeit wird diese einfache Lösung immer unwahrscheinlicher. Ist ihr etwas zugestoßen oder ist sie abgehauen? Die Polizei hat eine Suchmeldung herausgegeben, Rebekkas Mann Daniel macht sich beruflich auf den Weg nach Hamburg. Können sie denn wirklich nichts tun? Als Leser spürt man Rebekkas wachsende Verzweiflung deutlich und ebenso ihren Wunsch, irgendetwas zur Suche beizutragen.

Zwei Hinweise sorgen nach kurzer Zeit dafür, dass Rebekka aktiv wird. Zum einen findet sie heraus, dass zwar in Laras Zimmer nichts fehlt, aber im Keller ein alter Rucksack und Schlafsack nicht mehr auffindbar sind. Indizien dafür, dass Lara möglichst unauffällig verschwinden wollte. Ein Flyer an ihrer Haustür nennt außerdem den Namen einer Kneipe und eine Uhrzeit - endlich eine Spur, der Rebekka folgen kann. Sie findet dort zwar nicht Lara, dafür aber eine Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die laut auf Missstände aufmerksam machen und Aktionen vorbereiten.

Rebekkas Versuche, Mitgliedern der Gruppe mögliche Informationen über Laras Verbleib zu entlocken, stoßen auf taube Ohren. Dabei ist nicht klar, ob sie nichts wissen oder nichts preisgeben wollen. Gut konnte ich verstehen, dass die Beschwichtigungen Rebekka gegenüber, Lara werde sich zur gegebenen Zeit bestimmt melden, ihren Drang weiterzusuchen nicht mindern. Sie beginnt, ihre Rolle als Mutter und ihr Verhalten gegenüber Lara zu reflektieren. Was hätte sie anders machen können? Hat sie die Wünsche ihrer Fünfzehnjährigen nicht ernst genug genommen? War es falsch, fest einzuplanen, dass Lara ihr Abitur macht?

Mit der Zeit erfährt man als Leser mehr über die Gruppe der Aktivisten, deren Spur Rebekka folgt. Deren Verhalten zeugt von Ungehorsam, denn bei ihren Aktionen brechen sie Regeln und geraten mit der Polizei aneinander, um Aufmerksamkeit auf die Themen zu lenken, für die sie sich einsetzen. Aber heiligt der Zweck die Mittel? Die Aktivitsten greifen zu zunehmen radikaleren Mitteln, mit denen sie Menschenleben gefährden. Gerne hätte ich noch mehr über die Geschichte einzelner Mitglieder erfahren. Was ist ihre Motivation und welche Erlebnisse haben sie dazu gebracht, sich an ökoterroristischen Aktionen zu beteiligen?

„Ungehorsam“ legt seinen Fokus vor allem auf die Gedanken und Gefühle von Rebekka, der nach dem Verschwinden ihrer Tochter klar wird, dass sie den Bezug zu ihr schon lange verloren hat. Der Roman bringt ins Nachdenken über die Kluft zwischen den Generationen und wie diese in den Dialog treten könnten. Vor allem aber fiebert man mit, ob Rebekka und Lara noch eine Chance erhalten werden.

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