Titel: Ungehorsam
Autorin: Nicola Karlsson
Erscheinungsdatum: 15.03.2021
Verlag: Piper (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783492070812
Es ist Sommer in Berlin, es herrschen hochsommerliche
Temperaturen und in Brandenburg brennen Wälder, auch die Stimmung ist
aufgeheizt. In dieser Situation lässt Nicola Karlsson ihren Roman „Ungehorsam“
spielen. Auf dem Cover wird die flirrende Hitze sichtbar.
Die 15-jährige Lara, Tochter der Protagonistin Rebekka Hain,
ist seit drei Tagen verschwunden. Lara setzt sich bereits seit längerer Zeit
für die Beseitigung von Ungerechtigkeiten in der Welt ein, derzeit verstärkt auf
dem Gebiet des Klimaschutzes. Im Kopf von Rebekka, die die Geschichte aus ihrer
Perspektive heraus erzählt, schwirren mehrere Theorien, was geschehen sein
könnte, unter anderem der Gedanke, dass Lara etwas Schwerwiegendes zugestoßen
ist.
Die Polizei hat eine Suchmeldung rausgegeben, wird ansonsten
aber nicht tätig. Als Rebekka feststellt, dass ein Rucksack, eine Isomatte und
ein Schlafsack aus dem Keller verschwunden sind, wird ihr klar, dass Lara ihre
Eltern bewusst verlassen hat. Rebekka hat sich krankschreiben lassen und erhält
dadurch die Zeit, nach ihrer Tochter und den Gründen für deren Verschwinden zu
suchen.
Von Beginn an ist Rebekkas Verzweiflung über den Fortgang
ihrer Tochter zu spüren, gepaart mit Ohnmacht, aber auch der Hoffnung, dass sie
spontan wieder zurückkehrt. War sie bisher noch ausreichend mit Job, Haushalt
und Familie beschäftigt, konzentriert sie sich nun auf das Denken, was sie
verloren hat, warum und ob ihr eigenes Verhalten sie in die jetzige Lage brachte.
Sie fasst den Entschluss, selber tätig zu werden und greift kleinste Hinweise
auf, die sie in Richtung Lara führen könnten. Mehr und mehr hinterfragt sie
sich dabei selbst. Bisher hat sie auf einen guten Schulabschluss von Lara
bestanden. Mit dem, was ihre Tochter in letzter Zeit emotional beschäftigt hat,
hat sie sich nicht weiter auseinandergesetzt und immer nur das höhere Ziel
einer gesicherten Zukunft für sie im Blick gehabt.
Bei ihrer Suche stößt sie auf eine Gruppe Klimaaktivisten,
in deren Umfeld sie Lara vermutet. Doch sie fällt auf, aufgrund ihres Alters
und ihrer direkten Fragen nach ihrer Tochter. Die Gruppierungen halten im Kampf
für ein übergeordnetes Ziel zusammen und verraten niemanden aus ihren Reihen.
Rebekka betrachten sie mit Misstrauen. Dann kippt die Stimmung und die
Protagonistin erlebt mit Entsetzen, dass die Aktivisten zu gewaltsamen Mitteln
greifen, um ihre Ansichten durchzusetzen. Die Angst von Rebekka wird ständig
größer, um die inzwischen radikal agierenden Aktivisten, um sich selbst und vor
allem um Lara.
Nicola Karlsson bleibt ganz dicht dran an ihrer Mutterfigur
und öffnet deren Gefühle für die LeserInnen. Rebekka erkennt, dass sie Lara
durch ihre eigene Erziehung neugierig auf die Welt gemacht hat. Es gehört eine
große Portion Vertrauen dazu, ihre Tochter eigene Erfahrungen machen zu lassen.
Nicola Karlsson schreibt in ihrem Roman „Ungehorsam“ über
die Suche einer besorgten Mutter nach der 15-jährigen Tochter vor dem
Hintergrund des Klimawandels. Sie rückt das Unverständnis des Elternteils für
das Denken und Tun des Kindes in den Vordergrund, welches längst selbst
Verantwortung übernimmt, nicht nur für sich, sondern wie viele Gleichaltrige
auch für die Natur. Dabei geht die Autorin bei den Aktivitäten der Umweltschützer
bis an die Grenze des Denkbaren. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für das
Buch.