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Sonntag, 30. Mai 2021

Rezension: Ungehorsam von Nicola Karlsson

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Ungehorsam
Autorin: Nicola Karlsson
Erscheinungsdatum: 15.03.2021
Verlag: Piper (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag 
ISBN: 9783492070812
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Es ist Sommer in Berlin, es herrschen hochsommerliche Temperaturen und in Brandenburg brennen Wälder, auch die Stimmung ist aufgeheizt. In dieser Situation lässt Nicola Karlsson ihren Roman „Ungehorsam“ spielen. Auf dem Cover wird die flirrende Hitze sichtbar.

Die 15-jährige Lara, Tochter der Protagonistin Rebekka Hain, ist seit drei Tagen verschwunden. Lara setzt sich bereits seit längerer Zeit für die Beseitigung von Ungerechtigkeiten in der Welt ein, derzeit verstärkt auf dem Gebiet des Klimaschutzes. Im Kopf von Rebekka, die die Geschichte aus ihrer Perspektive heraus erzählt, schwirren mehrere Theorien, was geschehen sein könnte, unter anderem der Gedanke, dass Lara etwas Schwerwiegendes zugestoßen ist.

Die Polizei hat eine Suchmeldung rausgegeben, wird ansonsten aber nicht tätig. Als Rebekka feststellt, dass ein Rucksack, eine Isomatte und ein Schlafsack aus dem Keller verschwunden sind, wird ihr klar, dass Lara ihre Eltern bewusst verlassen hat. Rebekka hat sich krankschreiben lassen und erhält dadurch die Zeit, nach ihrer Tochter und den Gründen für deren Verschwinden zu suchen.

Von Beginn an ist Rebekkas Verzweiflung über den Fortgang ihrer Tochter zu spüren, gepaart mit Ohnmacht, aber auch der Hoffnung, dass sie spontan wieder zurückkehrt. War sie bisher noch ausreichend mit Job, Haushalt und Familie beschäftigt, konzentriert sie sich nun auf das Denken, was sie verloren hat, warum und ob ihr eigenes Verhalten sie in die jetzige Lage brachte. Sie fasst den Entschluss, selber tätig zu werden und greift kleinste Hinweise auf, die sie in Richtung Lara führen könnten. Mehr und mehr hinterfragt sie sich dabei selbst. Bisher hat sie auf einen guten Schulabschluss von Lara bestanden. Mit dem, was ihre Tochter in letzter Zeit emotional beschäftigt hat, hat sie sich nicht weiter auseinandergesetzt und immer nur das höhere Ziel einer gesicherten Zukunft für sie im Blick gehabt.

Bei ihrer Suche stößt sie auf eine Gruppe Klimaaktivisten, in deren Umfeld sie Lara vermutet. Doch sie fällt auf, aufgrund ihres Alters und ihrer direkten Fragen nach ihrer Tochter. Die Gruppierungen halten im Kampf für ein übergeordnetes Ziel zusammen und verraten niemanden aus ihren Reihen. Rebekka betrachten sie mit Misstrauen. Dann kippt die Stimmung und die Protagonistin erlebt mit Entsetzen, dass die Aktivisten zu gewaltsamen Mitteln greifen, um ihre Ansichten durchzusetzen. Die Angst von Rebekka wird ständig größer, um die inzwischen radikal agierenden Aktivisten, um sich selbst und vor allem um Lara.

Nicola Karlsson bleibt ganz dicht dran an ihrer Mutterfigur und öffnet deren Gefühle für die LeserInnen. Rebekka erkennt, dass sie Lara durch ihre eigene Erziehung neugierig auf die Welt gemacht hat. Es gehört eine große Portion Vertrauen dazu, ihre Tochter eigene Erfahrungen machen zu lassen.

Nicola Karlsson schreibt in ihrem Roman „Ungehorsam“ über die Suche einer besorgten Mutter nach der 15-jährigen Tochter vor dem Hintergrund des Klimawandels. Sie rückt das Unverständnis des Elternteils für das Denken und Tun des Kindes in den Vordergrund, welches längst selbst Verantwortung übernimmt, nicht nur für sich, sondern wie viele Gleichaltrige auch für die Natur. Dabei geht die Autorin bei den Aktivitäten der Umweltschützer bis an die Grenze des Denkbaren. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für das Buch.


Freitag, 28. Mai 2021

Rezension: Das Lied der Wölfe von Rena Fischer

 


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Das Lied der Wölfe
Autorin: Rena Fischer
Broschiert: 512 Seiten
Erschienen am 21. Mai 2021
Verlag: dtv

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Die Wolfsforscherin Kaya reist aus Deutschland nach Schottland, wo sie als private Zoologin für den schottischen Milliardär Alistair MacKinley arbeiten soll. Dieser hält ein Wolfsrudel in einem eingezäumten Gelände und träumt davon, in Schottland wieder wilde Wölfe anzusiedeln. Vor Ort erfährt Kaya, dass sie keine Unterkunft im Dorf erhält, sondern im Herrenhaus der MacKinleys wohnen soll. Im Nachbarzimmer ist Alistairs Sohn Nevis untergebracht. Er ist ein Mitglied der britischen Eliteeinheit Special Air Service und wurde beurlaubt, nachdem er in einem Gefecht gegen die Taliban seinen linken Unterarm verloren hat. Schroff macht er Kaya klar, dass das Projekt seines Vaters zum Scheitern verurteilt ist. Gleichzeitig versucht er, vor ihr und allen anderen seinen wahren psychischen Zutand zu verbergen.

Die Geschichte beginnt mit Kayas Ankunft in Schottland, wo Nevis MacKinley von seinem Vater den Auftrag erhält, sie vom Bahnhof abzuholen. Beide Charaktere kommen abwechselnd zu Wort und geben dem Leser Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Kaya ist neugierig, was sie in Schottland erwartet, während Nevis kein Verständnis für das Wolfsprojekt seines Vaters hat und sie am liebsten sofort wieder loswerden würde.

Ich war gespannt darauf, den Wildpark MacKinleys zu besuchen, musste mich jedoch erst einmal gedulden. Die Charaktere werden ausführlich vorgestellt und nach 100 Seiten ist Kaya gerade erst im Herrenhaus angekommen und hat ihren ersten Abend dort verbracht. Als Expertin, die ihre Doktorarbeit zur Ökologie der Wölfe geschrieben hat, macht sich viele Gedanken über ihre zukünftige Arbeit und diskutiert diese mit Alistair MacKinley. Dadurch erfährt man viel über Wölfe und die damit verbundene notwendige Öffentlichkeitsarbeit, die mit einem so ambitionierten Vorhaben wie der Auswilderung in Schottland verbunden ist, wo Schafe meist frei und ohne Hütehund gehalten werden.

Nevis ist dem Projekt seines Vaters gegenüber höchst kritisch eingestellt. Er wäre am liebsten auch gar nicht in Schottland, sondern wieder im Einsatz für den SAS. Deshalb verheimlicht er gegenüber Familie, Freunden und Ärzten, dass er an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Diese lässt ihn regelmäßig Flashbacks erleben, die eindringlich geschildert werden. Kayas Anwesenheit im Nachbarzimmer kommt ihm ungelegen, denn er fürchtet, dass sie etwas davon mitbekommen könnte. Zu seinen Eltern hat er ein schwieriges Verhältnis und auch der Umgang mit seinen besten Freunden vom SAS ist nicht einfach. Der eine sitzt im Rollstuhl, während der andere an einer noch schwereren Form von PTSB leidet als er.

Während Kayas Tage im Zeichen der Wölfe stehen und Nevis versucht, seine Erkrankung allein in den Griff zu bekommen, bauen die beiden allmählich ein gewisses Verständnis füreinander auf. Richtig funken tut es jedoch lange nicht. Immer wieder wird angedeutet, dass beide ein schwerwiegendes Geheimnis mit sich herumtragen, über das sie selbst nicht nachdenken, geschweigen denn es aussprechen wollen. Für meinen Geschmack war die Geschichte zu langatmig erzählt und ich fand das Verhalten der Charaktere vorhersehbar. Erst in der zweiten Buchhälfte kommt es zu einem Zwischenfall, der für Spannung sorgt. Zum Ende hin geht dann alles recht schnell, sehr traurige und sehr schöne Szenen folgen eng aufeinander. Auch die tragischen Geheimnisse der beiden, die aufgrund der vielen Hinweise für mich keine Überraschung mehr waren, werden auf den allerletzten Seiten endlich gelüftet.

„Das Lied der Wölfe“ vermittelt zahlreiche Informationen rund um Wölfe und welche Herausforderungen mit einer Auswilderung in Schottland verbunden sind. Auch der Umgang mit physischer und psychischer Versehrtheit nach Kriegseinsätzen wird intensiv beleuchtet. Ein informativer Liebesroman, bei dem mir jedoch etwas Tempo fehlte. Wer sich für die Thematik interessiert, wird hier vielfältige und emotionale Einblicke erhalten.

Donnerstag, 27. Mai 2021

Rezension: Mörderfinder - Die Spur der Mädchen von Arno Strobel

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Mörderfinder - Die Spur der Mädchen
Autor: Arno Strobel
Erscheinungsdatum: 24.03.2021
Verlag: Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783596700516
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In seinem Thriller „Mörderfinder – Die Spur der Mädchen“ schickt Arno Strobel seinen Protagonisten Max Bischoff, den früheren Ermittler des Kriminalkommissariats 11 aus Düsseldorf, erneut auf die Fährte eines Täters. Inzwischen verdingt der 33 Jahre alte Bischoff sich als Fallanalytiker der Polizeihochschule in Köln. Eines Tages wird er nach einer Vorlesung von dem Vater einer Tochter im Grundschulalter angesprochen. Das Mädchen verschwand vor sechs Jahren wie zwei weitere Kinder innerhalb eines kurzen Zeitraums. Der Vater behauptet, dass es Anzeichen für die Rückkehr seiner Tochter geben würde. Max sträubt sich zunehmend gegen die Übernahme des Falls, doch ihm wird bewusst, dass ein schnelles Handeln von Nöten ist, wenn er die gerade aktuell verschwundenen beiden Mädchen noch retten möchte.

Das Buch ist der Auftakt zu einer Serie rund um Max Bischoff. Daher hatte ich, ganz gleich wie spannend die Ermittlung wurde und wie sehr Bischoff sich immer tiefer in das Geschehen einbeziehen ließ, die Hoffnung, dass er auf jeden Fall überlebt. Doch zunächst einmal wurde es zunehmend spannen.

Bischoff kommt nicht umhin, den vor sechs Jahren mit den Ermittlungen beauftragten Kollegen aus Köln, Bernd Menkhoff, in die Ereignisse einzuweihen und erntet als nunmehr Externer nur Beschimpfungen. An ihm nagen Zweifel, ob er für die Aufklärung des Falls geeignet ist, er stellt sich selbst in Frage und weckte bei mir als Leserin die Befürchtung, dass er sich vom Fall zurückzieht. Dabei sind weder Bischoff noch Menkhoff für Leser von Strobel-Thrillern Unbekannte, da sie bereits in früheren Büchern des Autors leitende Ermittler waren. Die Kenntnis dieser Thriller ist aber für das Verständnis von „Mörderfinder“ nicht nötig. Aufgrund ihrer verschiedenen Meinungen war es anregend die beiden unterschiedlichen Figuren im Schlagabtausch zu erleben.

Arno Strobel versteht es nicht nur, von Beginn an Spannung aufzubauen, sondern auch, diese mühelos bis zum Schluss zu halten. Immer wieder fügt er kursiv gesetzte kurze Kapitel ein mit unbenannten handelnden Personen, die daher zum Mitdenken anregen, wessen Erlebnisse beschrieben werden. Manchmal erhält der Leser auf diese Weise einen kleinen Vorsprung zum Ermittler oder aber er glaubt, durch die eigene Entschlüsselung des Gelesenen einen Schritt weiter als Bischoff oder Menkhoff zu sein.

Gekonnt baut Arno Strobel seine Figuren so auf, dass sie dem Leser zwiespältig erscheinen, obwohl er aus Sicht der Ermittler für jede Handlung eine Begründung liefert. Derart ist der wahre Mörder schwer zu fassen. Das Thema von verschwundenen Mädchen empfinde ich als Leserin als besonders bewegend. Der Autor verknüpft die Aufklärung des Falls mit dem persönlichen Interesse der Ermittler daran und führt die Erzählung zu einem unerwarteten Ende mit Showdown und einer daraus resultierenden Folge, die vielleicht einige traurig stimmen wird.

Das Buch „Mörderfinder – Die Spur der Mädchen“ von Arno Strobel zog mich in seinen Bann bis zum Schluss. Die Kriminalhandlung mit den Fallermittlungen ist geschickt konstruiert und rundum gelungen und daher empfehle ich das Buch jedem Thrillerleser gerne weiter.


Mittwoch, 26. Mai 2021

Rezension: Das unsichtbare Leben der Addie LaRue von V.E. Schwab

 


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Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
Autorin: V.E. Schwab
Übersetzer: Petra Huber und Sara Riffl
Broschiert: 592 Seiten
Erschienen am 26. Mai 2021
Verlag: FISCHER Tor

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Addie LaRue kann seit fast dreihundert Jahren keine Spuren hinterlassen. Jeder Mensch vergisst sie, sobald sie sich nicht im selben Raum befinden. Sie kann ihren eigenen Namen weder sagen noch schreiben und wenn sie jemandem ihre Geschichte erzählt, dann kommen ihre Worte nicht an. Zu diesem Leben hat sie ein Gott der Nacht verdammt, den sie am 1714 kurz vor ihrer Hochzeit anrief und von dem sie sich ein Leben in Freiheit wünschte. Dafür erhält er ihre Seele, wenn sie diese nicht mehr will. Im New York des Jahres 2014 ist Addie ein Profi in ihrer Art und Weise des Lebens geworden. Doch dann begegnet sie in einer Buchhandlung Henry, der sich an sie erinnern kann. Hat der Teufel etwa einen Fehler gemacht?

Die bisherigen Bücher von V.E. Schwab waren für mich allesamt Highlights, sodass dieser neue Einzelband aus ihrer Feder für mich ein Must Read war. Das Buch beginnt mit einer kurzen Szene am 29. Juli 1714, als Addie im kleinen französischen Dorf Villon-Sur-Sarthe von ihrer eigenen Hochzeit davonläuft und im Wald dem Teufel begegnet, mit dem sie einen folgenschweren Pakt schließt. Im starken Kontrast dazu steht das Leben, dass Addie sich 2014 in New York aufgebaut hat. Sie ist keinen Tag gealtert und zur Muse von Künstlern geworfen, denen sie sich zwar jeden Tag neu vorstellen muss, für deren Werke sie jedoch eine Inspiration sein kann. Dies ist der einzige Weg für sie, um doch Spuren zu hinterlassen.

Auf den ersten hundert Seiten erzählt das Buch abwechselnd von den ersten Tagen nach dem Pakt und Addies Leben in New York. Als Leserin baute ich dadurch ein gutes Verständnis dafür auf, wie der Fluch funktioniert, auch wenn für mich ein paar Fragen offen blieben. Ich habe zum Beispiel nicht verstanden, warum sich ihre Dates den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch an sie erinnern können, bis sie am Morgen eine Fremde in ihrem Bett erblicken. Dazu dürften sie sich ja vorher stundenlang nicht einen Moment aus den Augen verlieren und zum Beispiel auf keinen Fall im Badezimmer verschwinden.

Nichtdestotrotz fand ich die Idee von Addies Leben ohne Spuren faszinierend und die Seiten verflogen nur so. Nach ihrer ersten Begegnung mit Henry wollte ich vor allem wissen, wie es für die beiden weitergeht. Aber auch Kapitel aus der Vergangenheit fand ich interessant. Hier macht das Buch zunehmend große Zeitsprünge und erzählt von Addies Erlebnissen, hauptsächlich an den Jahrestages des Fluchs am 29. Juli, wo der Gott der Nacht sie immer wieder aufsucht und versucht, sie zum Aufgeben ihrer Seele zu bewegen. Der Ton und die Beziehung zwischen den beiden ändert sich über die Jahre. Es entsteht eine höchst ungewöhnliche Form der Intimität, die immer mit der Frage verbunden bleibt, welche Gefühle gespielt und welche echt sind und wer gerade wen manipuliert.

Die Rückblicke spielen vor allem in Frankreich und in den USA. Trotz ihrer besonderen Situation sucht Addie nach einer Art Zuhause und verbringt viel Zeit mit denselben Menschen. Wer eine Reise zu den Highlights der Weltgeschichte erwartet, könnte enttäuscht werden. Es wird erwähnt, dass Addie vor allem in den letzten Jahrzehnten viel gereist ist, doch der Fokus der Rückblicke bleibt auf den Beziehungen zu anderen und den wiederkehrenden Begegnungen mit dem Teufel. Auch wenn man dreihundert Jahre sicherlich aufregender hätte verbringen können, hat mir diese Fokussierung gut gefallen, da sonst eine thematische Überfrachtung gedroht hätte. So behält die Geschichte ein angenehmes Tempo und konnte mich mit vielen schönen und gefühlvollen Szenen sehr gut unterhalten. Schließlich zeichnet sich eine dramatische Entwicklung ab, die zum Ende hin für besondere Spannung und große Emotionen sorgte und zu einem Abschluss dieses Einzelbands führt, den ich als sehr passend empfand. Ich vergebe eine klare Leseempfehlung an alle Urban-Fantasy-Fans!

Montag, 24. Mai 2021

Rezension: Roman d'amour von Sylvie Schenk

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Roman d'amour
Autorin: Sylvie Schenk
Erscheinungsdatum: 15.03.2021
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783446269224
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Die gebürtige Französin Sylvie Schenk hat in ihrem Liebesroman „Roman d’amour“ zwei fiktive, tragische Liebesgeschichten ineinander verschachtelt. Ihre Protagonistin Charlotte Moire ist wie sie selbst über 70 Jahre alt und Autorin. Charlotte erzählt die Geschichte aus der eigenen Perspektive. Ihr jüngstes Werk handelt über eine Affäre zwischen dem Lehrer Lew, der um die 50 Jahre alt ist, und der ein paar Jahre älteren Klara, einer Schuldirektorin. Der eher unbekannte Literaturpreis „Kaskade“ soll ihr für den Roman verliehen werden. Charlotte ist allerdings die Begründung für die Verleihung nicht bekannt.

Wenige Stunden vor dem Überreichen des Preises möchte die Journalistin Sittich ein Interview für einen Radiobeitrag am nächsten mit ihr führen. Dem hat sie zugestimmt, aber sie will auf jeden Fall dabei nicht offenbaren, dass sie selbst eine ähnliche Geschichte vor mehr als zwanzig Jahren erlebt hat. Doch die Journalistin ist unerwartet gut vorbereitet und stellt ihre Fragen zunehmend hintergründig. Immer wieder gleiten die Gedanken von Charlotte bei ihren Antworten in die Vergangenheit zu ihrem eigenen Ehebruch und tiefe Gefühle drängen ans Tageslicht. Dabei ist es nur eine Frage der Zeit, dass sie ins Stolpern gerät und Gegensteuern muss.

In kursiv gedruckten Abschnitten erhielt ich als Leserin Einblick in das, was Charlottes in Romanform ausgedrückt hat. Gegenüber der Journalistin bekam ich auf diese Weise den Vorteil, dass mir die Gedankengänge der Protagonistin die wahre Geschichte dahinter offenbarten. Unwillkürlich habe ich als Leserin aber auch vermutet, dass Sylvie Schenk eigenes Erlebtes hier verarbeitet hat, denn die Gefühle sind einfühlsam beschrieben und wirken authentisch und bewegend.

Im Interview scheut die Journalistin nicht davor zurück, den Ehebruch von Lew moralisch zu hinterfragen. Die Autorin schildert die Beziehung zwischen den Paaren eindringlich und nachvollziehbar. Der Roman überraschte mich weniger mit den Geschichten über die Liebe als vielmehr durch sein Verweben des Erzählten und dem Schlagabtausch mit der Journalistin, deren Interesse an den Hintergründen im Laufe der Zeit nicht nur beim Leser die Frage aufwirft, warum sie sich mit einer solchen Vehemenz dem Roman widmet.

„Roman d’amour“ von Sylvie Schenk ist ein Liebesroman, der durch seine besondere Konstruktion auf verschiedenen Ebenen auffällt. Die Geschichte wechselt zwischen einem Interview in der Gegenwart, Ausschnitten aus dem Roman den die Protagonistin geschrieben hat und deren Erinnerungen an das Selbsterlebte, das in die Erzählung eingeflossen ist. Auf ergreifende bewegende Weise zeigt sie die Leidenschaft, mit der Liebe gelebt werden kann. Gerne empfehle ich das Buch weiter.


Sonntag, 23. Mai 2021

Rezension: Wie Träume im Sommerwind von Katharina Herzog

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wie Träume im Sommerwind
Autorin: Katharina Herzog
Erscheinungsdatum: 18.05.2021
Verlag: Rowohlt Polaris (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Ausgabe: Klappenbroschur 
ISBN: 9783499275258
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In ihrem Roman „Wie Träume im Sommerwind“ stellt Katharina Herzog die Schwestern Clara und Emilia in den Mittelpunkt. Sie wachsen auf dem Rosenhof ihrer Eltern auf Usedom auf. Bereits das Cover ließ mich als Leserin von Rosen, Sonne und Meer träumen, doch die Protagonistinnen haben einige Lebensstürme zu bewältigen.

Schon in ihrer Kindheit beteiligen beide sich an kleinen Tätigkeiten auf dem Hof rund um die Rosen, doch sie sind vom Charakter her verschieden. Clara ist fest mit ihrer Heimat verwurzelt und kann sich ein Leben jenseits des Rosenhofs nicht vorstellen. Aber Emilia, die drei Jahre jünger ist als ihre Schwester, fühlt sich eingeengt, versteht es bereits früh durch ihr Verhalten gelegentlich zu provozieren und möchte ihrem Berufswunsch als Parfumeurin nach Paris. Dort erreicht sie im Sommer 2019 die Nachricht, dass ihre Schwester einen schweren Autounfall hatte und im Koma liegt.

Emilia, die inzwischen 31 Jahre alt ist, reist so schnell wie möglich in die Heimat. Dort wird sie mit weiteren Hiobsbotschaften konfrontiert, die ihre Welt auf den Kopf stellen, denn ihre Eltern stehen kurz vor der Scheidung und der Rosenhof steuert auf die Insolvenz zu. Ein von Clara verstecktes Foto, welches Emilia durch Zufall findet, lässt sie ein Geheimnis dahinter vermuten, dass sie nach Kent in England führt. Auch sie selbst war nicht mit allem offen gegenüber ihrer Familie.

Der Nachbarssohn Josh ist seit der Jugendzeit für die Schwestern da. Emilia war immer eifersüchtig auf sein besonders gutes Verhältnis zu Clara, sie fühlte sich zurückgewiesen. Jetzt freut sie sich über seine Hilfe und spürt, dass auch ihn etwas bedrückt. Lange unterdrückte Gefühle ihm gegenüber drängen ans Tageslicht und neben ihrem ganzen Kummer fühlt sie sich nun auch in Sachen Liebe in einem Zwiespalt.

Katharina Herzog lässt ihre Geschichte auf zwei Zeitebenen spielen. Während Emilia aufgrund des Unfalls ihrer Schwester nach Hause zurückkehrt und damit beginnt, Geheimnisse aus der Vergangenheit aufzudecken, hatte ich die Möglichkeit an Claras Seite nach Kent ins Jahr 1999 zu reisen. In England verbringt sie die Sommerferien vor ihrer Ausbildung auf dem Hof bei einer Freundin der Mutter, deren Ehemann Gärtner ist. Immer wieder wechselt die Erzählung hierhin, denn dadurch klären sich im Laufe der Zeit einige Zusammenhänge. Unterdessen wurde ich in der Gegenwart am Schluss des vorigen Kapitels meist mit einem kleinen Cliffhanger zurückgelassen, was mich veranlasste, schnellst weiterzulesen.

Ihre Figuren hat die Autorin fest in der Hand und begrenzt sie auf eine überschaubare Anzahl. Sie gibt ihnen Gelegenheit ihr Verhalten zu überdenken und zu ändern. Die Sorgen und Ängste, aber auch die Hoffnung, dass sich doch noch alles zum Guten wendet sind realistisch dargestellt. Auf dem Rosenhof und in Kent dreht sich vieles um duftende Rosen, so dass man beinahe glaubt, den Geruch zwischen den Buchseiten wahrzunehmen. Zwischen den Zeilen ist die Begeisterung der Autorin für die Gärten von Südengland herauszulesen.

In ihrem Roman „Wie Träume im Sommerwind“ zeigt Katharina Herzog, dass Träume nicht nur Schäume sein müssen. Auch ein Scheitern kann man akzeptieren und manchmal bildet sich daraus noch etwas Gutes. Kleine Geheimnisse, unvorhersehbare Wendungen, Liebe und Vertrauen begleiteten mich durch die Geschichte und sorgten für eine unterhaltsame Lektüre, die ich gerne weiterempfehle.


Samstag, 22. Mai 2021

Rezension: Das Lied der Wölfe von Rena Fischer

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Das Lied der Wölfe
Autorin: Rena Fischer
Erscheinungsdatum: 21.05.2021
rezensierte Buchausgabe: Vorabexemplar
ISBN: 9783423262873

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Der Roman „Das Lied der Wölfe“ von Rena Fischer ist eine Liebesgeschichte, zwischen den beiden besonderen Protagonisten Nevis und Kaya. Das Cover entführt die LeserInnen in die schottischen Highlands mit ihrer unvergleichlichen Landschaft. Die dunklen Wolken am Himmel deuten bereits auf einige Schwierigkeiten hin, die auf dem Weg der Hauptfiguren liegen und lagen und die es zu besiegen gilt. Im Titel spiegelt sich der Grund für die Anwesenheit von Kaya in Schottland wider, denn sie ist als Wolfsforscherin an einem Projekt zur Ansiedlung von Wölfen vor Ort beteiligt.

Kaya Lehmann ist 28 Jahre alt und arbeitet als Biologin an einem Wolfsforschungsinstitut in Deutschland. Sie hat sich bereit erklärt, für ein Jahr dabei behilflich zu sein, in Schottland ein Informationszentrum über Wölfe aufzubauen. Nach einer gescheiterten Beziehung ist sie seit etwa zwei Jahren Single. Ihre Leidenschaft gilt ihrem Beruf.

Seit über zehn Jahren ist Nevis MacKinley, 29 Jahre alt, im Militärdienst, zuletzt gehörte er einer britischen Eliteeinheit an. Allerdings lebt er nach einer Verletzung im Einsatz seit geraumer Zeit wieder Zuhause in einem Herrenhaus in den Highlands in der Nähe von Loch Ness. Seine Eltern wohnen getrennt, weil seine Mutter es bevorzugt, in der Stadt zu leben. Sein Vater ist Milliardär, die Ansiedlung von Wölfen ist sein Hobby. Nevin besucht monatlich ein militärischen Stresszentrum zur psychologischen Betreuung vor allem aufgrund seiner Flashbacks.

Die Kapitel wechseln zwischen den Figuren Kaya und Nevis hin und her, erkennbar am Schriftsatz. Andeutungen machen recht schnell deutlich, dass bei beiden etwas in der Vergangenheit geschehen sein muss, an dem sie bis heute zu tragen haben. Von ihrer Kollegin war Kaya bereits darüber informiert worden, dass sie in Schottland auf ein gewisses Traditionsbewusstsein treffen würde. Es überrascht sie daher nicht im Herrenhaus einen gepflegten Stil vorzufinden, dem sich Nevis jedoch gerne widersetzt. Er hält sich auch nicht mit seiner abneigenden Haltung zum Wolfsprojekt zurück. Einige irritierende Situationen führen dazu, dass Kaya und Nevis einander keinen Zugang zueinander finden, um eine offene Aussprache zu führen.

Rena Fischers Begeisterung für die schottischen Highlands ist zwischen den Zeilen zu spüren. Gekonnt setzt sie ein Wolfsrudel in diese Umgebung und dank ihrer guten Recherche konnte ich als Leserin einiges über das Leben von Wölfen und deren Verhältnis zum Menschen erfahren. Gerne baut sie auf allen Ebenen liebevoll kleine Details ein, die allerdings im Mittelteil zu gewissen Längen führen. Einfühlsam beschreibt sie den Hintergrund für die seelischen Probleme von Nevis, aus deren Grund er Abstand zu Kaya hält. Da beide Protagonisten in der Ich-Form erzählen hatte ich einen gewissen Vorsprung gegenüber Nevis beziehungsweise Kaya, deren jeweiliges Verhalten zu begreifen. Die Autorin zeigt, wie wichtig Verständnis füreinander, Liebe und Respekt in einer Beziehung sind.

In ihrem Roman „Das Lied der Wölfe“ verflechtet Rena Fischer mehrere Themen miteinander. Die Ansiedlung von Wölfen im schottischen Hochland verbindet sie mit einer bewegenden Liebesgeschichte der beiden Protagonisten, die seelische Verletzungen aufweisen. Die Autorin beschreibt einfühlsam die langsame Annährung und die zunehmende Anziehung zueinander des ungleichen Paars. Gerne vergebe ich hierfür eine Empfehlung an Leser von romantischen Geschichten mit besonderem Flair.


Freitag, 21. Mai 2021

Rezension: Stadt, Land, Mann von Nina Bach

 


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Stadt, Land, Mann
Autorin: Nina Bach
Taschenbuch: 246 Seiten
Erschienen am 11. Mai 2021
Verlag: Montlake

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Die beiden besten Freundinnen Nathalie und Ina leben in Berlin und arbeiten als Redakteurinnen. Doch während Nathalie beim Glamour-People-Magazin über Mode und Lifestyle schreibt, arbeitet Ina für eine Zahnarztzeitschrift, bei der sie auch noch von ihren Chef angegraben wird. Als sich ihr Freund Tom von Ina trennt, will Nathalie ihr auf einer Party helfen, ein neues Date zu finden. Der Barkeeper Nick ist zwar nicht sonderlich eloquent, sieht aber ziemlich gut aus. Als Ina erfährt, dass ihre Oma gestorben ist und sie etwas geerbt hat, bricht sie erst einmal in den Schwarzwald auf. Doch auch hier geht das Gefühlschaos weiter. Währenddessen trifft Nathalie, deren langjährige Beziehung mit Johannes in einer Krise steckt, eine Entscheidung, die ihre Freundschaft mit Ina für immer zerstören könnte.

Ina und Nathalie sind beste Freundinnen, die trotz gleichem Beruf recht unterschiedliche Leben führen. Ina ist wieder Single und lebt mit ihren zwei Vögeln zusammen, ist ständig unzufrieden mit ihrem Gewicht und schreibt für eine Zahnarztzeitschrift. Nathalie ist hingegen schon Jahre mit Johannes zusammen, modebewusst, ständig auf ein perfektes Äußeres bedacht und arbeitet für ein Klatschblatt. Ihre Erlebnisse inspirieren sie regelmäßig zu unterhaltsamen, oft bissigen 10-Punkte-Listen zu allen möglichen Themen, die im Magazin erscheinen und auch im Buch abgedruckt sind. Nach jedem Kapitel wechselt die Perspektive von der einen zur anderen. Die beiden denken viel über Äußerlichkeiten nach, nehmen ihr Leben aber immerhin selbst in die Hand.

Als Ina den Barkeeper Nick kennenlernt und Nathalie kurzerhand ein Date für die beiden organisiert, befindet sich erstere schnell im siebten Himmel. Ich konnte die Begeisterung für Nick nicht so recht nachvollziehen, da sein gutes Aussehen der einzige Pluspunkt zu sein scheint. Je mehr ich von ihm zu sehen bekam, desto weniger mochte ich ihn. Die Handlung verlagert sich bald in den Schwarzwald, wo Ina so einige Überraschungen erwarten. Sie muss einen Entschluss ihrer Eltern verdauen und auch selbst eine wichtige Entscheidung treffen.

Ina fand ich sympathisch und hoffte für sie, dass sie die richtige Entscheidung im Hinblick auf Männer und die Situation im Schwarzwald trifft. Nathalie wurde mir hingegen zunehmend unsympathischer. Sie verhält sich oberflächlich, egoistisch und manipulativ. Ihr falsches Verhalten versucht sie zu vertuschen und zeigt sich wenig reumütig. Gegenüber Ina leistet sie Wiedergutmachung, aber ihr Freund tat mir wirklich leid. Es ist ein zweiter Teil für November angekündigt, in der ein dringend nötiges Gespräch vielleicht noch nachgeholt wird.

Insgesamt ist „Stadt, Land, Mann“ eine kurzweilige Liebesgeschichte, die leichte und seichte Unterhaltung für zwischendurch bietet und vor allem auf Situationskomik setzt.